Beamte zogen Höcke-Plakate ein: Nachhilfe für Berliner Polizei

Dass Björn Höcke ein Nazi ist, ist nun auch in der Berliner Polizei angekommen. Noch im März hatten Be­am­t*in­nen bei einer Demo Plakate eingezogen.

Ein Teilnehmer hält bei der Demonstration eines Bündnisses «Wir sind die Brandmauer» für Demokratie und gegen Rechtsextremismus ein Plakat mit der Aufschrift «Björn Höcke ist ein Nazi»

Das Plakat des Anstoßes, das – so wie hier in Berlin – auf vielen Demos zu sehen ist Foto: Christophe Gateau / dpa

BERLIN taz | Björn Höcke ist ein Nazi. Das ist eine Tatsache, die auch in Berlin je­de*r straflos öffentlich äußern darf – mündlich oder auf Plakaten. De­mons­tran­t*in­nen von den „Omas gegen Rechts“ hatten Medienberichten zufolge auf einer Versammlung gegen die Desiderius-Erasmus-Stiftung der AfD Mitte März dem Berliner Landeskriminalamt (LKA) sogar noch eine Art spontane Minifortbildung zu dem Thema angeboten.

Die LKA-Beamten nämlich hatten die Teil­neh­me­r*in­nen einer Kundgebung des Bündnisses „Runder Tisch gegen Antifaschismus“ Unter den Linden aufgefordert, Plakate und Transparente mit dieser Aussage und mit Bildern von Höcke, auf denen er einen vermeintlichen Hitlergruß zeigt, nicht mehr zu verwenden.

Solche Plakatmotive vertreibt das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ auch online. Einige Teil­neh­me­r*in­nen hatten Berichten zufolge noch vor Ort gegen die Polizeimaßnahme protestiert und die Beamten auf ein entsprechendes Gerichtsurteil hingewiesen. Das Verwaltungsgericht Meiningen hatte nämlich bereits 2019 geurteilt, dass der AfD-Politiker Höcke als Faschist bezeichnet werden darf. Die Frage war damals ebenfalls im Rahmen einer Demo und entsprechender Plakate aufgetaucht.

In der Antwort auf eine schriftliche Anfrage an den Senat schreibt die Senatsverwaltung für Inneres, dass die Po­li­zis­t*in­nen vor Ort die Plakate wegen eines Anfangsverdachts einer Strafbarkeit nach Paragraf 86a aus dem Strafgesetzbuch und nach Paragraf 188 aus dem Verkehr gezogen hätten. Paragraf 86a verbietet das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen, Paragraf 188 das Beleidigen von Personen des öffentlichen Lebens.

Staatsanwältin nicht erreichbar

Die Bereitschaftsstaatsanwältin, von der sich die Polizei eine abschließende rechtliche Bewertung einholen wollte, sei erst nach der Kundgebung erreichbar gewesen. Die Polizei habe aufgrund des Anfangsverdacht daraufhin die Plakate sichergestellt und Identitäten festgestellt. Es sei nicht allein um die Aussage, dass Höcke ein Nazi sei, gegangen.

„Es ist gut, dass die Hintergründe und Abläufe des chaotischen Polizeieinsatzes am 16. März nun auf dem Tisch liegen“, sagt Ario Mirzaie, Sprecher für Strategien gegen Rechts der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Durch die Fehleinschätzung des LKA sei es zu einer massiven Behinderung der Versammlung gegen Rechtsextremismus gekommen. „Erstbewertungen der Polizei müssen genau geprüft werden, bevor man zig Einsatzkräfte in die Versammlung schickt und Demoteilnehmer einschüchtert“, sagt er.

Auch bei Demos in Frankfurt am Main und in Hamburg hatten Po­li­zis­t*in­nen bereits in der Vergangenheit sehr ähnliche, wenn nicht sogar identische Plakate beschlagnahmt – und waren dafür kritisiert worden. Mirzaie forderte besser geschulte Beamten und bessere Absprachen zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft.

Lernen könnte die Senatsverwaltung für Inneres auch noch Folgendes: Die Geste, die im heutigen Sprachgebrauch allgemein „Hitlergruß“ genannt wird, war im Nationalsozialismus als „Deutscher Gruß“ bekannt. In ihrer Antwort benutzt die Verwaltung letzteren Ausdruck in Anführungszeichen. Vielleicht war auch hier der entsprechende Bereitschaftsdienst gerade nicht erreichbar.

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