+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Baerbock widerspricht Papst

Außenministerin Baerbock und Kanzler Scholz haben kein Verständnis für die Aussagen des Papstes. Auch Selenskyj weist den Appell des Pontifex zurück.

Außenministerin Baerbock bei einer Pressekonferenz.

Außenministerin Annalena Baerbock Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Baerbock hat kein Verständnis für Papst-Aussagen

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußert Unverständnis über Aussagen von Papst Franziskus zum Krieg in der Ukraine. „Ich verstehe es nicht“, sagte Baerbock am Sonntagabend in der Sendung „Caren Miosga“. Die Grünen-Politikerin berichtete vom Verschleppen ukrainischer Schülerinnen nach Russland. „Da frage ich mich: Wo ist da der Papst? Der Papst muss davon wissen“, sagte sie zu den Äußerungen des katholischen Kirchenoberhaupts, der die Ukraine zum Mut für Verhandlungen im Krieg gegen die russischen Angreifer aufgerufen hatte.

Franziskus hatte im Schweizer Fernsehsender „RSI“ von einer Ermutigung zur „weißen Flagge“ gesprochen, was teils als Aufforderung an die Ukraine zur Kapitulation verstanden wurde. Der Direktor des vatikanischen Presseamtes, Matteo Bruni, sagte dem Nachrichtenportal Vatican News, Franziskus wünsche sich vor allem eine „diplomatische Lösung für einen gerechten und dauerhaften Frieden“. An anderer Stelle des Interviews habe er klargemacht, dass eine Verhandlung „niemals eine Kapitulation“ sei.

Baerbock sagte, es müsse alles getan werden für die Menschen in der Ukraine, damit sie sich verteidigen können. Bei Signalen des russischen Regimes zu Gesprächen wäre „die ganze Welt da und würde reden“.

Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der von ihr ins Leben gerufenen Partei BSW, nannte die Kritik an Franziskus „respektlos und vielfach unter der Gürtellinie“. „Wir brauchen endlich einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen statt immer neuer Waffenlieferungen“, sagte Wagenknecht den Zeitungen der Funke Mediengruppe. (epd)

Selenskyj weist Appell des Papstes zurück

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den umstrittenen Appell von Papst Franziskus scharf zurückgewiesen. Die Kirche sei bei den Menschen, sagte Selenskyj am Sonntag in seiner allabendlichen Videoansprache. „Und nicht zweieinhalbtausend Kilometer entfernt, irgendwo, um virtuell zu vermitteln zwischen jemandem, der leben will, und jemandem, der dich vernichten will.“

Selenskyj fuhr fort: „Als das russische Böse am 24. Februar (2022) diesen Krieg begann, standen alle Ukrainer auf, um sich zu verteidigen. Christen, Muslime, Juden – alle.“ Und er danke jedem ukrainischen Geistlichen, der in der Armee, in den Verteidigungsstreitkräften ist.

Der Pontifex hatte mit einem missverständlichen Appell zu Friedensverhandlungen in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine massiven Widerspruch ausgelöst. Die Äußerungen des katholischen Kirchen-Oberhaupts wurden in der Ukraine und bei vielen ihrer Unterstützer als einseitiger Appell allein an Kyjiw verstanden. (dpa)

Europas Waffenimporte fast verdoppelt

Europas Waffenimporte haben sich einer Studie zufolge in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt, was auch auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen ist. Zugleich halbierten sich in diesem Zeitraum die Waffenexporte aus Russland, dem einst weltweit zweitgrößten Waffenexporteur nach den USA, wie aus einem am Montag veröffentlichten Bericht des Internationalen Friedensforschungsinstituts in Stockholm (Sipri) hervorgeht.

Die Waffenlieferungen nach Europa stiegen demnach zwischen 2019 und 2023 im Vergleich zu den fünf vorhergegangenen Jahren um 94 Prozent an, während der weltweite Waffenhandel insgesamt leicht zurückging. Sipri analysiert stets die Trends über einen Fünfjahreszeitraum, da Großaufträge die Zahlen für ein einzelnes Jahr stark beeinträchtigen und den Trend verfälschen können.

Der Anstieg von Importen durch europäische Länder sei „teilweise durch den Krieg in der Ukraine zu erklären“, sagte Sipri-Forscherin Katarina Djokic. Die Ukraine sei in den vergangenen fünf Jahren zum viertgrößten Waffenimporteur der Welt aufgestiegen. Dem Institut zufolge haben seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 mindestens 30 Länder größere Waffen an die Ukraine geliefert.

