Annäherung zwischen Südkorea und Japan: Politisch verordnete Freundschaft

Südkorea und Japan wollen enger zusammenarbeiten. Doch die Gräben zwischen den Ländern sind tief und die Politik tut wenig, um sie zu schließen.

Premierminister Kishida bei einer Pressekonferenz.

Japans Premierminister Fumio Kishida vor dem Abflug in die USA am 17. August Foto: Kyodo News/imago

Endlich, so möchte man ausrufen, rücken die demokratischen Staaten in Ostasien näher zusammen! Die Initiative von Joe Biden, die Regierungschefs aus Seoul und Tokio zum trilateralen Gipfeltreffen nach Camp David zu laden, ist für den politischen Westen eine erfreuliche Entwicklung.

Vor allem ist sie längst überfällig: Sowohl Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol als auch Japans Premier Fumio Kishida ist längst klar, dass die langfristig größte Herausforderung für die Region in Peking sitzt. Bislang stand dieser Einsicht jedoch stets der historische Zwist zwischen den Nachbarländern im Weg, der eine Annäherung unmöglich machte.

Trotz der Euphorie über den Schulterschluss zwischen den zwei US-Alliierten lässt sich kaum übersehen, dass die politisch verordnete Freundschaft auf einer fragwürdigen und auch brüchigen Grundlage beruht. Sie wurde schließlich überhaupt erst möglich, nachdem Präsident Yoon einen kontroversen Deal über die Kompensation ehemaliger koreanischer Zwangsarbeiter unterzeichnet hatte. Dieser hatte praktisch alle Forderungen der heimischen Zivilgesellschaften ignoriert.

Denn in Korea sind die Verbrechen der einstigen Kolonialmacht Japan noch sehr präsent: Das Kaiserreich hatte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Bevölkerung auf der koreanischen Halbinsel brutal unterdrückt. Davon zeugen unter anderem die abertausenden, euphemistisch als „Trostfrauen“ bezeichneten Zwangsprostituierten, die während des Zweiten Weltkriegs für die japanische Armee rekrutiert wurden.

Kishida goss weiter Öl ins Feuer

Vor allem die südkoreanische Linke wirft ihrer Regierung vor, mit der Einigung das Leid der Opfer zu verhöhnen. Und die japanische Führung wird dafür kritisiert, dass sie ihre Gräuel niemals wirklich aufgearbeitet hat.

Erst vor wenigen Tagen hatte Fumio Kishida weiter Öl ins Feuer gegossen: Zum Jahrestag der Niederlage der Japaner im Zweiten Weltkrieg richtete der Premier über Twitter sein Gedenken an den drei Millionen Landsleuten aus, die während des Kriegs ihr Leben ließen. Mit keinem Wort erwähnte er die Todesopfer in den Ländern, die Japan überfallen hatte.

Insofern darf nicht verwundern, dass die Annäherung zwischen den zwei Staaten in Südkorea überaus umstritten ist – und jederzeit in die Brüche gehen könnte, sollte bei den nächsten Wahlen ein linker Politiker in den Seouler Präsidentensitz ziehen.

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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