+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russischer Angriff in Charkiw

31 Menschen wurden bei einem Angriff in der Region um Charkiw verletzt, darunter 9 Kinder. Zuvor hat die russische Luftabwehr offenbar erneut Drohnen über Moskau unschädlich gemacht.

Zwei ausgebrannte Autos stehen vor Plattenbauten

Bei dem russischen Angriff auf Perwomanjskyi wurden 31 Personen verletzt Foto: reuters

Angriff in der Stadt Perwomajskyj

Durch einen russischen Angriff auf die ukrainische Region Charkiw sind nach Angaben der Regierung in Kiew mindestens 31 Menschen verletzt worden, darunter neun Kinder. Wie die ukrainische Präsidentschaft am Dienstag mitteilte, ereignete sich der Angriff in der Stadt Perwomajskyj im Osten des Landes. Stabschef Andrij Jermak schrieb im Online-Dienst Telegram: „31 Menschen wurden ins Krankenhaus eingeliefert“; unter den Opfern seien neun Kinder, davon zwei Babys. (afp)

Russland wirft Kyjiw neuen Drohnenangriff auf Moskau vor

Russland hat nach Angaben der Behörden erneut einen ukrainischen Drohnenangriff auf Moskau und die umliegende Region abgewehrt. Mindestens fünf Drohnen seien abgefangen worden, teilte das Verteidigungsministerium am Dienstag mit. Es habe keine Opfer und Schäden gegeben. Ziel des Angriffs seien der Moskauer Flughafen Wnukowo und andere zivile Infrastruktur gewesen, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa. Sie bezeichnet dies als „einen weiteren terroristischen Akt“. Der Flugverkehr auf dem Flughafen Wnukowo wurde den Angaben zufolge zeitweise unterbrochen: Starts und Landungen wurden am Morgen mehrere Stunden lang eingeschränkt, bevor der normale Betrieb auf einem der wichtigsten Flughäfen der Hauptstadt wieder aufgenommen wurde. Eine Reihe von Flügen wurde demnach beim Anflug auf andere Flughäfen umgeleitet.

Zwei Drohnen wurden nur 30 Kilometer südwestlich des Kremls abgefangen, wie russische Nachrichtenagenturen berichteten. Eine Drohne wurde demnach in der Nähe der Stadt Kubinka, etwa 63 Kilometer westlich von Moskau, abgeschossen, meldete die Agentur RIA. In der Nähe befindet sich ein Luftwaffenstützpunkt. Eine Drohne wurde auch in der benachbarten Region Kaluga abgefangen.

Der Versuch der Kyjwer Führung, ein Gebiet anzugreifen, in dem sich zivile Infrastruktur wie der Flughafen befinde, der auch aus dem Ausland angeflogen werde, sei „ein weiterer terroristischer Akt“, sagte Außenamtssprecherin Sacharowa. „Die internationale Gemeinschaft sollte erkennen, dass die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich – ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates – ein terroristisches Regime finanzieren“, sagte sie. Von der Ukraine lag zunächst keine Stellungnahme vor. Die Führung in Kyjiw äußert sich selten öffentlich zu Angriffen innerhalb Russlands oder auf russisch besetztes Gebiet in der Ukraine.

Bereits im vergangenen Mai wurden Drohnenangriffe auf Moskau gemeldet. (rtr/taz)

Selenski fordert „Rettung“ von inhaftiertem Saakaschwili

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die Südkaukasusrepublik Georgien erneut mit Nachdruck zur Rettung ihres in Haft erkrankten Ex-Staatschefs Michail Saakaschwili aufgefordert. Der 55-Jährige, der ukrainischer Staatsbürger sei, solle der Ukraine für die nötige Behandlung und Pflege übergeben werden, sagte Selenski in seiner am Montagabend in Kyjiw verbreiteten täglichen Videobotschaft. Er rief die internationale Gemeinschaft auf, die Lage nicht zu ignorieren, sondern „diesen Mann zu retten“. „Keine Regierung in Europa hat das Recht, Menschen zu exekutieren, Leben ist ein grundlegender europäischer Wert.“

