+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Weitere Angriffe in Gaza

Bei einem mutmaßlichen Angriff nahe einer Klinik in Chan Junis soll es weitere Tote gegeben haben. Abbas warnt vor Ausweitung des Krieges auf das Westjordanland.

Ein voll beladenes Auto

Chan Junis, 27.12.2023: Menschen flüchten Foto: Majdi Mohammed/ap/dpa

Bericht über zahlreiche Tote bei Angriff nahe Klinik in Chan Junis

Bei einem mutmaßlichen israelischen Angriff auf ein Gebäude in der Nähe eines Krankenhauses in Chan Junis im südlichen Gazastreifen soll es am Mittwoch viele Tote gegeben haben. Ein Sprecher der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sprach von 20 Toten und Dutzenden Verletzten. Auch der palästinensische Rettungsdienst Roter Halbmond schrieb auf der Plattform X, bei einem Angriff auf ein Wohngebäude nahe des Al-Amal-Krankenhauses habe es Dutzende Tote und Verletzte gegeben. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Ein israelischer Armeesprecher sagte, man gehe den Berichten nach. (dpa)

Palästinenserpräsident Abbas warnte weiterhin vor einer Ausweitung des Krieges auf das Westjordanland

Der Gaza-Krieg ist nach Worten des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas „mehr als ein Vernichtungskrieg“. In einem Interview mit dem ägyptischen Fernsehsender ON am Dienstagabend sagte er: „Unser Volk hat noch nie einen solchen Krieg erlebt, nicht einmal bei der Nakba-Katastrophe von 1948.“ Der Begriff Nakba (Katastrophe) bezieht sich auf die Flucht und Vertreibung von Palästinensern im ersten Nahost-Krieg 1948.

Gleichzeitig machte Abbas die USA für die Fortsetzung des Krieges verantwortlich: „Immer wenn die Welt, der (UN)-Sicherheitsrat und die Generalversammlung den Krieg stoppen wollen, legen die USA ihr Veto ein und weigern sich, den Krieg zu beenden.“ Wenn die US-Regierung wollte, könnte sie Israel dazu bewegen, den Krieg zu beenden. Alles, was derzeit passiere, passiere mit der Unterstützung der USA.

Abbas warnte weiterhin vor einer Ausweitung des Krieges auf das Westjordanland. „Die israelische Armee und Siedler greifen täglich die Städte im Westjordanland und Jerusalem an. Die Lage im Westjordanland kann jederzeit explodieren“, sagte er. Israel verfolgt seiner Meinung nach das Ziel, irgendwann alle Palästinenser aus Gaza und dem Westjordanland zu vertreiben.

Die Hamas hatte 2006 bei Parlamentswahlen gegen die gemäßigtere Fatah von Abbas gesiegt. Ein Jahr später übernahm die Hamas gewaltsam die alleinige Kontrolle des Gazastreifens. Israel hatte das Gebiet 2005 geräumt und mehr als 20 israelische Siedlungen dort evakuiert. Seit der Machtübernahme der Terrororganisation Hamas gab es de facto zwei getrennte Regierungen – eine in Gaza und eine in Ramallah. Seit Beginn des Bruderkriegs zwischen den beiden rivalisierenden Palästinenserorganisationen gab es auch keine Parlaments- oder Präsidentenwahlen mehr. (dpa)

Telekommunikation im Gazastreifen teilweise wiederhergestellt

Die Telekommunikationsdienste im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben teilweise wiederhergestellt. Sie waren am Dienstag als Folge des Gaza-Kriegs erneut ausgefallen. „Wir möchten die schrittweise Rückkehr der Kommunikationsdienste (Festnetz, Handy und Internet) im Zentrum und in südlichen Bereichen des Gazastreifens bekanntgeben, nach einem Totalausfall, der durch die fortwährend Aggression verursacht worden war“, schrieb das im Westjordanland ansässige palästinensische Unternehmen Paltel am Mittwoch auf der Plattform X. (dpa)

6 Tote bei Angriff im Flüchtlingsviertel

Bei einem israelischen Militäreinsatz in Tulkarem im Westjordanland sind nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums sechs Palästinenser getötet worden. Laut palästinensischen Berichten feuerte eine Drohne am Mittwochmorgen eine Rakete auf ein Haus im Flüchtlingsviertel der Stadt. Ein siebter Palästinenser erlitt dabei nach Angaben des Ministeriums lebensgefährliche Kopfverletzungen. Die israelische Armee kündigte eine Stellungnahme zu dem Vorfall an.

