+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Wird Edward Snowden Russe?

Putin bietet dem Whistleblower Snowden die russische Staatsbürgerschaft an. Die USA drohen mit „katastrophalen Konsequenzen“ bei Atomwaffeneinsatz.

Edward Snowden auf Buchcover

Im Jahr 2019 veröffentlichte der Whistleblower Edward Snowden das Buch „Permanent Record“ Foto: Jörg Carstensen/dpa

Putin bietet Snowden russische Staatsbürgerschaft an

Der russische Präsident Wladimir Putin hat dem US-Whistleblower Edward Snowden die russische Staatsbürgerschaft verliehen. Das ging aus einem von Putin am Montag unterzeichneten Dekret hervor. Der 39-Jährige war ins russische Exil geflüchtet, nachdem er 2013 die massenhafte Speicherung und Auswertung von Telefon- und Internetdaten des US-Nachrichtendienstes NSA publik gemacht hatte. Die USA fordern seine Auslieferung. (rtr)

Kreml-Sprecher räumt „Fehler“ bei Teilmobilmachung ein

Eine Gruppe von etwa zehn Männern in Zivilkleidung, teils mit Reisetaschen in der Hand, läuft an einem Gebäude vorbei. Laut Bildbeschreibung ein Rekrutierungszentrum in Wolgograd.

Rekruten in Wolgograd: Der Kreml spricht jetzt über „Fehler“ bei der Teilmobilisierung Foto: ap

Der Kreml hat am Montag „Fehler“ bei der russischen Teilmobilmachung für den Einsatz in der Ukraine eingeräumt. „In der Tat gab es Fälle, in denen gegen das Dekret verstoßen wurde“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag vor Reportern. „In einigen Regionen arbeiten die Gouverneure aktiv daran, die Situation zu berichtigen.“ Auf die Frage nach Grenzschließungen angesichts von Protesten und der Ausreise zahlreicher Russen im kampffähigen Alter sagte er, dass bisher „keine Entscheidung“ dazu getroffen worden sei.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte in der vergangenen Woche die Teilmobilmachung von Reservisten für den Konflikt in der Ukraine bekannt gegeben. Die Behörden versicherten, dass die Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten sich nur auf Menschen mit militärischer Erfahrung oder speziellen Fähigkeiten bezöge. Aber in vielen Fällen waren auch ältere Menschen, Kranke, Männer ohne Erfahrung sowie Studenten eingezogen worden.

Die Anzahl der Verstöße gegen das Dekret nehme ab, führte Peskow aus. „Wir hoffen, dass sich dies beschleunigt und dass alle Fehler korrigiert werden.“

Die Teilmobilmachung hat Proteste im ganzen Land sowie einen Ansturm russischer Männer auf die Grenzen zu Nachbarländern ausgelöst. Auf Nachfrage von Journalisten sagte Peskow, dass entgegen anderslautender Gerüchte keine Entscheidung getroffen worden sei, Russlands Außengrenzen abzuriegeln und Kriegsrecht in einigen Grenzregionen einzuführen. „Ich weiß davon nichts. Bisher sind keine Entscheidungen getroffen worden“, erklärte er. (afp)

Selenski: Weitere Massengräber in Isjum

In der zurückeroberten Stadt Isjum im Osten der Ukraine sind nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Selenski zwei weitere Massengräber gefunden worden. Es gehe um „große Gräber mit Hunderten von Menschen“, sagt Selenski in einem am Sonntagabend veröffentlichten Interview mit CBS. (rtr)

USA drohen Russland bei Atomwaffeneinsatz mit heftigen Konsequenzen

Die USA haben Russland für den Fall eines Atomwaffeneinsatzes in der Ukraine mit „katastrophalen Konsequenzen“ gedroht. Wenn Russland zu Atomwaffen greife, würden die USA entschlossen darauf antworten, sagte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, am Sonntag dem Sender NBC. (ap)

UK-Verteidigungsministerium: Russische Soldaten schlecht ausgebildet

Das britische Verteidigungsministerium teilte am Montag seine Einschätzung mit, dass Russland dessen neu eingezogene Soldaten für den Krieg in der Ukraine schlecht ausbilde. Zehntausende Russen seien für den Militärdienst einbestellt worden. Die ersten der mobilisierten Truppen seien auf Militärstützpunkten eingetroffen. Im Gegensatz zu westlichen Ländern gebe Russland seinen Soldaten eine einfache Ausbildung in den Einheiten, in denen diese aktiv werden sollten, und nicht in geeigneten Ausbildungseinrichtungen, teilte das britische Verteidigungsministerium mit. (ap)

Russische Drohnen beschießen Militärziele bei Odessa

Nach Angaben des ukrainischen Militärs haben russische Truppen militärische Ziele in der Region Odessa mit zwei Drohnen beschossen. Ein Großbrand sei ausgebrochen, Munition sei explodiert, teilt das Kommando Süd der ukrainischen Streitkräfte per Kurznachrichtendienst Telegram mit. Bislang gebe es keine Informationen über Opfer, die Zivilbevölkerung sei in Sicherheit gebracht worden. (rtr)

Russische Scheinreferenden gehen trotz ukrainischem Beschuss weiter

In den von Moskau besetzten Gebieten im Osten und Süden der Ukraine ziehen die Besatzer die Scheinreferenden über einen Beitritt der Regionen zu Russland trotz Beschuss weiter durch. Nach Angaben der Besatzungsbehörden starben etwa im Gebiet Cherson zwei Menschen in einem Hotel bei einem ukrainischen Raketenangriff.