Selenski hatte immer wieder behauptet, dass Saakaschwili in georgischer Haft „langsam getötet“ werde. Er sprach auch schon von einer „Schande“ und „de facto öffentlichen Hinrichtung einer Person im Europa des 21. Jahrhunderts“. Diesmal wies er Außenminister Dmytro Kuleba an, dem georgischen Botschafter in der Ukraine den Protest der ukrainischen Regierung auszusprechen und ihm die Ausreise nahezulegen, damit der Diplomat in Tiflis Gespräche führen könne.

Saakaschwili, der viel Gewicht verloren hat, war zuvor zu einer Gerichtsverhandlung per Video aus dem Krankenhaus zugeschaltet worden. Die Bilder von dem abgemagerten Politiker wurden in sozialen Netzwerken geteilt. Sein Bruder David Saakaschwili sagte, der Ex-Präsident verliere weiter Gewicht. Ihm drohe der Tod. Er meinte auch, sein Bruder könnte vergiftet worden sein. Die Familie bittet seit langem um Behandlung. Es gab keine Bestätigung der Behörden, dass sein Zustand lebensbedrohlich ist oder die Vorwürfe wahr sind.

Der Ex-Präsident kehrte trotz Haftbefehls 2021 nach Georgien zurück und wurde festgenommen. Saakaschwili wirft dem auch in die EU strebenden Land vor, sich in Kriegszeiten nicht klar genug an die Seite der Ukraine zu stellen. Georgien, das unter Saakaschwili massiv von den USA unterstützt worden war, verlor 2008 einen kurzen Krieg gegen Russland und dabei auch die Kontrolle über seine abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien. Das Land trägt zum Ärger Selenskis etwa die Sanktionen des Westens gegen Moskau nicht mit.

Saakaschwili war von 2004 bis 2013 Präsident der an Russland grenzenden ehemaligen Sowjetrepublik Georgien. Er setzte prowestliche Reformen durch. Nach seiner Abwahl wurde er in Abwesenheit wegen Korruption und Anstiftung zur Körperverletzung zu Haft verurteilt. (dpa)

Kyjiw setzt Unilever auf Liste der „Kriegssponsoren“

Die Ukraine hat den britischen Konsumgüterkonzern Unilever auf ihre Liste der „internationalen Kriegssponsoren“ gesetzt und dies mit dessen anhaltender Tätigkeit in Russland begründet. Grund der Entscheidung der Nationalen Agentur für Korruptionsbekämpfung seien die Präsenz des Unternehmens in der Russischen Föderation und seine „hohen Steuerzahlungen“ an den russischen Staat. Dadurch unterstütze Unilever die „Wirtschaft des Aggressors“ und die „Fortführung des russischen Krieges gegen die Ukraine“, hieß es weiter.

Unilever erklärte daraufhin, es stehe weiter hinter einer im Februar abgegebenen Erklärung, in der das Unternehmen den Krieg in der Ukraine als „brutalen“ und „sinnlosen“ Akt des russischen Staats verurteilt hatte. Unilever habe Ein- und Ausfuhren eingestellt, liefere jedoch „in Russland hergestellte Lebensmittel und Hygieneartikel (…) an die Menschen im Land“, hieß es weiter.

Zu den bekannten Marken aus dem Hause Unilever zählen Kosmetikartikel von Dove, das Speiseeis Magnum oder Cif-Reinigungsmittel.

In London demonstrierten am Montag ukrainische und britische Aktivisten vor dem Unilever-Hauptsitz. Auf einem dort angebrachten Plakat war eine Werbung für Dove zu sehen, die statt Models verwundete ukrainische Soldaten zeigte.

