Afrika-Cup im Männerfußball: Mit Gott und Diakité

Gastgeber Elfenbeinküste steht im Halbfinale des Afrika-Cups. Wie durch ein Wunder kann das Team ohne echten Trainer das Aus wieder einmal abwenden.

Torschütze Oumar Diakite zieht beim Torjubel sein Trikot aus

Freude pur: Oumar Diakité nach seinem entscheidenden Treffer für die Elfenbeinküste Foto: ap

ABIDJAN taz | Es war um 19.40 Uhr Ortszeit am Samstagabend, als die Elfenbeinküste von einer Art Explosion erschüttert wurde. Der gewaltige Aufschrei der Freude einer ganzen Nation brach sich Bahn, nachdem der junge Oumar Diakité ins Fußballtor getroffen hatte. Der 20-Jährige, der in der legendären Talentschmiede des ivorischen Vorzeigeklubs ASEC Mimosas ausgebildet wurde, hatte das 2:1 für die Elfenbeinküste im Viertelfinalspiel des Afrika-Cups gegen Mali erzielt.

In der letzten Sekunde der Verlängerung. In Unterzahl, nachdem die Ivorer einen Großteil der Spielzeit mit einem Spieler weniger hatten agieren müssen. Leverkusens Odilon Kossonou hatte schon kurz vor dem Halbzeitpfiff nach wiederholten Foulspiels die gelb-rote Karte gesehen.

Spätestens nach diesem Platzverweis schienen die Chancen der Elfenbeinküste auf den Einzug ins Halbfinale dahin. Gegner Mali, der die Partie von Beginn an dominiert und schon in der Anfangsphase einen Strafstoß erhalten hatte, schien schlicht und einfach stärker. Aber irgendwelche Kräfte stellten sich mal wieder auf die Seite der Gastgeber. Malis Adama Traoré scheiterte nach einer Viertelstunde mit dem Elfmeter an Keeper Yahia Fofana.

Die wie angeschlagene Boxer taumelnden Ivorer kämpften wie von Sinnen um jeden Ball und Meter

Mali spielte, kombinierte und brachte es irgendwie in der Folge nicht fertig, den in der zweiten Hälfte dezimierten Gegner zu bezwingen. Selbst das für Mali erlösende 1:0 aus Minute 70 war nicht das Ende. Die wie angeschlagene Boxer daher taumelnden Ivorer kämpften wie von Sinnen um jeden Ball und Meter.

Last-Minute-Ausgleich

Dem 22-jährigen England-Jungprofi Simon Adingra gelang eine Minute vor Schluss der regulären Spielzeit tatsächlich noch das 1:1. Es war ein irgendwie reingestocherter Ball – viel Zufall und Glück waren im Spiel. Irgendwie hatte der Ball noch einmal den Weg vor Adingras Füße gefunden. Ganz egal: Es stand 1:1. Und es ging noch einmal ein Ruck durch die „Elefanten“, die bei sengender Hitze – in Bouaké herrschten an diesem Abend 38 Grad – um ihr fußballerisches Leben gerannt waren. Und dann kam nicht etwa das von allen erwartete Elfmeterschießen. Sondern die 120. Minute und Oumar Diakités Geistesblitz.

Seko Fofana hatte aus dem Hintergrund geschossen und der 20-Jährige Diakité den Fuß reingehalten. Mit der Hacke lenkte der Stürmer des französischen Erstligisten Stade Reims die Kugel an Malis Torwart Djigui Diarra vorbei ins Tor. 2:1 – die Elfenbeinküste stand im Halbfinale – nicht nur im „Stadion des Friedens“ in Bouaké brach ein Sturm des Jubels los – ein ganzes Land geriet in Ekstase.

Dass dieses Team der Gastgeber nun also im Halbfinale steht – es kommt einem Fußballwunder gleich. Sie waren doch eigentlich schon ausgeschieden. Eigentlich schon mehrere Male. In der Vorrunde hatten sie erst mit 0:1 gegen Nigeria verloren, um anschließend gegen Äquatorialguinea mit 0:4 unterzugehen.

Nur durch großes Ergebnisglück anderer Teams rutschten sie noch so gerade eben als einer der am wenigsten schlechten Gruppen­dritten in die K.-o.-Phase. Dort haben sie den hoch favorisierten Senegal bezwungen. Auch in dieser Partie war ein spätes Glückscomeback gelungen. Es gab einen Last-Minute-Ausgleich und Dramatik pur im Elfmeterschießen.

Notbesetzung auf der Trainerbank

Und all das mit einem Not-Trainer an der Seitenlinie. Im allgemeinen Stimmungschaos hatte man den Franzosen Jean-Louis Gasset nach dem letzten Gruppenspiel entlassen. Ex-Spieler Emerse Faé ist eingesprungen. „Diese Spieler sind so talentiert, die brauchen eigentlich nur jemanden, der sie bei guter Laune hält“, hatte der Alt-Internationale Emmanuel Eboué Zweifel an dem völlig unerfahrenen Ersatzcoach kommentiert.

Damit sprach er seinen Landsleuten aus der Seele. „Bei uns ist wieder gute Stimmung. Ich glaube, wir können noch Großes erreichen“, hatte Franck Kessie berichtet. Der Routinier hatte unter Faé wieder seinen Stammplatz im Team zurückerhalten. Ebenso wie die altgedienten Kräfte Serge Aurier und Max Gradel, die unter der Leitung Gassets nur noch Bankplätze erhalten hatten.

Das runderneuerte „Elefanten“-Team, das nun spätestens nach dem Viertelfinale fest von der Gunst der Fußballgötter überzeugt sein dürfte, steht unter den letzten Vier des Turniers. Am Mittwoch geht’s im Halbfinale im neuen großen Olympiastadion von Abidjan gegen die Demokratische Republik Kongo. Gefühlt kommt eine Niederlage in diesem Spiel überhaupt nicht mehr in Frage. Eine ganze Nation ist sich sicher: Die Fußballgötter scheinen sich bei diesem Afrika-Cup auf die Seite der Elfenbeinküste geschlagen zu haben.

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