Amazon-Urteil in Spanien: Schluss mit Scheinselbstständigkeit

Nach einem Urteil des Sozialgerichts muss Amazon in Spanien mehr als 2.000 Zusteller festanstellen. Es ist nicht das erste Urteil dieser Art.

Ein Zusteller schiebt einen Wagen mit Amazon-Kartons an einem Geschäft vorbei

„Correos“-Express-Zusteller in der Innenstadt von Ronda, Spanien Foto: Jon Nazca/reuters

MADRID taz | 2.166 Zusteller von Amazon in Spanien müssen fest angestellt werden. Das entschied am Donnertag das Sozialgericht in Madrid. Es handle sich bei den Fahrern von Amazon Flex um Scheinselbstständige. Geklagt hatten Betroffene mit der Unterstützung durch die sozialdemokratische Gewerkschaft UGT. Die Betroffenen seien „gezwungen worden, mit ihren eigenen Fahrzeugen zu arbeiten und Pakete mithilfe einer Unternehmens-App zu verteilen, über die sie ihre Anweisungen bekamen“, heißt es in einer Erklärung der Gewerkschaft zum Urteil.

Das Urteil des hauptstädtischen Sozialgerichts stützt sich auf einen Spruch des Obersten Gerichtshofs vom 25. September 2020. Damals wurde der Lieferdienst für Essen und Lebensmittel Glovo verurteilt. Dessen Zusteller wurden ebenfalls als Scheinselbstständige eingestuft. Auch sie arbeiteten mit einer App auf dem Telefon. Das Oberste Gericht sah dennoch ein „allgemeines Arbeitsverhältnis“ gegeben.

Glovo sei nicht – wie vom Unternehmen behauptet – reiner Vermittler zwischen Händler und Zusteller. Die Organisation per digitaler Plattform erfülle „die Elemente der Abhängigkeit und Entfremdung, die für die Qualifizierung der analysierten Rechtsverhältnisse (…) als Arbeitsverhältnisse ausschlaggebend sind“, heißt es in dem Urteil, das jetzt auch auf Amazon angewendet wurde.

Im August 2021 erließ die spanische Regierung ein Gesetz, dass diese Art von Scheinselbstständigkeit, wie sie jetzt auch wieder bei Amazon festgestellt wurde, eigentlich verbietet. Amazon hat die Möglichkeit, Widerspruch gegen das Urteil einzulegen.

Glovo muss mittlerweile Bußgelder in Millionenhöhe bezahlen. Erst vor einer Woche wurde der 2015 gegründete spanische Lieferdienst, der in 1.500 Städten in 25 Ländern operiert, von der Gewerbeaufsicht in Madrid mit einer Strafe in Höhe von 32,9 Millionen Euro belegt. Das Unternehmen hatte trotz des Urteils aus 2020 und des Gesetzes von 2021 weiterhin scheinselbstständige „Rider“ im Dienst.

Noch mehr Bußgelder

Außerdem beschäftigt Glovo in Madrid Fahrer ohne Arbeitserlaubnis. Diese teilen sich üblicherweise einen Job mit einem Biker, der eine Arbeitserlaubnis hat. Damit ist ein und der selbe Zusteller angeblich bis zu 24 Stunden unterwegs. Das Unternehmen habe von dieser Praxis gewusst, ist sich die Gewerbeaufsicht sicher. Dafür werden weitere 5,2 Millionen Bußgeld fällig. Zusätzlich zu den Strafen muss Glovo für die Scheinselbstständigen 19 Millionen Euro an die Sozialversicherung abführen.

Dies war nicht das erste Bußgeld gegen Glovo. In ganz Spanien hat die Gewerbeaufsicht bereits 205,3 Millionen Euro an Bußgeldern gegen das Unternehmen verhängt. Hinzu kommen 125,3 Millionen Euro an die Sozialversicherung. Insgesamt geht es um mehr als 37.000 Rider.

„Kein Unternehmen in Spanien, egal wie groß oder klein, steht über dem Gesetz“, erklärte die linksalternative Arbeitsministerin Yolanda Díaz nach dem Bußgeldbescheid und erinnerte daran, dass das Gesetz im wiederholten Falle des Verstoßes Haftstrafen von bis zu sechs Jahren gegen die Verantwortlichen vorsieht.

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