Die international als Bruch des Völkerrechts kritisierten Abstimmungen sind auch in den Gebieten Saporischschja, Donezk und Luhansk noch bis Dienstag angesetzt. Putin hatte betont, dass Moskau Attacken der Ukraine auf die Gebiete dann künftig wie Angriffe auf sein eigenes Staatsgebiet behandeln und sich mit allen Mitteln verteidigen werde. Der Westen bereitet neue Sanktionen vor als Reaktion auf die Annexion. (dpa)

Ein Militärfahrzeug fährt vor einem Wahlplakat, auf dem "Mit Russland für immer" steht

Auf diesem Wahlplakat zum Scheinreferendum in Luhansk steht: „Mit Russland für immer“ Foto: ap

Gesetzesentwurf zur Eingliederung am Donnerstag möglich

Das russische Parlament könnte bereits am Donnerstag über Gesetzesentwürfe zur Eingliederung der Gebiete Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja beraten. Dies berichten russische Nachrichtenagenturen mit Bezug auf ungenannte Quellen. Der staatlichen Nachrichtenagentur RIANovosti zufolge könnte Putin am Freitag vor dem Parlament sprechen. Der Gouverneur der Region Luhansk Serhi Haidai sagte indessen in einem Online-Interview, von Russland unterstützte Beamte gingen in der Region mit Wahlurnen von Tür zu Tür. Namen der Einwohner, die nicht korrekt abstimmten, würden notiert. (rtr)

Selenski: Teilmobilmachung betrifft vor allem Minderheiten

Die von Kremlchef Wladimir Putin in Russland angeordnete Teilmobilmachung trifft laut dem ukrainischen Präsidenten Selenski ethnische Minderheiten besonders hart. „Wir sehen, dass Menschen, besonders in Dagestan, angefangen haben, um ihr Leben zu kämpfen“, sagte Selenski in seiner Videoansprache in der Nacht zum Montag. Er bezog sich dabei auf heftige Proteste, die Stunden zuvor in der muslimisch geprägten russischen Teilrepublik Dagestan im Kaukasus ausgebrochen waren.

Bei einem Protest gegen die Mobilmachung von Reservisten waren Polizisten dort am Sonntag Angaben von Bürgerrechtlern zufolge sogar mit Warnschüssen gegen Demonstranten vorgegangen. Russlandweit wurden am Wochenende bei Anti-Kriegs-Protesten in über 30 russischen Städten mehr als 780 Menschen festgenommen, wie die unabhängige Organisation OVD-Info berichtete.

Angesichts jüngster Niederlagen seiner Armee hatte Kremlchef Putin am vergangenen Mittwoch angeordnet, nun auch Reservisten zum Kampf in der Ukraine zu verpflichten. (dpa)

Bürgerrechtler: Warnschüsse bei Anti-Kriegs-Protest in Russland

Im Dorf Endirej in Dagestan blockierten Anwohner eine Straße, um so die von Putin angeordnete Teilmobilisierung zu behindern, wie die Bürgerrechtler mitteilten. Auf Videos ist zu sehen, wie Polizisten Gewehre in die Luft richten, dann sind Schüsse zu hören. Laut dagestanischen Medien war der Protest eine Reaktion darauf, dass aus dem Dorf 110 Männer in den Krieg gegen die Ukraine gezwungen wurden. Auch in Dagestans Hauptstadt Machatschkala gab es größere Proteste.

Dagestan gehört zu den Regionen Russlands, aus denen Beobachtern zufolge besonders viele Männer eingezogen werden. Aktivisten beklagen, dass Angehörige ethnischer Minderheiten besonders stark von der Mobilmachung betroffen sind und sprechen deshalb teils sogar von „ethnischen Säuberungen“. Auch in den Regionen Jakutien und Burjatien in Sibirien sind die Anti-Mobilisierungs-Proteste besonders groß. (dpa)

Berlin will keine EU-Bürger mehr an Spitze russischer Staatskonzerne

EU-Bürger sollen nach dem Willen der Bundesregierung keine Spitzenposten in russischen Staatskonzernen mehr bekleiden dürfen. Das geht aus einem Vorschlag aus Berlin für neue Sanktionen gegen Russland hervor, der der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt. Hintergrund dürfte vor allem der Fall von Ex-Kanzler Gerhard Schröder sein, der jahrelang Aufsichtsratschef des russischen Ölkonzerns Rosneft war. Zunächst hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet. (dpa)

