Baumpflanzaktion in Berliner Wäldern: Da geht mehr für besseres Klima

Eine halbe Million klimaresistenter Setzlingen wurden in Berliner Wäldern gepflanzt. So sollen sie fit für den Klimawandel werden. Aber reicht das?

Umweltsenatorin Im Köpenicker Stadtforst kniet Manja Schreiner (CDU), sie hat am Mittwoch zusammen mit Azubis der Berliner Forsten eine Traubeneiche gepflanzt

Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) hat am Mittwoch zusammen mit Azubis der Berliner Forsten eine Traubeneiche gepflanzt Foto: Christoph Gollnow/dpa

Ein Wohlfühltermin, keine Frage: Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) hat in den Wald zur Pressekonferenz geladen – genauer gesagt in den Stadtforst Köpenick – und verkündet eine frohe Botschaft: In den vergangenen Monaten wurden in den Berliner Wäldern mehr als eine halbe Million Laubbäume gepflanzt. Traubeneichen, Rotbuchen, Winterlinden und Vogelkirschen kamen in den Boden – alles klimaresistente Arten, die mit Trockenperioden besser zurechtkommen als hier vorherrschende Baumarten (wie die Kiefer zum Beispiel). Rund 100 Hektar neuer Mischwald sind den Angaben zufolge entstanden.

Wer wachen Auges in den Wäldern (und auch Stadtparks oder auf Friedhöfen) unterwegs ist, kann auch ohne Fachwissen das Ausmaß der Trockenschäden an den Bäumen leicht erfassen. Viele von ihnen leiden, sind durch die letzten Dürresommer krank geworden und haben Schäden davon getragen, ja, sie kämpfen ums Überleben oder sind längst schon abgestorben und abgesägt.

Das bestätigt die Statistik: Etwas mehr als jeder dritte Baum zeigt laut Umweltverwaltung „deutliche Schäden durch anhaltende Trockenheit“. Die Lage ist also dramatisch. Und wie sich das sehr nasse Frühjahr auswirkt, wird sich erst in Zukunft zeigen.

Laut Berliner Umweltatlas sind fast 20 Prozent des Stadtgebiets von Wald bedeckt. Viel mehr als etwa in Hamburg oder München, wo der Waldanteil bei 5,7 und 5,1 Prozent liegt. Mit den Neupflanzung sollen die Stadtwälder klimaresistenter werden. Seit 2012 wurden laut Umweltverwaltung mehr als vier Millionen standortheimische Laubbäume gepflanzt. Wie viele davon überlebt haben, ist nicht bekannt.

Blinder Aktionismus

Der BUND Berlin kritisierte am Mittwoch die „einseitige Ausrichtung des Berliner Mischwaldprogramms auf die Verkündung einer möglichst hohen Zahl von Baumpflanzungen“ als blinden Aktionismus. Der Umweltverband fordert eine differenzierte und naturnahe Bewirtschaftung: „Anstatt gegen den Wald zu arbeiten, sollte mit ihm gearbeitet werden. Also nicht im großen Stil Kiefern roden, um dann die gewünschte Zahl von Laubbäumen pflanzen zu können.“ Neue Bäume sollten nur dort gepflanzt werden, wo Bäume bereits durch die Folgen des menschengemachten Klimawandels im großen Maße abgestorben sind und keine neuen natürlich nachgekommen sind.

Erschwerend kommt hinzu, dass Manja Schreiner mitunter vergessen zu haben scheint, dass sie neben den Ressorts Klimaschutz und Umwelt zugleich für Mobilität und Verkehr zuständig ist. Denn das Stadtklima wird ja nicht allein von den Berliner Wäldern bestimmt. Viel kritisiert wurde in letzter Zeit ihre Fokussierung auf den ausufernden Autoverkehr und den präferierten teuren U-Bahn-Ausbau (statt billigerer Tram-Strecken).

Was könnten sie und der Senat stattdessen nicht alles tun: Den Individualverkehr zurückdrängen. Viel mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV und noch besser aufs Fahrrad bewegen – und für die dafür nötige Infrastruktur sorgen. Mehr Straßen und zubetonierte Parkplätze entsiegeln und begrünen. Die bestehenden Brachen schützen. Mehr Geld in Urban-Garding-Projekte stecken. Und wieder öfter die BSR fürs regelmäßige Gießen von Straßen- und Parkbäumen bezahlen – oder An­woh­ne­r:in­nen animieren, das ehrenamtlich zu tun.

Ach, es gäbe so viele Ideen, Berlin fit zu machen für den Klimawandel. Für eine immer heißer werdende Stadt und die damit einhergehenden fatalen Folgen wie Wassermangel, miserable Luftqualität, Hitzeperioden und Hitzetode. Allein neue Bäume pflanzen, das hat auch der BUND zurecht kritisiert, wird den Wald und damit das Klima nicht retten.

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In der DDR geboren, in Westmecklenburg aufgewachsen, Stahlschiffbauer (weil Familientradition) gelernt, 1992 nach Berlin gezogen, dort und in London Kulturwissenschaften studiert, 1995 erster Text für die taz, seit 2014 im Lokalteil Berlin als Chef vom Dienst und Redakteur für Kulturpolitik & Queeres.

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