2. Spieltag Fußball-Bundesliga: Sylvie strahlt, Werder auch

Nach dem 0:2 in Bremen hofft der Hamburger SV auf einen Heilsbringer. Werder Bremen kommt indes ohne einen solchen prima zurecht.

Bremens neuer Führungsspieler: Aaron Hunt. Bild: dpa

BREMEN taz | In der traditionsreichen Geschichte des Nordderbys gab es selten eine Begegnung mit zwei so eindeutig zu identifizierenden Protagonisten. Beide spielen im offensiven Mittelfeld und verfügen über einen gefühlvollen linken Fuß, mit dem sie ansatzlose, zentimetergenaue Pässe und gefährlich angeschnittene Standards spielen können.

Während der eine aber, der Bremer Aaron Hunt, einen großen Anteil am 2:0-Sieg von Werder Bremen gegen den Hamburger SV hatte, saß der andere lediglich auf der Tribüne – neben sich Gattin Sylvie, die schon vorsorglich strahlte. Warum die noch nicht spielberechtigte Neuverpflichtung Rafael van der Vaart dennoch der wichtigste Hamburger war, erzählt viel darüber, wo die beiden Bundesligisten aus dem Norden gerade stehen.

Die dafür bezeichnende Szene: Als Schiedsrichter Knut Kircher in der 51.Minute zum zweiten Mal auf Elfmeter für die Bremer entschied, bildete sich ein grün-weißes Rudel. Mittendrin die üblichen Verdächtigen Eljero Elia, Marko Arnautovic und Sokratis, die gewöhnlich als Erste zur Stelle sind, wenn es gilt, einen Strauß auszufechten. Der eine nahm dem anderen den Ball aus den Händen und manch einer auf der Tribüne fürchtete schon um die neu erwachte Harmonie im Bremer Team.

Weit gefehlt. „Sie haben mir gesagt, ich soll Aaron schießen lassen“, berichtete Marko Arnautovic später. „Der muss sich die Herzen der Fans zurückholen.“ Die Skandalnudeln Elia und Arnautovic als einfühlsame Pädagogen – das ist ebenso bemerkenswert wie die Courage von Aaron Hunt, sich nach einem verschossenen Elfmeter aus der ersten Halbzeit zum zweiten Versuch schubsen zu lassen. Wohlwissend, bei einem Scheitern das Publikum vollends gegen sich zu haben, wie schon so oft in der Vergangenheit.

Sokratis schickte Stoßgebete gen Himmel und Hunt traf zum hochverdienten 1:0, das Neuzugang Nils Petersen, der bereits in der 4. Minute mit einer Großchance gescheitert war, in der 67. zum Endstand erhöhte. Der entscheidende Pass kam wiederum von Hunt. „Ich möchte Verantwortung übernehmen“, sagte der 26-jährige Spielmacher, auf dessen Durchbruch die Bremer seit Jahren warten. „Wir haben viele junge Spieler im Team. Ich gehöre zu den älteren. In solchen Situationen bin dann auch ich gefordert.“

Aaron Hunt übernimmt Verantwortung

Die Entwicklung von Hunt, aber auch die der Nebenleute wie Arnautovic und Zlatko Junozovic zeigt, wie befreiend es für ein Team sein kann, wenn Platzhirsche wie Frings, Wiese und Pizarro das Feld räumen.

Beim HSV gehen die Verantwortlichen genau den anderen Weg. Sie vertrauen nicht mehr der Entwicklung der vorhandenen Mannschaft, sondern installieren in letzter Sekunde einen vermeintlichen Heilsbringer, um den sich schon dann alles dreht, wenn er nur auf der Tribüne sitzt. Rafa hier, Rafa dort, die Mannschaft des HSV hätte an diesem Nachmittag auch mit 5:0 gegen Werder gewinnen können – der Erfolg wäre vom Hamburger Boulevard der Strahlkraft der Familie van der Vaart zugeschrieben worden.

Dabei hatten die beiden anderen, mit lange nicht so viel Glamour versehenen Neuzugänge Milan Badelj und Petr Jiracek dafür gesorgt, dass zumindest im Mittelfeld schon wesentlich mehr Qualität vorhanden war als beim kläglichen Saisonstart gegen den 1. FC Nürnberg. Aber die Hamburger setzen mit der panikartigen Verpflichtung des 13 Millionen Euro teuren Niederländers entgegen allen Absichtserklärungen wieder auf Heldenfußball. Und begeben sich ganz nebenbei in die Abhängigkeit des unberechenbaren Investors Klaus-Michael Kühne, der in der Vergangenheit mehrfach in die Vereinspolitik eingriffen hat.

Bei Werder Bremen ist man dagegen froh, Lichtgestalten nur dann auf der Tribüne zu haben, wenn der HSV kommt. Kurz vor Schluss soll der ausgewechselte Elia zum neben ihm sitzenden Arnautovic gesagt haben: „Du, Marko, wir haben eine richtig super Mannschaft.“

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