Bürgergeld und Kindergrundsicherung: Union streitet über Sozialausgaben

Das Arbeitsministerium will das Bürgergeld erhöhen. Auch bei der Kindergrundsicherung verschärft sich der Ton.

Personen laufen an einem Schaufenster vorbei

Wer kann sich hier etwas leisten? Schaufenster in der Sendinger Straße in München im November Foto: imago

BERLIN taz | Forderungen nach Kürzungen in der Sozialpolitik zur Befriedung der angespannten Haushaltslage sorgen nun selbst innerhalb der CDU für Unmut. „Die Diskussionen über Sozialabbau müssen sofort beendet werden“, sagte Christian Bäumler, stellvertretender Bundesvorsitzender des Unions-Arbeitnehmerflügels CDA, am Montag der taz. Unterdessen bekannte sich das Arbeitsministerium zu der geplanten Erhöhung des Bürgergelds zum Jahresbeginn. Auch die Finanzierung der Kindergrundsicherung wurde in Kreisen des Familienministeriums als sicher bezeichnet.

Der CDA-Vize stellte sich gegen die von Parteichef Friedrich Merz geforderte Aussetzung der Bürgergeld-Erhöhung. „Das verunsichert nur die Menschen und stabilisiert nicht die Wirtschaft“, sagte Bäumler. Merz hatte am Sonntagabend in der ARD die geplante Erhöhung des Bürgergelds mit dem Argument kritisiert, dass dadurch der Abstand zwischen Sozialleistungen und Arbeitslohn zu stark schrumpfe. Bäumler entgegnete, das Problem sei nicht das Bürgergeld, sondern die schmalen Gehälter im Niedriglohnsektor. „Die CDA fordert deshalb eine Erhöhung des Mindestlohns auf 60 Prozent des Medianeinkommens auf momentan 14 Euro pro Stunde.“

Ohnehin könnte die Erhöhung des Bürgergelds nicht einfach so gestoppt werden, sondern müsste vom Parlament beschlossen werden. Das Bundesarbeitsministerium verweist bei der geplanten Steigerung der Regelsätze zum 1. Januar auf geltendes Recht. Dabei gebe es keinen Ermessensspielraum, so ein Sprecher von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Bei dem Preisindex, der für die Erhöhung angelegt werde, fielen Lebensmittel mehr ins Gewicht als etwa Dienstleistungen, deshalb liege die geplante Steigerung über der allgemeinen Inflation.

Auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, es gebe in der Regierung keine Pläne, die gesetzliche Regelung zur Anhebung des Bürgergelds zu verändern. Doch welche Lösung für das Haushaltsloch von mehr als 17 Milliarden Euro im kommenden Jahr gesehen wurde, blieb offen. Hebestreit bestätigte, dass es diese Woche einer Einigung zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bedürfte, damit der Bundestag noch vor Weihnachten den Haushalt für 2024 beschließen könne.

Offen für neues Sondervermögen

In den kommenden Tagen sind weitere Gespräche zwischen Scholz und den beiden Ministern geplant. Habeck hatte auf Bitten des Kanzlers wegen der Haushaltsfrage seine Reise zur Klimakonferenz nach Dubai abgesagt.

In den Ressorts hält neben Heil auch das Familienministerium an den Plänen zur Sozialgesetzgebung fest. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte die Einführung der Kindergrundsicherung am Sonntag infrage gestellt. Aus Kreisen von Ministerin Lisa Paus (Grüne) hieß es dagegen, die Finanzierung stehe nicht auf der Kippe. Überhaupt wären dort im Rahmen der aktuellen Haushaltsverhandlungen für 2024 keine größeren Einsparungen vorgesehen. Paus wehrte sich zudem gegen Kritik, die Kindergrundsicherung werde zu mehr Bürokratie führen als bislang. „Das ist falsch“, sagte Paus. „Für viele Kinder und ihre Familien“ werde die Beantragung der Leistungen einfacher als vorher. Auch der zeitliche Aufwand werde sich reduzieren.

Bei der Einführung der Kindergrundsicherung zeigte sich der Vizechef des CDU-Sozialflügels Bäumler ähnlich skeptisch wie Parteichef Friedrich Merz. Doch anders als der CDU-Vorsitzende, der die geplante Einführung als „blanken Wahnsinn“ bezeichnet hatte, sagte Bäumler der taz, dass er dafür sei, Leistungen zusammenzufassen. „Aber die Reform, wie sie die Ampel plant, halte ich für nicht umsetzbar.“

Unabhängig davon diskutiere die CDA derzeit Strategien, wie sich Investitionen in Zukunft besser realisieren ließen. Bäumler sprach sich für den Erhalt der Schuldenbremse aus, nannte aber eine andere Möglichkeit: „Wir können uns eine Ergänzung der Schuldenbremse etwa mit einem Sondervermögen Klimaschutz vorstellen. Spätestens 2025 brauchen wir Regelungen, die Investitionen in Deutschland ermöglichen.“

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