UN-Klimagipfel in Dubai: Wenn Geopolitik aufs Klima trifft

Differenzen über den Nahostkrieg könnten den Riss zwischen Nord und Süd vertiefen – und einen Konsens auf dem Klimagipfel erschweren.

Mitglieder des Roten Halbmonds sammeln Kisten mit Hilfsgütern.

Mitglieder des Roten Halbmonds sammeln auf einem Festival in Dubai Kisten mit Hilfsgütern für Gaza Foto: Ali Haider/epa

Der Weltklimagipfel in Dubai hätte in einer Ära der geopolitischen Deeskalation, Normalisierung und Zusammenarbeit in Westasien stattfinden sollen: Saudi-Arabiens Annäherung an den Iran, die von Saudi-Arabien vorangetriebene Re-Integration von Syriens Machthaber Baschar al-Assad in die globale Arena und die Normalisierung politischer Beziehungen zwischen verschiedenen Golfstaaten mit Israel. Nun findet der Klimagipfel in den Emiraten inmitten der weltweiten Differenzen über den Konflikt zwischen Israel und Palästina statt. Welchen Einfluss hat der Krieg auf den Gipfel?

Das Ausrichterland, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), hatte die arabische Normalisierung mit Israel maßgeblich vorangetrieben. Im September 2020 unterzeichneten sie, gemeinsam mit Bahrain, und Israel das sogenannte Abraham-Abkommen, in dem sie sich auf die Normalisierung ihrer Beziehungen einigten. Die Emirate und Israel hatten in den Jahren zuvor bereits enge geheimdienstliche, militärische und zivile Beziehungen aufgebaut.

Bei den Deals ging es jedoch weniger um friedenspolitische Zusammenarbeit als um eigene Interessen: Israels Premierminister Netanjahu befand sich vor Neuwahlen, die Emirate waren am Zugang zu modernen Waffensystemen interessiert. Die emiratische Regierung wollte den Gipfel als Gelegenheit nutzen, ihre bilaterale Annäherung weiter zu festigen. Israel hatte ursprünglich geplant, mit circa 1.000 Delegierten an der COP28 teilzunehmen. Auch der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu wurde zur Konferenz eingeladen. Mehreren Medienberichten zufolge soll die israelische Delegation nun aber zumindest verkleinert werden. Ob Netanjahu teilnimmt, ist unklar. Es wäre sein erster Besuch in den Emiraten überhaupt gewesen.

Die große Solidarität mit den Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen in der arabischen Öffentlichkeit – einschließlich derjenigen am Golf– und ihre Missbilligung der Normalisierung üben Druck auf arabische Regierungen aus. Mit Protesten fordert die Bevölkerung in Ägypten und Jordanien, die diplomatische Beziehungen zu Israel unterhalten, ihre Beziehungen abzubrechen – angesichts der immensen Zahl ziviler Todesopfer in Gaza durch israelische Angriffe.

Jordanien sagte bereits Joint Venture ab

Jordanien hat schon ein Zeichen gesetzt und ein gemeinsames Solar-Wasserprojekt abgesagt. Das „Wasser für Energie“- Projekt sollte ein Aushängeschild dafür werden, wie Kooperation über Energie- und Klimafragen zu Frieden beitragen kann. In Jordanien sollte ein 600-Megawatt-Solarpark gebaut werden, finanziert von einem staatlichen Energie-Unternehmen der Emirate. Die Solarenergie sollte nach Israel verkauft werden, im Gegenzug wollte Israel Wasser einer neuen Entsalzungsanlage an Jordanien senden. Die endgültige Fassung des Abkommens sollte auf der COP28 unterzeichnet werden.

Doch Jordanien hat angekündigt, den Vertrag nicht zu unterschreiben. „Können Sie sich vorstellen, dass ein jordanischer Minister neben einem israelischen Minister sitzt, um ein Wasser- und Stromabkommen zu unterzeichnen, während Israel weiterhin Kinder in Gaza tötet?“, hatte der jordanische Außenminister Aiman Safadi am 16. November in einem Fernsehinterview erklärt.

Obwohl die diplomatischen Beziehungen angespannt sind, unterhalten Jordanien und Ägypten sie weiterhin, ebenso sind die Emirate und Saudi-Arabien nicht von der Normalisierung mit Israel abgerückt. Das mag an den gemeinsamen Sicherheitsinteressen liegen: Wie auch Israel teilen die arabischen Staaten die Angst vor der Bedrohung militanter islamistischer Milizen.

Die Differenzen über den Krieg haben vor allem einen Riss in die Beziehungen zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden gebracht. Dieser Riss könnte sich auch durch die wichtigen Verhandlungen über den Loss and Damage Fund ziehen, den die reichen Länder auf dieser COP mit Geld füllen müssen. Das vorhandene Budget dafür könnte auch vom Ölpreis und von gestiegenen Weltmarktpreisen durch den Krieg beeinflusst werden. Die Weltbank sagt voraus, dass der Ölpreis steigt, je länger der Krieg dauert.

Arabische Aktivisten setzen sich für Palästina ein

Arabische Umweltorganisationen und Ex­per­t*in­nen für Klimagerechtigkeit aus dem Globalen Süden machen derweil auf den Zusammenhang zwischen dem Nahostkonflikt und Umweltungerechtigkeit aufmerksam. Sie haben angekündigt, sich für die Rechte der Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen einzusetzen – auch auf der COP28. Sie verweisen auf den Zusammenhang zwischen Umweltzerstörungen durch den Krieg in Gaza sowie Umweltungerechtigkeiten durch die Besetzung Palästinas durch Israel.

Dazu zählen sie die Aneignung von Wasserressourcen durch israelische Behörden und das Abschneiden Gazas vom Zugang zu Wasser, das Verbrennen von Olivenbäumen palästinensischer Landwirte durch israelische Sied­le­r*in­nen oder die Schaffung israelischer Umweltschutzgebiete, die dem Ziel dienten, Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen von ihrem Land zu vertreiben. Sie weisen zudem auf ein umstrittenes Gasfeld vor der Küste Gazas hin. Der Krieg mache deutlich, wie sehr Klimaschutz und Frieden miteinander verknüpft sind.

Die Vereinigten Arabischen Emirate haben angekündigt, designierte Zonen einzurichten, in denen kritische Um­welt­ak­ti­vis­t*in­nen nach eigenen Angaben protestieren und ihre Meinung äußern dürfen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sagt, es bleibe unklar, was genau die Behörden zulassen werden und ob eine öffentliche Demonstration der Teil­neh­me­r*in­nen im Gastland stattfinden kann.

Trotz der großen geopolitischen Spannungen wolle man den Fokus auf die Klimagespräche richten, sagte Majid al-Suwaidi, Generaldirektor der COP28, gegenüber der emiratischen staatlichen Zeitung The National. „Wir wissen, dass wir uns in einer Zeit globaler Unruhen befinden, und es ist wichtig, dass so viel wie möglich angegangen wird. Aber das Tolle am Klima ist, dass es ein Raum ist, in dem sich alle auf die gemeinsame Richtung einigen, die wir einschlagen wollen.“

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