+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: US-Veto gegen Waffenruhe

Im Weltsicherheitsrat scheitert eine Resolution für eine sofortige Waffenruhe in Gaza. US-Regierung: Verhandlungen nicht gefährden.

Frauen mit Kopftuch halten ein Schild mit der Aufschrift "Ceasefire now"

Fordern nicht nur diese palästinensischen Demonstrierenden in New York, sondern auch 26 EU-Staaten: Waffenstillstand jetzt! Foto: Eduardo Munoz/rtr

UN-Sicherheitsrat: Veto gegen Gaza-Feuerpause

Die USA haben im UN-Sicherheitsrat ein Veto gegen eine Resolution eingelegt, in der eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen gefordert wird. Der von Algerien vorgelegte Text erhielt am Dienstag in New York 13 Ja-Stimmen, eine Nein-Stimme und eine Enthaltung von Großbritannien. Der Text sah eine „sofortige humanitäre Feuerpause“ vor, „die von allen Parteien respektiert werden“ müsse. Er beinhaltete zudem die Freilassung aller Geiseln, verurteilte jedoch nicht den beispiellosen Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober.

„Wir können keine Resolution unterstützen, die die sensiblen Verhandlungen gefährden würde“, sagte Washingtons UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield. Sie sprach sich stattdessen für eine alternative, von den USA ausgearbeitete Resolution aus. Darin wird unter anderem eine „temporäre Feuerpause“ im Gazastreifen befürwortet, „sobald dies machbar ist“.

Die Abstimmung erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem Israel im Kampf gegen die Hamas einen Einsatz in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens vorbereitet. In Rafah an der Grenze zu Ägypten haben rund 1,4 Millionen Palästinenser Zuflucht vor den Kämpfen gesucht. Etliche Länder, darunter auch Israels engster Verbündeter USA, fordern daher einen Verzicht auf die Offensive.

Ausgelöst worden war der Krieg zwischen Israel und der Hamas durch den beispiellosen Angriff der islamistischen Palästinenserorganisation auf Israel am 7. Oktober. Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas waren damals nach Israel eingedrungen und hatten dort Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden dabei etwa 1160 Menschen getötet und rund 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Israel hat als Reaktion auf den Angriff der Hamas deren Vernichtung als Ziel ausgegeben. Bei dem massiven Militäreinsatz im Gazastreifen wurden nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 29.100 Menschen getötet. (afp)

Prinz William ruft zu Ende von Kämpfen im Gazastreifen auf

Der britische Prinz William hat sich überraschend zum Gaza-Krieg geäußert. Der Thronfolger rief am Dienstag zu einem schnellstmöglichen Ende der Kämpfe im Gazastreifen auf. Eine Mitteilung, die auf der Plattform X veröffentlicht wurde, verwies auf „schreckliche menschliche Kosten“ seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Zudem stand darin, dass es einen „dringenden Bedarf an verstärkter humanitärer Unterstützung für Gaza“ gebe.

Der Schriftzug der Mitteilung war weiß auf schwarzem Hintergrund. William forderte in seiner Stellungnahme keine sofortige Waffenruhe. Das britische Unterhaus soll am (morgigen) Mittwoch über das Thema abstimmen.

Es ist ungewöhnlich, dass sich Mitglieder des britischen Königshauses zu einem heiklen Thema wie dem Gaza-Krieg äußern – weil befürchtet wird, sie würden dann in politische Debatten hineingezogen. William wählte allerdings eine vorsichtige Sprache in seiner Stellungnahme. Diese war mit dem britischen Außenministerium abgesprochen. (ap)

Lieferung von Lebensmitteln vorübergehend ausgesetzt

Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) hat die Lieferung von Lebensmitteln in den Norden des Gazastreifens vorübergehend ausgesetzt. Man werde die Lieferungen erst wieder aufnehmen, wenn die Bedingungen für eine sicherere Verteilung gegeben seien, teilte das WFP am Dienstag mit. Die Entscheidung sei den Verantwortlichen nicht leicht gefallen. „Allerdings muss die Sicherheit für die Lieferung der Nahrungsmittel und für die Menschen, die sie erhalten, gewährleistet sein.“

