Gewerbegebiet Billstraße in Hamburg: Das Ende eines Geschäftsmodells

Seit dem Großbrand im April durchkämmen Behörden regelmäßig das Gewerbegebiet in der Billstraße. Die Stadt will das Vorkaufsrecht anwenden.

Polizei kontrolliert einen Platz voller Kühlschränke

Vermehrt gibt es in der Billstraße Großkontrollen, hier im Juli 2023 Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

HAMBURG taz | Seit dem Großbrand im Industriegebiet an der Hamburger Billstraße versucht die Stadt, die Verhältnisse dort unter Kontrolle zu bekommen. Dazu gehörten wiederholte koordinierte Einsätze mehrerer Behörden, wie das federführende Bezirksamt Mitte am Donnerstag bilanzierte – aber auch eine Verordnung, die dem Senat im Falle eines Grundstücksverkaufs das Vorkaufsrecht sichert.

Die Zustände in der Billstraße seien in der Tat brandgefährlich, sagte Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer (SPD). Bei insgesamt vier sogenannten Verbundkontrollen – die jüngste vergangenen Dienstag – haben die Behörden vor allem Ordnungswidrigkeiten festgestellt, aber auch Straftaten wie die unerlaubte Lagerung des Kühlmittels FCKW in Kühlschränken.

17 Unterkünfte auf den kontrollierten Grundstücken haben die Behörden direkt geschlossen – aus Gründen des Brandschutzes und aufgrund fehlender Fluchtwege. Neubauer illustrierte das mit einem Bürotrakt, der als Unterkunft genutzt worden sei. „Vor den Fenstern waren Reifen aufgestapelt“, sagte der Bezirksamtsleiter. „Da wäre im Brandfall keiner rausgekommen.“

Zu den Verstößen gehörten Mängel beim Arbeitsschutz, ein ungesicherter elektrischer Versorgungsraum, fehlende Absturzsicherungen, fehlende Abnahmen von Arbeitsmaterialien und elektrischen Anlagen, aber auch Mängel bei der Buchführung der Firmen, nicht erlaubte Sondernutzungen und Hygienemängel in der Gastronomie.

Kooperation ermöglicht umfassendes Bild

Zudem waren unerlaubt Bäume gefällt und Materialien entsorgt worden. Dabei sei es in der kaum überschaubaren Menge an Gerümpel bisweilen schwer einzuschätzen, ob es sich um Müll oder Ware handele, sagte Joscha Heinrich, der die Verbundeinsätze koordiniert. Der Vorteil dieser Kooperation sei, dass sie ein umfassendes Bild von der Nutzung der Grundstücke ermögliche. Um mutmaßliche Schrott-, aber auch ­geklaute Autos kümmerte sich eine eigene Truppe aus Stadtreinigung, Polizei und ­Bezirklichem Kontrolldienst. Diese Einsätze sollen verstetigt werden. „Es soll kein Zweifel bestehen, dass wir diese Zustände nicht dulden werden“, sagte Neubauer.

Der Bezirksamtsleiter wies darauf hin, dass der Senat schon 2019 beschlossen habe, aus der Billstraße ein modernes Industriegebiet zu machen. Von seinem Vorkaufsrecht werde der Senat dort Gebrauch machen, „wo wir merken, wir kommen nicht weiter“. Der Senat reiche den Eigentümern aber auch die Hand und sei bereit, Ideen für eine Verwertung der Grundstücke zu liefern. Ihm sei bewusst, sagte Neubauer, „wir machen in Teilen ein gut funktionierendes Geschäftsmodell kaputt“ – aber eben eines, das so nicht geduldet werden könne.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.