U17-Weltmeistertrainer über seine Bilanz: „Die Profiklubs müssen vertrauen“

U17-Nationaltrainer Christian Wück klagt nach dem WM-Gewinn über fehlende Einsatzzeiten seiner Spieler und erklärt, weshalb Reformen so wichtig sind.

U17-Weltmeister aus Deutschland posierten fürs Teamfoto

Ausgelassene Freude bei den deutschen Junioren. Coach Christian Wück hält sich im Hintergrund Foto: Achmad Ibrahim/ap

taz: Herr Wück, was dachten Sie, als die deutschen U17-Weltmeister den Pokal bei der Siegerehrung sofort an Sie übergeben haben?

Christian Wück: Das war sensationell. Ich stand ja in der hinteren Reihe und hatte gehofft, dass ich irgendwann auch drankomme. Man realisiert langsam, dass die gewonnene Europameisterschaft nur ein Zwischenziel war. Die Freude wird sicherlich noch größer werden. Das ist etwas Einmaliges.

Zum besten Spieler der EM und WM ist Paris Brunner gewählt worden, der bei Borussia Dortmund noch im Oktober aus disziplinarischen Gründen suspendiert worden ist. Wie sind Sie mit einem solchen Spielertyp umgegangen?

Paris Brunner kann Spiele allein entscheiden. Er ist ein Individualist – und genau solche Spieler brauchen wir ja. Ich habe ihm im Vorfeld gesagt, er soll diese Individualität auf dem Platz zeigen, muss sich aber auch bewusst sein, dass er nur mit einer Mannschaft gewinnen kann. Er wird das ohne die anderen nicht schaffen. Das hat er hinbekommen und uns sehr geholfen, aber er hat auch das erste Gegentor gegen Argentinien verschuldet. Auch Paris muss noch lernen. Er ist noch mittendrin in seiner Entwicklung.

Auch anderen Spielern wird eine Karriere in der A-Nationalmannschaft zugetraut. Was muss als Nächstes passieren?

Jeder hat in diesem Bereich das Ziel, Profi zu werden. Ich habe den Spielern gesagt, der nächste Schritt muss von ihnen kommen und in den Vereinen stattfinden. Die Klubs müssen Mittel und Wege finden, ihnen Spielzeit auf höchstem Niveau zu geben. Das ist unser Nadelöhr in Deutschland. Wir haben genügend Talente, aber wir bekommen es momentan nicht hin, den Jungs im Übergangsbereich ausreichend Spielzeit zu geben. Wir schaffen das nicht in der Bundesliga, nicht in der Zweiten Liga und in der Dritten Liga auch nicht. Mein ehemaliger Mitspieler Manfred Schwabl hat ja gesagt, wir müssen uns eigentlich dafür schämen, weil wir ja gute Spieler haben. Engländer, Franzosen, Spanier: Alle kriegen es hin – nur wir nicht.

Woran liegt das konkret?

Man muss den Jungs wirklich Vertrauen geben. Das war das große Plus in unserem Team: Wir haben den Spielern vertraut, sie haben uns vertraut. Ich glaube, dieses Vertrauen haben die Profivereine nicht. Die Frage ist, warum nicht. Beim FC Barcelona spielen zwei Akteure aus dem 2006er-Jahrgang in der ersten Mannschaft. Ohne gute Ausbildung, ohne gute Talente werden die A-Nationalmannschaft und die U21 nicht gefüttert mit jungen Spielern. Das würde ich mir in Deutschland auch vermehrt wünschen.

50, spielte früher unter anderem beim 1. FC Nürnberg Fußball. Seit elf Jahren betreut er als Trainer verschiedene Juniorenteams beim DFB. Mit der U17 gewann er bereits den EM-Titel.

Ihr Jahrgang ist im Grunde noch nach den alten Prinzipien der Nachwuchsförderung so gut geworden. Braucht es überhaupt die Nachwuchsreform, wenn solche Talente herauskommen?

Ja. Kurz und knapp.

Und wie lautet die Begründung?

Weil wir uns beim DFB täglich darüber Gedanken machen, wie wir mehr Talente entwickeln können. Das Zwei-gegen-Zwei, Drei-gegen-Drei, Vier-gegen-Vier ist einfach elementar wichtig, um Jungs und Mädchen künftig offensiv und defensiv besser auszubilden.

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