138 Autobahnprojekte bundesweit: Ampel will neue Autobahnkilometer

SPD, Grüne und FDP haben sich auf Verkehrsreformen geeinigt. Umweltschützer kritisieren, dass zahlreiche Schnellstraßen erweitert werden sollen.

Ein Hund steht auf einer Autobahnbrücke

Kommt die Ampel-Verkehrspolitik jetzt auf den Hund? Autobahn in Berlin Foto: Jens Gyarmaty

BERLIN taz | Die Ampelfraktionen im Bundestag wollen 312 Schienenprojekte schneller umsetzen – aber auch 138 Autobahnprojekte. Das soll am Freitag von SPD, Grünen und FDP im Bundestag beschlossen werden. Öko-Verbände kritisieren vor allem die Autobahnpläne. „Jeder weitere Kilometer Autobahn zerstört Natur, verursacht noch mehr Stau und verschwendet viele Millionen an Steuergeldern für falsche Verkehrsprojekte“, sagt Lena Donat, Mobilitätsexpertin bei Greenpeace. „Wenn die Ampel heute noch weit über 100 Autobahnprojekte als ‚im überragenden öffentlichen Interesse‘ bezeichnet, dann zeugt das von überragendem Desinteresse am Schutz von Natur und Klima.“

Die 138 Vorhaben betreffen Stauschwerpunkte und Engstellen und sollen künftig eben „in überragendem öffentlichen Interesse“ liegen, um die Planungszeiten zu verkürzen. Das geht aus dem sogenannten Genehmigungsbeschleunigungsgesetz hervor. Einen Entwurf dafür legte die Bundesregierung bereits Ende März vor; die Einigung am Montag dieser Woche folgte nach wochenlangen Verhandlungen der Ampelfraktionen. „Die Liste der zu beschleunigenden Autobahnausbauten gilt nun abschließend und einmalig“, heißt es in einem Papier der Grünen-Bundestagsfraktion, das der taz vorliegt. Über die 138 hinaus solle künftig kein weiteres Autobahnprojekt extra beschleunigt werden, der Kabinettsentwurf habe noch „viel mehr Spielraum“ gelassen.

Andreas Knie, Soziologe und Verkehrsexperte, kritisiert, dass in den Reformplänen stets nur von „Ausbau“ oder „Sanierung“ die Rede sei: Auch der Bau zusätzlicher Fahrstreifen gelte teilweise als „Sanierung“. Zudem sei nicht von Neubau, sondern von „Lückenschluss“ die Rede, wenn zwischen bestehenden Strecken neue Verbindungen geschaffen würden. „An vielen Straßen und Brücken gibt es Sanierungsbedarf, keine Frage“, so Knie. „Unter dem Deckmantel der Sanierung aber plötzlich Fahrstreifen zu erweitern, halte ich für absoluten Unsinn.“

Auf Anfrage der taz hält der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Bernd Reuther, dagegen: Die Erweiterung von Fahrstreifen diene dazu, klimaschädliche Staus zu vermeiden. Andreas Knie verweist jedoch auf Studien, wonach mehr Spuren den Verkehr nur kurzfristig entlasten – und langfristig mehr Fahrzeuge auf die Autobahn locken.

Solarstrom von der Autobahn

Wie die Grünen mitteilen, hat sich die Ampelkoalition ebenfalls auf ein „Solar-Upgrade“ geeinigt – also darauf, jede verfügbare Fläche an Autobahnen für die Solarerzeugung zu nutzen. „Die Bundesregierung will das Land mit neuen Autobahnen zupflastern“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Das soll jetzt durch das ‚Solar-Upgrade‘ grüngewaschen werden“, so Resch weiter.

Ebenso wie Verkehrsexperte Knie blickt die Umwelthilfe aber positiv auf weitere Aspekte der Ampeleinigung: So soll etwa die Maut für LKW erhöht werden, große Teile der Einnahmen sollen in den Ausbau von 4.500 Schienenkilometern fließen. Ein weiterer Teil der geplanten Reformen ist die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, die Kommunen freiere Hand lassen soll, zum Beispiel, wenn sie Tempo-30-Zonen als Klimaschutzmaßnahme einführen wollen. Damit diese Änderung ihre Wirkung entfalten kann, muss jedoch auch die Straßenverkehrsordnung reformiert werden. Bisherige Pläne der Ampelkoalition hierfür kritisieren die Umweltverbände als unzureichend.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.