Anschlag auf jüdische Gemeinde 1994: Argentiniens Menem freigesprochen

Mitte der 90er explodierte eine Bombe vor einem jüdischen Gemeindehaus in Argentinien. Nun wurden 13 Angeklagte verurteilt, der Expräsident dagegen nicht.

Ein Mann im Anzug blickt in die Kamera.

Hat laut Urteil nichts vertuscht: der ehemalige Präsident Carlos Menem am Donnerstag im Gerichtssaal Foto: reuters

BUENOS AIRES dpa | Knapp 25 Jahre nach einem Bombenanschlag auf ein jüdisches Gemeindehaus in Buenos Aires ist Argentiniens damaliger Präsident Carlos Menem von Vertuschungsvorwürfen freigesprochen worden.

Acht der 13 Angeklagten in dem Prozess wurden dagegen am Donnerstag (Ortszeit) von einem Gericht in Buenos Aires für schuldig befunden. Sie führten die Ermittler nach Ansicht der Justiz auf falsche Spuren. Bei dem Attentat im Jahr 1994 kamen 85 Menschen ums Leben, 151 wurden verletzt.

Der damalige Ermittlungsrichter Juan José Galeano wurde zu sechs Jahre Haft verurteilt. Der ehemalige Geheimdienstchef Menems, Hugo Anzorreguy, erhielt eine Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Sie sollen einem ebenfalls verurteilten Autohehler 400 000 Dollar bezahlt haben. Dieser sollte mit einer falschen Aussage mehrere Polizisten als Täter des Attentats gegen den jüdischen Verband Amia darstellen.

Menem konnte dagegen nicht nachgewiesen worden, dass er die Ermittlungen gegen einen damals verdächtigten Syrer behindert habe. Der mittlerweile 88-jährige damalige Staatschef (1989-1999) ist syrischer Abstammung.

Vor dem Amia-Sitz war am 18. Juli 1994 eine in einem Lieferwagen deponierte Bombe explodiert. Noch immer ist kein Täter des Anschlags verurteilt worden. Die argentinische Justiz hatte 2006 bei Interpol die Festnahme von sieben angeklagten Iranern beantragt. Unter ihnen befand sich der 2017 verstorbene Ex-Präsident Akbar Rafsandschani. Die iranische Regierung wies jedoch jede Verantwortung für das Attentat ab.

Menem ist in einem anderen Prozess wegen illegaler Zahlungen an seine Minister zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er befindet sich jedoch auf freiem Fuß, weil er als Senator parlamentarische Immunität besitzt.

Angriff auf Großrabbiner

Am Dienstag teilte Amia mit, dass der argentinische Großrabbiner Gabriel Davidovich bei einem Angriff schwer verletzt worden sei. Die mutmaßlichen Täter seien in die Wohnung des Rabbiners in Buenos Aires eingedrungen und hätten ihn attackiert. Der Vorsitzende von Argentiniens jüdischem Dachverband Daia, Jorge Knoblovits, sprach von einem „antisemitischen Akt“. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu verurteilte den Angriff.

Auch Amia vermutete einen antisemitischen Hintergrund. Die bislang unbekannten Angreifer hätten bei dem Überfall gerufen: „Wir wissen, dass du Rabbiner der Amia bist.“ Zudem hätten die Täter Geld und andere Gegenstände mitgenommen. Die argentinischen Behörden leiteten eine Untersuchung des Vorfalls ein.

Israels Regierungschef Netanjahu zeigte sich schockiert über den „bösartigen“ Angriff. „Wir müssen verhindern, dass Antisemitismus wieder sein Haupt erhebt.“ Netanjahu forderte die Weltgemeinschaft auf, gegen Judenfeindlichkeit vorzugehen.

In Argentinien leben schätzungsweise 190.000 Juden, das Land beherbergt damit eine der größten jüdischen Gemeinden in Südamerika. Viele Juden waren vor den Nazis aus Europa geflüchtet und nach Südamerika emigriert. Vor 20 Jahren lebten allerdings noch 300.000 Juden in Argentinien. Wegen der Wirtschaftskrise waren viele von ihnen emigriert.

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