Nach einer dreiwöchigen Pause hat das WFP am Sonntag die Lieferungen in den Norden des abgeriegelten Küstenstreifens wieder aufgenommen. Seitdem kam es allerdings zu chaotischen Szenen und Ausschreitungen bei der Verteilung der Lebensmittel, wie das WFP weiter mitteilte. Menschen kletterten auf Lkw – an einigen Orten wurden ganze Lastwagen geplündert. Mitunter kam es zu Zusammenstößen. Schüsse fielen und ein Lkw-Fahrer wurde angegriffen und verletzt.

Das WFP versucht nach eigenen Angaben, die Lieferungen so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Die Situation vor Ort verschlechtere sich zunehmend, und immer mehr Menschen liefen Gefahr, an Hunger zu sterben. Der Gazastreifen hänge am seidenen Faden. Um eine Katastrophe zu verhindern, müssten die Hilfsströme in den Norden des Küstenstreifens ausgeweitet werden. (dpa)

Mehrere Resolutionen im UN-Sicherheitsrat

Die USA bringen einen neuen Resolutionsentwurf in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ein, der auf eine „schnellstmögliche vorübergehende Waffenruhe im Gazastreifen“ abzielt. Der Entwurf stellt fest, dass „unter den gegenwärtigen Umständen eine größere Bodenoffensive in Rafah zu weiterem Schaden für die Zivilbevölkerung und zu ihrer weiteren Vertreibung, möglicherweise auch in Nachbarländer, führen würde. Eine solche Bodenoffensive sollte daher unter den gegenwärtigen Umständen nicht durchgeführt werden“, heißt es in dem Papier, das den Nachrichtenagenturen Reuters vorliegt. Wann und ob über den Resolutionsentwurf abgestimmt wird, ist noch unklar.

Die USA hatten den Text eingebracht, nachdem Algerien den 15-köpfigen Rat aufgefordert hatte, am Dienstag über seinen Entwurf abzustimmen, der einen sofortigen humanitären Waffenstillstand im Krieg zwischen Israel und der Hamas fordert. Gegen diese Resolution hatte die US-Regierung ein Veto angekündigt – eigenen Angaben zufolge, um die Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation Hamas nicht zu gefährden. In diesem Fall müssten die USA „die Verantwortung für alles übernehmen, was danach passiert“, sagte ein Diplomat. „Wenn Rafah passiert, gibt es kein Zurück.“

Benny Gantz, Minister in Israels Kriegskabinett, hatte am Sonntag deutlich gemacht: „Die Welt muss wissen, und die Hamas-Führer müssen wissen, dass die Kämpfe weitergehen und sich auf Rafah ausweiten werden, wenn unsere Geiseln bis zum Ramadan nicht zu Hause sind.“ Ob die internationalen Vermittler bis zum Beginn des muslimischen Fastenmonats am 10. März eine Feuerpause und die Freilassung von Geiseln aushandeln können, ist jedoch ungewiss. (dpa/rtr)

EU-Außenminister fordern sofortige Feuerpause

Deutschland und 25 andere EU-Staaten fordern eine sofortige humanitäre Feuerpause. Diese soll zu einem nachhaltigen Waffenstillstand, zur bedingungslosen Freilassung der Geiseln und zur Bereitstellung von humanitärer Hilfe führen, wie aus einer am Montagabend nach einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel veröffentlichten Erklärung hervorgeht.

Als Hintergrund der Forderung wird auch die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs vom 26. Januar genannt, mit der Israel völkerrechtlich verbindlich aufgetragen wurde, alles zu tun, um einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern. Die Außenministerinnen und Außenminister riefen Israel außerdem auf, in Rafah keine militärischen Maßnahmen zu ergreifen, die die bereits katastrophale humanitäre Lage verschlimmern und die dringend benötigte Bereitstellung einer Grundversorgung und humanitärer Hilfe verhindern würden. Das einzige Land, das den gemeinsamen Appell nicht unterstützen wollte, war Ungarn, wie die Deutsche Presse-Agentur von mehreren Diplomaten erfuhr. (dpa)

Bericht: Bidens Nahost-Koordinator reist nach Israel

Der Nahost-Koordinator von US-Präsident Joe Biden, Brett McGurk, werde in dieser Woche in Israel und Ägypten erwartet, um Gespräche über die mögliche israelische Militäroperation in Rafah und die Bemühungen um die Freilassung von Geiseln in der Gewalt der Hamas zu führen, berichtete Axios in der Nacht zum Dienstag unter Berufung auf drei israelische und US-amerikanische Beamte.

