Straßennamen in Bayern: SA-Mann soll bleiben

Wilhelm Burkhardt war in der SA, 2023 wurde in Allersberg eine Straße nach ihm benannt. Jetzt stehen auch die Straßenschilder.

Straßenschild.

Wilhelm-Burkhardt-Straße in Allersberg Foto: Daniel Karmann/dpa

MÜNCHEN taz | Der Streit um eine Straßenbenennung im mittelfränkischen Allersberg nimmt kein Ende. Am vergangenen Freitag wurden dort die Straßenschilder der Wilhelm-Burkhardt-Straße aufgestellt. Wilhelm Burkhardt war nicht nur für kurze Zeit ein von den Amerikanern eingesetzter Bürgermeister des Ortes, er war vor allem auch in der SA, woran viele, aber keineswegs alle Allersberger Anstoß nehmen.

Der Fall hatte auch über den Ort hinaus für Aufsehen gesorgt, vor allem, weil es sich in diesem Fall – anders als bei den zahlreichen sonstigen Diskussionen um Straßennamen – nicht um eine Altlast handelte. Die Straße liegt in einem Neubaugebiet, der Beschluss, sie nach Burkhardt zu benennen, wurde erst vor knapp drei Jahren getroffen, ohne dass man – wiederum anders als in anderen Kommunen – nähere Informationen über den zu Ehrenden eingeholt hätte. 2022 kam dann die unrühmliche Vergangenheit des Mannes ans Licht.

Im vergangenen Jahr war der Streit hochgekocht. Die Gegner sprachen von einer „Beleidigung für die Opfer des Nationalsozialismus“ und forderten eine sofortige Umbenennung. Eine solche Entscheidung des Gemeinderats wäre zu diesem Zeitpunkt noch unkompliziert gewesen, da damals noch keine Straßenschilder standen und der Straßenname auch als Adresse noch nicht im Gebrauch war. Die Befürworter der Ehrung für den SA-Mann wiederum gaben an, man wolle zunächst eine umfassende Untersuchung eines externen Historikers abwarten.

Von einem solchen von der Gemeinde beauftragten Gutachten ist allerdings bis heute nichts bekannt. Mittlerweile hat jedoch der Erlanger Student Gregory Bey eine Bachelor-Arbeit zu dem Fall vorgelegt. Der Schluss, zu dem er kommt, ist eindeutig: Es lässt sich kaum etwas finden, was dafür spräche, dass die Person Burkhardt besonders zu würdigen sei, aber vieles, was gegen eine solche Ehrung spreche.

Zum selben Schluss soll auch eine interne Bewertung der Gemeindearchivarin gekommen sein. Der parteilose Bürgermeister Daniel Horndasch jedoch bestreitet die Existenz eines solchen Dokuments. Beys wissenschaftliche Arbeit tut er indes als Privatmeinung ab – sehr zum Unmut von dessen Professor.

Das Aufstellen der Schilder schafft Fakten

Burkhardt sei doch aus der SA wegen politischer Unzuverlässigkeit entlassen worden und auch sonst als Nazigegner bekannt gewesen, argumentieren die Befürworter der Burkhardt-Straße, darunter Horndasch, gern. Doch tatsächlich zeigt ein näherer Blick auf die entsprechenden Spruchkammerakten, dass es fast nur eine Quelle gibt, die Burkhardt entlastet und ihn als Nazigegner beschreibt: Burkhardt selbst.

Das heutige Stadtoberhaupt Horndasch wiederum regiert im Gemeinderat mit einer Koalition von Freien Wählern und Allersberger Bürgerforum. Für Letzteres sitzt auch Aris Maul im Gemeinderat. Maul ist Burkhardts Enkel.

Mit dem Aufstellen der Straßenschilder werden nun zum Entsetzen vieler Allersberger weitere Fakten geschaffen. Die Süddeutsche Zeitung schreibt unter Bezug auf Horndasch, die Schilder hätten schon länger im Bauhof gelegen und auf ihren Einsatz gewartet. Das Anbringen der jeweils 40 Euro teuren Stücke sei nur im Winter etwas schwierig gewesen. Die Anwohner hätten jedoch ein Recht darauf, in einer ordentlich beschilderten Straße zu wohnen.

Auch Bayerns Antisemitismus-Beauftragtem Ludwig Spaenle fehlt jedes Verständnis für das Beharren des Gemeinderats auf der umstrittenen Ehrung. „Unnötig für Allersberg“, schrieb der CSU-Politiker im vergangenen Juli auf Facebook, nachdem das Gremium einen Bürgerantrag auf Umbenennung verworfen hatte: „Eine Neubenennung einer neu angelegten Straße nach einem SA-Mann ist weder begründbar noch sinnvoll. Im Gegenteil: uralte Verhaltensmuster von Relativierungen, Halbwahrheiten und Verdrängung feiern hier ungewöhnliche Urständ.“

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