Bürgermeister Melitopols fürchtet Zwangsrekrutierung

Der Bürgermeister der von Russland besetzten Stadt Melitopol im Südosten der Ukraine, Iwan Fedorow, befürchtet, dass auch Ukrainer in diesen Regionen für den russischen Kriegsdienst rekrutiert werden. „Sie werden die Männer dazu zwingen, in ihren Streitkräften zu kämpfen“, sagte Fedorow den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Männer zwischen 18 und 63 dürften seine Stadt Melitopol nicht verlassen, sagte Fedorow. Dies sei ein großes Problem. „Wir haben unseren Männern geraten, Melitopol Richtung Krim zu verlassen und von dort nach Georgien oder in die Europäische Union zu reisen. Aber jetzt sind die Stadt und die Dörfer in der Region abgeriegelt“, sagte der Bürgermeister. Russland erlaube keine Fahrten zwischen den Städten und den Dörfern.

„Sie werden unsere Männer einziehen und als Kanonenfutter missbrauchen. Sie werden alle Männer mobilisieren, egal welchen Alters“, sagte der Bürgermeister. Er hob hervor, dass ein vergleichbares Vorgehen der russischen Besatzungstruppen bereits in den Regionen Donezk und Luhansk zu beobachten sei. Die Männer dort hätten „keine Chance, nein zu sagen“, sagte er. (afp)

Selenski berichtet über „positive Ergebnisse“ bei Kämpfen

Der ukrainische Präsident Selenski berichtet von „positiven Ergebnissen“ bei einigen der schweren Kämpfe gegen Russland. Diese fänden an verschiedenen Stellen der Frontlinie statt, erklärt Selenski in seiner abendlichen Videoansprache. Eine russische Stellungnahme erfolgte bisher nicht. (rtr)

Ukraine erhält Flugabwehrsysteme von USA

Die Ukraine hat nach Darstellung von Präsident Selenski von den USA fortschrittliche Flugabwehrsysteme enthalten. Seine Aussage in einer englischen Fassung eines Interviews ist die erste Bestätigung, dass das National Advanced Surface-to-Air Missile System (NASAMS) die Ukraine erreicht hat. Die Regierung in Washington genehmigte deren Lieferung im vergangenen Monat. (rtr)

Slowakei gegen generelle Aufnahme russischer Kriegsdienstverweigerer

Während Deutschland darüber noch diskutiert, hat das Ukraine-Nachbarland Slowakei die generelle Aufnahme russischer Kriegsdienstverweigerer abgelehnt. „Die Slowakei beurteilt jeden Einzelfall individuell“, erklärte Außenamtssprecher Juraj Tomaga am Sonntag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die Slowakei vergebe zwar grundsätzlich Visa aus humanitären Gründen, es gebe aber keine eindeutige Regel. (dpa)

🐾 Russische Kriegsflüchtlinge: Lieber ins Exil als an die Front

Jeder Mann, der Russland verlässt, ist ein Soldat weniger im Krieg gegen die Ukraine. Europa muss sich für die Kriegsdienstverweigerer starkmachen, schreibt Fjodor Krascheninnikow in der taz.

Freigelassener Brite berichtet über Folter in russischer Gefangenschaft

Ein durch einen Gefangenenaustausch im Ukraine-Krieg freigekommener Brite hat in einem Interview von Folter in russischer Gefangenschaft berichtet. Er sei während Verhören wiederholt mit einem Schlagstock geprügelt und gezwungen worden, die russische Nationalhymne zu singen, sagte Aiden Aslin der britischen Zeitung The Sun. Aslin ist einer von fünf Briten, die am Mittwoch aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Riad ausgeflogen wurden.

Der 28-Jährige aus dem zentralenglischen Nottinghamshire lebte zu Beginn des Krieges in der Ukraine und diente im dortigen Militär. Er wurde bei Kämpfen um Kiew gefangen genommen und im Juni von prorussischen Separatisten in Donezk als Söldner zum Tode verurteilt.

Aslin erzählte, während eines Verhörs gegen die Stirn geschlagen worden und dann zu Boden gefallen zu sein. Ein Offizier habe sich neben ihn gekniet und auf Russisch gesagt: „Ich bin dein Tod.“ Der Mann habe dann auf Aslins Rücken gezeigt. „Er zeigte mir sein Messer und mir wurde klar, dass er damit zugestochen hatte“, sagte der 28-Jährige, der mehrere Narben auf seinem Rücken zeigte.

Aslin sagte, er sei in einer Einzelzelle mit Läusen, Kakerlaken und ohne Tageslicht eingesperrt gewesen und „schlimmer als ein Hund behandelt“ worden. Die Zeitung schrieb, seine Bewacher hätten „die russische Nationalhymne in Dauerschleife gespielt“ und ihn unter Androhung weiterer Schläge gezwungen, aufzustehen und mitzusingen.

Aslin wurde im Zuge eines Häftlingsaustauschs zwischen Russland und der Ukraine befreit. Die Gefangenen aus Russland wurden nach Saudi-Arabien überstellt. Die Ukraine hatte Russland bereits kurz nach dem Austausch Folter vorgeworfen. (ap)

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