Unilever erwirtschaftete Unternehmenszahlen zufolge im Jahr 2022 zwei Prozent seines Nettogewinns mit Aktivitäten in Russland. Demnach zahlte das Unternehmen im Land Steuern in Höhe von umgerechnet rund 303 Millionen Euro. (afp)

Erdoğan wirft Schweden Ablenkungsmanöver vor

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat sich erneut unzufrieden mit der Innenpolitik des Nato-Betrittsbewerbers Schweden gegenüber Kurden und Islamkritikern gezeigt. Die Türkei fordere einen entschlossenen Kampf gegen Terror-Gruppen und Islamophobie, sagte Erdoğan am Montag nach einer Kabinettssitzung. Das sei ihre Rote Linie. „Jeder muss akzeptieren, dass die Freundschaft der Türkei nicht durch die Unterstützung des Terrorismus oder durch die Schaffung von Raum für Terroristen gewonnen werden kann“, sagte er.

Schweden hatte nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zusammen mit Finnland den Beitritt zur Nato beantragt. Dieser muss von allen aktuellen Mitgliedern ratifiziert werden. Die Türkei verzögert ihre Zustimmung und verweist auf ein Memorandum vom Sommer vergangenen Jahres, in dem Finnland und Schweden zugesagt hatten, türkischen Sicherheitsbedenken Rechnung zu tragen. Dem Beitritt Finnlands hat sie inzwischen zugestimmt. Im Fall Schwedens ziert sie sich ebenso wie Ungarn weiter.

„Wir raten ihnen, sich selbst zu hinterfragen und ihre Hausaufgaben besser zu machen“, sagte Erdoğan an die Adresse Schwedens. „Wir glauben, dass die Einhaltung der Versprechen eine vernünftigere und nützlichere Methode ist, als die Zeit mit Ablenkungsmanövern zu verschwenden.“

Erdoğan kritisierte erneut, dass die schwedische Polizei unter Hinweis auf ein Gerichtsurteil zum Schutz der Meinungsfreiheit nicht eingeschritten war, als ein Mann vor einer Moschee in Stockholm eine Koranausgabe verbrannte. „Diese perverse Missachtung der Gefühle von zwei Milliarden Muslimen kann nicht mit den grundlegendsten menschlichen Werten vereinbar sein, schon gar nicht mit der Gedankenfreiheit“, urteilte er.

Die Nato hofft, Schweden bei ihrem Gipfel kommende Woche in Litauen als neues Mitglied begrüßen zu können. Generalsekretär Jens Stoltenberg hat für Donnerstag ein Spitzentreffen von Vertretern der Türkei, Schwedens und Finnlands anberaumt, um die türkischen Einwände beizulegen.

Am Montag demonstrierten in der litauischen Hauptstadt einige Tausend im Vorfeld des Nato-Gipfels gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin (ap/taz)

Stoltenbergs Amtszeit wird am Dienstag verlängert

Die Amtszeit von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wird nach Informationen von Diplomaten verlängert. Am Dienstag dürften sich die Nato-Mitgliedsländer bei einem Treffen offiziell darauf verständigen, sagen vier Diplomaten. Damit dürfte der 64-jährige Stoltenberg ein weiteres Jahr auf seinem Posten bleiben. Die Nato-Staaten haben sich bisher nicht auf einen Nachfolger einigen können, weshalb die Bitte an Stoltenberg im Raum steht, weiterzumachen. Stoltenbergs Amtszeit wurde bereits einmal verlängert. Er wollte Chef der norwegischen Zentralbank werden. Im Juni hatte Stoltenberg gesagt, dass er nicht die Absicht habe, sein Mandat als Nato-Generalsekretär zu verlängern. (rtr)

Getreidedeal: EU-Staaten erwägen Zugeständnis an Russland

Um Russland zur Verlängerung des Getreideabkommens mit der Ukraine zu bewegen, wird in der EU über mögliche Zugeständnisse nachgedacht. Idee ist es nach Angaben von Diplomaten, der russischen Landwirtschaftsbank (Russian Agricultural Bank) anzubieten, eine Umgehung von EU-Sanktionen zu tolerieren. Diese könnte demnach eine Tochtergesellschaft gründen, um für die Abwicklung bestimmter Zahlungen wieder das internationale Finanzkommunikationsnetzwerk Swift nutzen zu können. Der Bank selbst ist dies derzeit wegen Sanktionen wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine nicht erlaubt.

