Journalistenstreik in Griechenland: Redaktionen bleiben leer

Gestiegene Lebenshaltungskosten, schlechte Arbeitsbedingungen: Viele griechische Journalisten streiken. Doch nicht alle machen mit.

Eine Person vor einem Zeitungskiosk.

Hier hingen heute weniger Zeitungen als gewöhnlich: Kiosk in Athen Foto: Louiza Vradi/reuters

ATHEN taz | Die Fernsehsender spielten alte Filme oder Spielshows wie „Meine Mama kocht besser als deine“, die Info-Radiosender wiederholten Wortbeiträge, die Büros der Zeitungsredakteure blieben leer: In Griechenland riefen die Journalistengewerkschaften für den Dienstag zu einem 24-stündigen landesweiten Streik auf.

Ob öffentlich-rechtlich oder privat: Alle Journalisten, Techniker und das Verwaltungspersonal aller Medien in allen Mediengattungen (Print, Rundfunk und Online) sollten von Dienstag um 5 Uhr Ortszeit bis Mittwoch um 5 Uhr ihre Arbeit niederlegen, bevor sie am Mittwoch den von der Griechischen Dachgewerkschaft der Arbeitnehmer (GSEE) ausgerufenen 24-stündigen landesweiten Streik medial begleiten.

Wie die Athener Journalistengewerkschaft Esiea erklärte, sei „zum x-ten Mal festzustellen, dass die Arbeitgeber sich weigern, Tarifverträge im Privatsektor abzuschließen“. Dies führe dazu, dass „die Arbeitnehmer Hungerlöhne erhalten, die nicht einmal ausreichen, um ihre Grundbedürfnisse und diejenigen ihrer Familien zu decken“.

Wie allen Griechen machten auch den Medienschaffenden die hiesige Inflation mit explosionsartigen Preissteigerungen zu schaffen. Daher würden laut Esiea „die Medienschaffenden Tarifverträge in allen Medien fordern“. Journalisten und Medienschaffende „müssen endlich aufhören, Geiseln von anarchischen Arbeitsbedingungen und sehr niedrigen Löhnen zu sein“.

Zweitniedrigste Kaufkraft

Der Hintergrund dafür ist, dass nur etwa 25 Prozent aller Beschäftigten im gesamten griechischen Privatsektor mit Tarifverträgen ausgestattet sind. Sie verdienten 2023 im Schnitt 1.251 Euro brutto pro Monat. Viele Journalisten haben weniger.

Insbesondere in den teuren Metropolen Athen und Thessaloniki kommt man damit kaum über die Runden. Die Griechen haben ohnehin die zweitniedrigste Kaufkraft aller Einwohner der EU-27. Nur in Bulgarien ist die Kaufkraft der Bürger etwas niedriger.

Doch nicht alle Medien und Journalisten folgten dem Streikaufruf. Regierungsnahe Websites wie „Proto Thema“, „iefimerida“ sowie „Skai.gr“ erneuerten auch am Dienstag ihren Content im Netz, als gäbe es gar keinen Streik.

Das ist die andere Seite der Medaille im perfiden Zusammenspiel von Regierung und Medien, die die seit dem 8. Juli 2019 amtierende konservative Regierung unter dem konservativen Premier Kyriakos Mitsotakis auf die Spitze getrieben hat und die zugleich für das Verständnis zerstörter Medienlandschaften wie der griechischen unerlässlich ist: Erstens kassieren regierungsnahe Medien Millionen aus der Staatskasse für Werbe- und Informationskampagnen, während oppositionelle oder neutrale Medien leer ausgehen. Wer zudem als Journalist spurt, wird von der Regierung reichlich belohnt. „Journalisten“, die für finanzielle Wohltaten empfänglich sind, erhalten unter Mitsotakis üppig dotierte Posten im Regierungs- und Staatsapparat sowie in Staatsfirmen – und zwar zusätzlich zu ihren Medienjobs.

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