Aber auch andere europäische Länder haben laut Sipri ihre Importe vergrößert, wobei dabei der Anteil der Lieferungen vom weltweit größten Waffenexporteur USA angestiegen ist. Im Zeitraum 2019–2023 stammen 55 Prozent der Importe in Europa aus den USA, zwischen 2014 und 2018 waren es noch 35 Prozent. Dies liege auch daran, dass die meisten europäischen Staaten Nato-Mitglieder sind sowie Partner der USA bei der Entwicklung von Waffensystemen wie dem F-35-Kampfjet, erklärte Djokic.

Die weltweiten Waffenexporte steigerten die USA im Zeitraum 2019–2023 um 17 Prozent, womit sich ihr Anteil an den weltweiten Waffenexporten auf 42 Prozent erhöhte.

Gleichzeitig verringerten sich die Waffenausfuhren aus Russland in den vergangenen zehn Jahren um 53 Prozent und damit rund die Hälfte. Russland exportierte nicht nur weniger Waffen, sondern hatte auch weniger Abnehmer als zuvor. China, einst einer der größten Abnehmer russischer Waffen, bemüht sich derzeit, seine eigene Produktion zu steigern. Auf China entfielen dem Bericht zufolge aber immer noch 21 Prozent der russischen Exporte, größter Waffenabnehmer Moskaus ist jedoch Indien mit einem Anteil von 34 Prozent. (afp)

Kretschmer stellt sich hinter Papst-Äußerungen

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich hinter Papst Franziskus' an die Ukraine gerichteten Aufruf zu Friedensverhandlungen mit Russland gestellt. „Es ist klar, dass die Ukraine unterstützt werden muss und Russland der Aggressor in diesem Krieg ist“, sagte Kretschmer. „Dennoch müssen wir uns mehr anstrengen, das Sterben im Krieg zu beenden.“

Der CDU-Politiker forderte die europäische Gemeinschaft dazu auf, einen Waffenstillstand anzustreben. „Die Europäer sollten darauf hinwirken, noch vor den US-Wahlen Gespräche über einen Waffenstillstand zu erreichen“, fuhr Kretschmer fort. (afp)

81 russische Kriegsverbrecher verurteilt

Die Ukraine macht nach Justizangaben Fortschritte bei der Ahndung russischer Kriegsverbrechen. Der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin sagte bei einem Besuch in Brüssel, sein Land habe 81 russische Kriegsverbrecher seit Beginn des Angriffskriegs vor gut zwei Jahren verurteilt. Von ihnen hätten 17 persönlich in der Ukraine vor Gericht gestanden und Haftstrafen erhalten.

Der Großteil der russischen Angeklagten sei in Abwesenheit verurteilt worden, sagte Kostin weiter. Für die Angehörigen seien die Urteile dennoch ein wichtiges Zeichen, dass es keine Straflosigkeit gebe. „Russland muss nicht nur auf dem Schlachtfeld besiegt werden, sondern auch im Gerichtssaal“, betonte Kostin. Insgesamt ermittelt die Ukraine nach seinen Worten gegen mehr als 500 Verdächtige.

Kostin warf Russland „eine Wiederholung der Naziverbrechen“ vor. Im Krieg gegen die Ukraine würden gezielt Zivilisten umgebracht und Frauen und Mädchen vergewaltigt. Zudem seien rund 20.000 ukrainische Kinder nach Russland verschleppt worden, von denen lediglich 400 hätten zurückgeholt werden können.

Kostin verwies auf die Unterstützung durch internationale Ermittler bei der schwierigen Suche nach Beweisen für russische Kriegsverbrechen. Dadurch hätten tausende Indizien gesammelt werden können. Der Ukraine-Krieg sei der „am besten dokumentierte Konflikt der Geschichte“, bekräftigte der Generalstaatsanwalt. Er begrüßte die jüngsten Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gegen zwei russische Offiziere wegen mutmaßlicher Verbrechen zwischen Oktober 2022 und März 2023. Dabei handelt es sich um die damaligen Kommandeure der Schwarzmeerflotte und der Langstreckenflieger der Luftstreitkräfte, wie das in Den Haag ansässige Gericht am Dienstag mitgeteilt hatte.

Im vergangenen Jahr hatte das Haager Gericht bereits Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin und seine Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa erlassen. Dabei ging es um den Vorwurf der Kinderverschleppung. (afp)

Polens Präsident für Erhöhung des Nato-Ausgabenziels

Polens Präsident Andrzej Duda fordert eine kräftige Erhöhung des Ziels bei den Nato-Verteidigungsausgaben. Er werde bei seinem bevorstehenden Besuch in den USA vorschlagen, dass die Nato-Mitglieder nicht länger 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), sondern künftig 3 Prozent für Verteidigung ausgeben sollten, kündigt Duda bei einer Sitzung des polnischen Sicherheitsrats an.

