Ex-IM bei der Berliner Zeitung: Keine Politik mehr
Der als Ex-IM enttarnte Redakteur Roland Heine soll auch keine leitende oder kommentierende Tätigkeiten mehr ausüben, empfiehlt der Ehrenrat der "Berliner Zeitung".
Der Ehrenrat der Berliner Zeitung hat seine Empfehlungen zu den Stasi-Verstrickungen weiterer Redakteure verkündet. Wie das Blatt auf seiner Medienseite "in eigener Sache" meldet, schließt das auf Initiative des Redaktionsausschusses ins Leben gerufene Gremium "eine leitende oder auch sonstige Beschäftigung des Politikredakteurs Roland Heine im Bereich Politik/Nachrichten/Kommentierung" aus.
Heine, 51, hatte wie Regional-Redakteur Tomas Morgenstern, 52, vor längerer Zeit gegenüber Chefredaktion, Redaktionsausschuss und Ehrenrat eine langjährige IM-Tätigkeit eingeräumt. Während Morgenstern seinen Abschied eingereicht hat, verhandelt Heines Anwalt derzeit mit Chefredakteur und Geschäftsführer Josef Depenbrock über Möglichkeiten einer weiteren Zusammenarbeit. Die bereits Ende März als IMs enttarnten Redakteure Thomas Leinkauf und Ingo Preißler hatten im Juli auf ihre Leitungsposten verzichtet, arbeiten seitdem aber weiter.
Vier andere Redakteure der Berliner Zeitung dienten laut Ehrenrat "zu unterschiedlichen Zeiten" beim Stasi-Wachregiment Feliks Dzierzynski. Da es sich aber "um keine konspirative Tätigkeit handelte", hat dies keine Konsequenzen. Zudem hätten drei von ihnen Stasi-Anwerbern die kalte Schulter gezeigt, der Vierte trat nach erst während der Wende im November 1989 seinen Dienst an.
Mitglieder des Ehrenrats sind der frühere Direktor beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Peter Busse, der Vorsitzende der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Rainer Eppelmann, der Schriftsteller Adolf Endler und der Theaterregisseur Thomas Langhoff.
Parallel zur Arbeit des Ehrenrats hatte der Redaktionsausschuss die 131 JournalistInnen des Blattes zur Selbstauskunft bei der Stasi-Unterlagenbehörde aufgefordert. Dem sind bislang 107 nachgekommen - was Raum für weitere Spekulationen lässt.
Die Stasi-Enthüllungen haben natürlich auch Auswirkungen auf die Auseinandersetzungen zwischen der Redaktion und dem auf Personalabbau drängenden Geschäftsredakteur: "Der Stasi-Konflikt nutzt Depenbrock, weil er die Stärke der Redaktion unterminiert", heißt es bei der Berliner Zeitung. Für weitere Meldungen in eigener Sache muss sie sich zudem einen neuen Platz suchen: Die Medienseite soll nach Depenbrocks Willen gestrichen werden.
Leser*innenkommentare
anke
Gast
Die Ehre, scheint mir, ist beinahe so relativ wie die Zeit selbst.
Mehr als zweihundert Jahren nach ihrer Hinrichtung als Hexe hat Anna Göldi ihre geraubte Ehre zurückerhalten. Dafür haben Roland Heine und Tomas Morgenstern zwei Jahrzehnte nach dem Machtverlust ihres früheren Dienstherren die ihre verloren. Das Pech der Anna Göldi: Sie ist schon tot. Das Pech der Anderen: Sie leben noch. Merke: Wer zu spät stirbt, den bestraft die Kommission. Da ist es schon besser, man stirbt jung. Am besten als Opfer. Dann darf man wenigstens relativ sicher sein, dass man früher oder später von irgend einem Ehrenrat (ersatzweise auch von einem Parlemant) schriftlich bestätigt bekommt: Man hat eine Ehre. Gehabt.
Übrigens: Ich stelle mir nun die heikle Frage, wieso eigentlich Günter Grass noch immer für die SPD werben darf. Spielt denn in dieser Partei die Ehre wirklich gar keine Rolle? Oder anders gefragt: Ist Grass eigentlich schon tot?