Hintergrund der Überlegungen sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur Drohungen Russlands, das Abkommen zum Export ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer Mitte des Monats auslaufen zu lassen. Die Regierung begründet sie mit angeblichen Beschränkungen für russische Agrar- und Düngemittel-Exporte, deren Lockerung sie im Gegenzug für die Ausfuhr ukrainischen Getreides erwartet. In diesem Zusammenhang fordert Moskau konkret auch ein Ende der Sanktionen gegen seine staatliche Landwirtschaftsbank, um Zahlungen einfacher abwickeln zu können.

Russland hatte nach dem Überfall auf die Ukraine im Februar vergangenen Jahres die Getreideexporte des Nachbarlandes monatelang blockiert. Im Sommer 2022 wurde dann unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei ein Abkommen zwischen den beiden Kriegsparteien geschlossen, infolgedessen wieder ukrainisches Getreide verschifft wurde. Zuletzt wurde es Mitte Mai für weitere zwei Monate verlängert – verbunden mit der Forderung Moskaus, die eigenen Exporte nun auch zu erleichtern.

Dass die EU die Sanktionen gegen die Landwirtschaftsbank nicht einfach aufhebt, hat nach Angaben von Diplomaten vom Montag damit zu tun, dass es dafür vermutlich nicht den erforderlichen Konsens unter den Mitgliedstaaten geben würde. Einer neuen Tochtergesellschaft die Nutzung von Swift zu erlauben, könnten Gegner eines solchen Schritts allerdings wohl nicht verhindern. Befürworter der Maßnahme verweisen darauf, dass die Getreideexporte nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Empfängerstaaten in Afrika und Asien sehr wichtig sind. Zudem muss aus ihrer Sicht verhindert werden, dass Russland die Schuld am einem möglichen Scheitern des Abkommens dem Westen in die Schuhe schieben kann. (dpa)

Scholz telefoniert mit Selenski

In einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) die politische, militärische und humanitäre Lage in der Ukraine erörtert. Selenski habe in dem Gespräch am Mittwoch der Bundesregierung für die militärische Unterstützung im Abwehrkampf gegen die russische Invasion gedankt, insbesondere zur Stärkung der Luftverteidigung und Artillerie, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Der Kanzler bekräftigte demnach „die fortwährende und unverbrüchliche Solidarität“ mit der Ukraine. Deutschland werde die Unterstützung, auch im militärischen Bereich, in enger Abstimmung mit europäischen und internationalen Partnern fortführen.

Der Bundeskanzler und der ukrainische Präsident vereinbarten nach Angaben des Sprechers überdies, „ihren konstruktiven Austausch auch mit Blick auf die globale Unterstützung für eine Friedenslösung fortzuführen und weiter eng in Kontakt zu bleiben“.

Scholz und Selenski riefen zudem zur Verlängerung des Getreideabkommens unter der Ägide der Vereinten Nationen über den 17. Juli hinaus auf, weil es dazu beitrage, die globale Versorgung mit Lebensmitteln zu verbessern.

Das Abkommen wurde im vergangenen Sommer geschlossen und beendete eine mehrmonatige russische Seeblockade ukrainischer Schwarzmeerhäfen, die Moskau nach Beginn seines Angriffskriegs gegen den Nachbarstaat verhängt hatte. Russland forderte im Gegenzug die Lockerung der westlichen Sanktionen, die russische Agar- und Düngemittelexporte behinderten. Moskau beklagte seither mehrfach, dass diese Forderung nicht umgesetzt wurde. (dpa)

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