Verfassungsänderung in Frankreich: Das Recht auf Abtreibung garantiert

Der Kongress nimmt eine Verfassungsänderung an, die das Recht auf Abtreibung festschreibt. Feministinnen in Frankreich feiern den historischen Sieg.

Mit dem Eifelturm im Hintergrund ist ein Bildschirm zu sehen, darunter eine Maße Menschen

Paris, 4. März: Pro-Choice-Be­für­wor­te­r:in­nen feiern die Verfassungsänderung Foto: Oleg Cetinic/ap

PARIS taz | Mit 780 Stimmen dafür, 72 dagegen und 26 Enthaltungen ist am Montag das „garantierte“ gesetzliche Recht der Frauen auf einen Schwangerschaftsabbruch in der Verfassung verankert worden. Das besiegelten die beiden im Schloss von Versailles feierlich zum Kongress vereinten Parlamentskammern.

Die Regierung hatte dies auf Wunsch von Staatspräsident Emmanuel Macron zuvor dem Senat und der Nationalversammlung vorgeschlagen, doch die Forderung kommt von der Bewegung für die Frauenrechte. Nachdem eine gleichlautende Verfassungsänderung von beiden Kammern gutgeheißen worden war, musste noch der Kongress formell mit einer qualifizierten Mehrheit von mindestens drei Fünfteln zustimmen.

Dass das Abtreibungsrecht schließlich mit einer überwältigenden Mehrheit in die Verfassung der Fünften Republik eingeschrieben wird, wird einhellig als historischer Sieg der feministischen Bewegung gefeiert. Auch Präsident Macron möchte dies auf der Seite der Erfolge in seiner eigenen Bilanz notiert haben.

Die legale Abtreibung ist mit diesem Votum vom 4. März ein geschütztes Grundrecht geworden. Frankreich ist das erste Land, das diese Freiheit, auf legale Weise und mit medizinischer Hilfe eine unerwünschte Schwangerschaft innerhalb einer gesetzlichen Frist abbrechen zu können, in seiner Verfassung „garantiert“. Die Möglichkeit der Frauen, legal und frei über ihren Körper zu verfügen, existiert in zahlreichen Ländern der Welt nicht oder ist weiterhin durch Mobilisierungen reaktionärer religiöser Kreise permanent bedroht.

Gegner protestieren und beten vor Schloss Versailles

Auch in Frankreich geben die Gegner der Kampagne „Ja zum Leben“ ihren Kampf nicht auf. Noch während im Kongresssaal die Senatoren und Abgeordneten ihre Stimme abgaben, protestierten und beteten einige Dutzend militante Ab­trei­bungs­geg­ne­r*in­nen vor dem Schloss.

Simone de Beauvoir

„Bleibt wachsam!“

Als das Ergebnis des Kongressvotums bekannt wurde, brach dagegen bei anderen Versammlungen, wie in Paris auf dem Platz vor dem Trocadéro nahe dem Eiffelturm, Jubel aus. Ebenso in der TV-Talkshow „Quotidien“ des Senders TMC; dort erinnerte sich die Historikerin Claudine Monteil an den ebenfalls historischen Tag, als 1974 in Frankreich Abtreibungen vom Parlament nach einem langen Kampf legalisiert wurden.

Sie wollte dies damals mit Simone de Beauvoir und anderen Feministinnen feiern, erzählt sie. Monteil und de Beauvoir hatten 1971 im Nouvel Observateur das „Manifest der 343“ unterschrieben, in dem sie sich öffentlich dazu bekannten, abgetrieben zu haben. Doch statt zu triumphieren, habe de Beauvoir die jungen Mitstreiterinnen mit ernstem Gesicht gewarnt: „Bleibt wachsam!“ Denn keine Errungenschaft der Frauen könne auf ewig als gesichert gelten, jedes erkämpfte Recht müsse verteidigt werden, denn es werde immer wieder Angriffe geben.

Claudine Monteil war damals mit 21 Jahren die jüngste Unterzeichnerin dieses Manifests. Heute möchte die 75-Jährige ihrerseits den jüngeren Generationen der Frauenbewegung einschärfen: Auch nach diesem historischen Sieg mit der Verankerung des „garantierten“ Rechts auf einen legalen Schwangerschaftsabbruch gilt weiterhin: wachsam sein.

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