Seit den Massakern von Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober und dem darauf folgenden verheerenden Gaza-Krieg hat sich die Sicherheitslage in dem von Israel besetzten Westjordanland noch massiv verschlechtert. Bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten, aber auch Attacken von israelischen Siedlern wurden seither 298 Palästinenser getötet, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Seit Jahresbeginn wurden demnach im Westjordanland insgesamt schon 494 Palästinenser bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen getötet. (dpa)

Israel verstärkt Angriffe auf Gazastreifen ungeachtet internationaler Appelle

Israel verstärkt ungeachtet internationaler Kritik und mahnender Worte des Verbündeten USA seinen Militäreinsatz im Gazastreifen. Die israelische Armee setzte auch am Mittwoch ihre Angriffe auf Ziele in dem Palästinensergebiet fort. Armeesprecher Daniel Hagari hatte am Vorabend gesagt, die Angriffe auf Chan Junis im Süden des Palästinensergebiets würden fortgesetzt, die Einsätze in Flüchtlingslagern im Zentrum des Gazastreifens würden ausgeweitet.

So ordnete die israelische Armee die Evakuierung des Flüchtlingslagers Bureidsch und seiner Umgebung an. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte zuvor eine „Intensivierung“ der Angriffe angekündigt, und den „Terroristen der Hamas“ angedroht: „Wir sehen euch, wie kriegen euch.“ Israels Armeechef Herzi Halevi sagte, der Krieg werde „noch viele Monate dauern“. Bei der gründlichen Zerschlagung einer „Terrororganisation“ gebe es keine „Zauberlösung und keine Abkürzung, außer hartnäckig und entschlossen im Kampf zu sein“, sagte er.

Die französische Regierung zeigte sich besorgt über die israelische Strategie im Kampf gegen die radikalislamische Hamas. Frankreich sei „ernsthaft besorgt“ über die Ankündigung Israels, seinen Militäreinsatz „zu intensivieren und zu verlängern“, erklärte das Außenministerium in Paris. Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, traf derweil den israelischen Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer. Bei dem Gespräch sei es unter anderem um einen „Übergang zu einer anderen Phase des Krieges“ gegangen, um „den Fokus auf wichtige Hamas-Ziele zu maximieren“, sagte ein Vertreter des Weißen Hauses im Anschluss. Der Schaden für Zivilisten müsse minimiert und die humanitäre Lage im Gazastreifen verbessert werden. (afp)

US-Präsident Joe Biden und Emir von Katar diskutieren humanitäre Hilfe und Geiseln

US-Präsident Joe Biden und der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, haben nach Angaben des US-Präsidialamtes über die Notwendigkeit der Freilassung der Geiseln im Gazastreifen und über Bemühungen zur Verstärkung der humanitären Hilfe gesprochen. Nach Angaben der staatlichen katarischen Nachrichtenagentur erhielt der Emir einen Anruf von Biden, um die jüngsten Entwicklungen und die laufenden gemeinsamen Vermittlungsbemühungen zur Beruhigung der Lage in dem Küstenstreifen und zur Erreichung eines dauerhaften Waffenstillstands zu erörtern. Katar und Ägypten hatten Ende November einen Waffenstillstand zwischen Israel und der militanten Hamas vermittelt. Die derzeitigen diplomatischen Bemühungen um eine neue Waffenruhe sind bislang kaum vorangekommen. (rtr)

Netanjahu kündigt verstärkten Militäreinsatz an und stellt Bedingungen für Frieden

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat eine Verstärkung des militärischen Einsatzes gegen die Hamas angekündigt und zugleich erneut Bedingungen für ein Ende der Kämpfe genannt. Es gebe „drei Vorbedingungen“ für einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern im Gazastreifen, erklärte Netanjahu: Die islamistische Hamas müsse zerstört, der Gazastreifen „demilitarisiert“ und die palästinensische Gesellschaft „deradikalisiert“ werden. Israels Armeechef Herzi Halevi sagte, der Krieg werde „noch viele Monate dauern“.

Zur konkreten Ausgestaltung einer möglichen Friedenslösung forderte Netanjahu in einem im „Wall Street Journal“ veröffentlichten Gastbeitrag zudem die Schaffung einer „temporären Sicherheitszone“ an der Grenze zum Gazastreifen. Nötig sei außerdem ein „Inspektionsmechanismus“ an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten, um Waffenschmuggel zu unterbinden.

Der im Westjordanland regierenden Palästinensischen Autonomiebehörde auch die Verantwortung für den Gazastreifen zu übertragen, lehnte Netanjahu erneut ab. Er widersprach damit den USA und anderen westlichen Verbündeten, die eine führende Rolle der Palästinenserbehörde im Gazastreifen fordern.

Vor Parlamentsabgeordneten seiner Likud-Partei kündigte Netanjahu nach Parteiangaben zudem eine Ausweitung des Militäreinsatzes gegen die Hamas an. Bei einer Rede in der Knesset versprach er am Montag zudem, die Geiseln, die sich weiterhin in der Gewalt der Hamas befinden, zu befreien. Die israelische Armee brauche jedoch „mehr Zeit“, um den militärischen Druck auf die Hamas zu erhöhen.(afp)

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