US-Präsident Joe Biden hatte Israel zuvor mit deutlichen Worten gewarnt, eine Militäroperation in Rafah dürfe „nicht ohne einen glaubwürdigen und durchführbaren Plan zur Gewährleistung der Sicherheit und Unterstützung der Zivilbevölkerung in Rafah stattfinden“. Es müsse „einen vorübergehenden Waffenstillstand“ geben, um die Geiseln zu befreien. Er erwarte, „dass die Israelis in der Zwischenzeit keine massive Bodenoffensive durchführen werden“. (dpa)

Netanjahu: Kontrolle über palästinensische Gebiete bleibt

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat am Wochenende betont, man werde sich dem internationalen Druck nicht beugen: „Wer uns an dem Einsatz in Rafah hindern will, sagt uns letztlich ‚Verliert den Krieg‘“, so Netanjahu.

Auch in Bezug auf die Frage nach einer Zweistaatenlösung nach Ende des Krieges betonte der Rechtspolitiker am Montagabend in einer Videobotschaft seine harte Haltung: Auch im Falle einer Einigung mit den Palästinensern beanspruche Israel die umfassende militärische Kontrolle über alle palästinensischen Gebiete. „In jedem Fall, mit oder ohne dauerhafte Lösung: Israel wird die vollständige Sicherheitskontrolle über alle Gebiete westlich des Jordans beibehalten“, sagte Netanjahu. Dies schließe „selbstverständlich“ das Westjordanland und den Gazastreifen ein. „Jeder weiß, dass ich es war, der seit Jahrzehnten die Gründung eines palästinensischen Staates, der unsere Existenz bedrohen würde, blockiert hat“, sagte Netanjahu.

Die USA als Israels Verbündeter machen sich zunehmend für die Zweistaatenlösung stark, die ein friedliches Nebeneinander von Israel und einem künftigen palästinensischen Staat vorsieht. Dieser soll sich weitgehend auf den von Israel seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten erstrecken, also das Westjordanland, Ostjerusalem und den Gazastreifen. (dpa)

UN-Organisationen alarmiert über Lage der Kinder in Gaza

Mehrere UN-Organisationen haben wegen der Lage der Kinder im Gazastreifen Alarm geschlagen. Der Mangel an Lebensmitteln, die zunehmende Unterernährung und die rasche Ausbreitung von Krankheiten könnten zu einem massiven Anstieg der Todesfälle führen, teilten die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das UN-Kinderhilfswerk Unicef und das Welternährungsprogramms (WFP) am Montag mit.

„Der Gazastreifen steht kurz vor einer Explosion vermeidbarer Todesfälle bei Kindern, die das ohnehin schon unerträgliche Ausmaß der Kindersterblichkeit im Gazastreifen noch verschlimmern würde“, erklärte der Unicef-Vertreter Ted Chaiban.

Zwanzig Wochen nach Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen seien Lebensmittel und sauberes Wasser in dem Palästinensergebiet „unglaublich knapp“ geworden, erklärten die UN-Organisationen. Mindestens 90 Prozent der Kinder unter fünf Jahren litten an einer oder mehreren Infektionskrankheiten.

„Hunger und Krankheit sind eine tödliche Kombination“, erklärte der WHO-Nothilfekoordinator Mike Ryan. „Hungrige, geschwächte und zutiefst traumatisierte Kinder werden eher krank, und kranke Kinder, insbesondere mit Durchfall, können Nährstoffe nicht gut aufnehmen“, sagte er. „Das ist gefährlich und tragisch und passiert vor unseren Augen.“ (afp)

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