Debatte​ um AfD-Mitglieder: Beglaubigte Verfassungsfeinde​

CSU-Chef Markus Söder will AfD-Mitglieder zu Verfassungsfeinden erklären lassen. Im öffentlichen Dienst hätten sie dann nichts mehr zu suchen.

Halemba mit Brille und nassem Jackett

Daniel Halemba vor dem Gerichtsverfahren wegen Verdachts der Volksverhetzung Foto: Heiko Becker/doa

BAD STAFFELSTEIN taz | Die CSU sucht nach dem richtigen Umgang mit der AfD. Politisch stellen, aber nicht über jedes Stöckchen springen. Das ist bislang die Herangehensweise von Parteichef Markus Söder und seinen Leuten. Doch nach den jüngsten Ereignissen spricht man auch bei der CSU davon, dass eine härtere Gangart unumgänglich ist. Dabei geht es nicht nur um das Treffen von Rechtsextremen, darunter AfD-Politikern bei Potsdam, bei dem über die Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund beratschlagt wurde, sondern auch im Freistaat selbst machte die AfD wieder von sich reden.

So traf sich der sehr völkisch orientierte bayerische Landesverband am Wochenende im mittelfränkischen Greding zum Parteitag. Nachts wurden dann in einer dortigen Diskothek rassistische Parolen skandiert. Eine Gruppe von rund 30 Leuten soll zu einem Lied „ausländerfeindliche Parolen“ gerufen haben. Nach Hinweisen der Polizei waren es Teilnehmer des Parteitags, der Bayerische Rundfunk berichtet sogar von Mandatsträgern und Abgeordneten.

Der Besitzer der Diskothek habe die Besucher dazu bewegen können, die Gesänge einzustellen. Nachdem sich Zeugen an die Polizei gewandt haben, ermittelt nun der Staatsschutz wegen des Anfangsverdachts volksverhetzender Äußerungen. Der in Greding wiedergewählte AfD-Landeschef Stephan Protschka behauptete nach dem Vorfall, die AfD sei nicht ausländerfeindlich, und mutmaßte gar, der Vorfall könnte inszeniert worden sein, um ein Verbot seiner Partei voranzubringen.

Auf dem Parteitag selbst ging es nicht zuletzt um die Personalie Daniel Halemba. Gegen den 22-jährigen AfD-Landtagsabgeordneten ermittelt die Staatsanwaltschaft ebenfalls wegen Volksverhetzung. Der Burschenschafter soll etwa „Sieg heil“ in das Gästebuch seines Verbindungshauses geschrieben haben. Mit diesem Umstand scheint die Partei kein Problem zu haben. Dennoch forderte der Parteitag den Jungpolitiker in dessen Abwesenheit dazu auf, sein Landtagsmandat niederzulegen. Hintergrund hierfür sind Vorwürfe, wonach Halemba bei der Aufstellung der Kandidatenliste für die Landtagswahl im vergangenen Herbst gemauschelt haben soll.

„Wann geht Halemba?“

Die Parteimitgliedschaft soll Halemba den Forderungen zufolge nicht verlieren – anders als dies der Bundesvorstand gefordert hatte. Für die AfD-Fraktion im bayerischen Landtag hätte ein Ausscheiden Halembas aus dem Landtag den Vorteil, dass ein anderer Kandidat nachrücken könnte. Sollte dagegen Halemba die Fraktion verlassen, nicht aber sein Mandat niederlegen, würde die AfD-Fraktion die Oppositionsführerschaft an die Grünen verlieren. Aktuell haben beide Fraktionen 32 Mitglieder.

„Wann geht Halemba?“, fragte auch Söder bei der Klausurtagung der CSU-Fraktion im Kloster Banz. „Wir warten stündlich darauf.“ Der CSU-Chef sprach sich jedoch erneut gegen ein AfD-Verbot aus. Dies sei nicht der richtige Weg. Allerdings sollten die Behörden klären, ob die Partei verfassungsfeindlich sei. Es gebe immer mehr AfD-Mitglieder, die eindeutig rechtsextrem auffielen. Es reiche beispielsweise auch nicht, dass sich Parteichefin Alice Weidel von einem Mitarbeiter trenne, der an dem Treffen zum Thema Deportationen teilgenommen habe.

Sollte eine Verfassungsfeindlichkeit der Partei festgestellt werde, hätte dies laut Söder den Vorteil, dass Parteimitglieder vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen werden könnten. Zudem könnten öffentliche Gelder für die Partei gestrichen werden. Er selbst wüsste nicht, was die AfD anderes sein sollte als verfassungsfeindlich. Dies sei jedoch eine politische, keine juristische Einschätzung.

CSU-Chef Klaus Holetschek zeigte sich in Kloster Banz besonders empört über ein öffentlich gewordenes Schreiben von AfD-Landesvize Martin Böhm. Böhm, der auch Landtagsabgeordneter ist, hatte Parteifreunden geschrieben, es sei erstrebenswert, Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) zu beschädigen. Deshalb wäre eine Verhaftung Halembas im Plenarsaal des Landtags erstrebenswert gewesen: „Diese Person (die in jeder Rede ihren abgrundtiefen Hass gegen uns zum Ausdruck bringt) zu beschädigen, ist legitimes politisches Ziel und auch in so einem Fall zwingend Teil einer Abwägung“, schrieb Böhm. Solche Überlegungen seien schon eine neue Qualität, ein neuer Tiefpunkt, sagte Holetschek. Und: „Die Feinde der Verfassung müssen gestellt werden.“

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