Die Nato-Länder sollten gemeinsam entscheiden, dies als Vorgabe des Militärbündnisses festzulegen. Ein Unterschreiten dieser Grenze sollte „absolut nicht empfohlen“ werden. Die Reaktion der Nato auf Russlands Krieg gegen die Ukraine müsse „klar und mutig“ sein. Polen investiert in diesem Jahr etwa 4 Prozent des BIP in seine Streitkräfte. Duda und Ministerpräsident Donald Tusk werden am Dienstag im Weißen Haus empfangen. (rtr)

Vorwurf der Wahl-Einmischung

Der russische Auslandsgeheimdienst wirft den USA vor, dass sie angeblich versuchen, sich in die russischen Präsidentschaftswahl einzumischen. Die US-Regierung habe sogar vor, eine Cyberattacke zu starten, melden amtliche russische Medien unter Berufung auf eine Mitteilung des Auslandsgeheimdienstes. Die Präsidentschaftswahl ist vom 15. bis 17. März angesetzt. Die Wiederwahl von Wladimir Putin gilt als ausgemacht. (rtr)

Scholz „nicht der Meinung des Papstes“

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Äußerung von Papst Franziskus zum Hissen der „weißen Flagge“ im Ukraine-Krieg zurückgewiesen. „Wie Sie sich vorstellen können, ist der Bundeskanzler in dieser Frage nicht der Meinung des Papstes“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. „Richtig ist, dass die Ukraine sich gegen einen Aggressor wehrt.“ Sie bekomme auch viel internationale Unterstützung.

Hebestreit verwies aber auch darauf, dass man die Einordnung eines Vatikan-Sprechers zu den Äußerungen des Papstes zur Kenntnis genommen habe. Der Sprecher Matteo Bruni hatte Darstellungen widersprochen, der Papst habe die Ukraine in einem Interview des Schweizer Fernsehens zur Kapitulation aufgefordert.

Franziskus hatte mit Blick auf den inzwischen mehr als zwei Jahre laufenden Krieg in der Ukraine gesagt: „Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass es nicht gut läuft, muss man den Mut haben, zu verhandeln.“ (dpa)

Schwedische Flagge in Brüssel gehisst

Vor dem Hauptquartier der Nato in Brüssel ist am Montag die Nationalflagge Schwedens gehisst worden. Bei beständigem Regen sahen der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg dabei zu, wie zwei Soldaten die schwedische Flagge neben den anderen Flaggen der Nato-Mitgliedsländer in Position brachten.

Das skandinavische Land hatte am Donnerstag seinen Beitritt als 32. Mitglied des Militärbündnisses vollzogen. Zu dem Schritt hatte sich Stockholm unter dem Eindruck der russischen Invasion in die Ukraine entschieden. Das benachbarte Finnland war der Nato bereits im vergangenen Jahr beigetreten. (ap)

Kreml betont Bereitschaft zu Verhandlungen

Der Kreml hat nach dem umstrittenen Interview von Papst Franziskus zu Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine die Bereitschaft zu Verhandlungen über eine Beendigung des Konflikts betont. Russland verstehe die Äußerungen des Papstes in dem Interview mit dem Schweizer Fernsehen nicht als Aufruf an die Ukraine zur Kapitulation, sondern als Plädoyer für Verhandlungen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Kremlchef Wladimir Putin habe immer wieder davon gesprochen, bereit und offen zu sein für Verhandlungen. „Das ist der bevorzugte Weg“, sagte Peskow.

Kremlsprecher Peskow warf dem Westen und insbesondere Frankreich unterdessen vor, mit der Diskussion um die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine die Spannungen in dem Konflikt weiter anzuheizen. „Das ist eine gefährliche Linie“, sagte Peskow. Russland verfolge das genau. (dpa)

Getreidesilo bei russischem Raketenangriff zerstört

Bei einem russischen Raketenangriff auf die ostukrainische Region Dnipro ist ein großes Getreidesilo nach Angaben des Betreiberunternehmens zerstört worden. Ein 58-jähriger Mitarbeiter sei bei dem Angriff am Samstagabend verletzt worden, teilte der Anlageneigentümer Ukrlandfarming mit. Die Produktionsanlagen seien vollständig zerstört worden. Ukrlandfarming gehört zu den größten Agrarunternehmen der Ukraine. Im Zuge der russischen Invasion hat das Unternehmen nach eigenen Angaben bis Ende 2023 Verluste in Höhe von umgerechnet etwa einer Milliarde US-Dollar erlitten. (rtr)

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