Anwalt über Aktivisten in Ägypten: „Alaa ist ein politischer Häftling“

Während der Cop27 schaute alle Welt auf Alaa Abdel Fattah. Sein Anwalt über internationale Solidarität und wie es mit dem Aktivisten nun weitergeht.

Alaa Abd-el Fattah mit einem Justizbeamten

Feiert Freitag seinen 41. Geburtstag im Gefängnis: Alaa Abdel Fattah Foto: Al Youm Al Saabi/reuters

Seit April sind in Ägypten mehr als 1.200 politische Gefangene freigelassen worden. Auch die Familie des bekannten Aktivisten Alaa Abdel Fattah (41), der 2021 wegen Veröffentlichung von Falschnachrichten zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurde, hofft auf eine Amnestie durch Präsident al-Sisi. Vergangene Woche forderte Alaas Schwester Sanaa (28) am Rande der Klimakonferenz in Scharm al-Scheich erneut seine Freilassung. Die taz sprach mit Alaas Anwalt Khaled Ali.

taz: Herr Ali, ein bekannter ägyptischer Journalist hat Alaas Schwester Sanaa nach ihrem Auftritt bei der Cop27 beschuldigt, die Klimakonferenz ausgenutzt zu haben. Hat sie das?

Khaled Ali: Nein, es war seit drei Monaten bekannt, dass sie teilnehmen würde, und die Vereinten Nationen hatten dem zugestimmt. Sanaa hat einfach ihr Recht genutzt und die Freilassung ihres Bruders gefordert. Hunderte von Teilnehmern aus aller Welt konnten so ihre Solidarität zeigen. Die globale Klimakonferenz ist ein Treffpunkt, um über Umweltrechte zu sprechen, sie basiert also auf Menschenrechten.

ist Anwalt in Ägypten. Nach der Revolution 2011 verteidigte er viele Demonstrierende. 2012 und 2018 kandidierte er für das Präsidentenamt.

Wie stehen Sie zu dem Druck von außen und den ausländischen Kampagnen zur Freilassung von Alaa?

Wir können nicht von Druck von außen sprechen, sondern eher von lokaler und internationaler Solidarität, was großartig ist. Ich danke allen für diese Solidarität, lokalen und inter­nationalen Organisationen und den Ver­tre­te­r*in­nen von Staaten, die Alaas Recht auf Freiheit bestärkt haben. Es gibt außerdem eine von fast 300.000 Menschen weltweit unterzeichnete Petition zur Freilassung von Alaa – also viel mehr als das, was in den Medien und sozialen Netzwerken in Ägypten bekannt ist.

Wie geht es jetzt weiter mit Alaa?

Da er zu fünf Jahren Haft ­verurteilt worden ist und das Urteil bestätigt wurde, bleibt uns keine andere Wahl, als noch einmal Beschwerde beim Militärgouverneur einzulegen, um das Urteil aufzuheben, ihn zu begnadigen oder zumindest die Haftstrafe zu verkürzen. Ich werde fortlaufende Anträge ­stellen, bis Alaa freigelassen wird.

Kurz vor der Cop27 wurde der Aktivist Ziyad al-Alami begnadigt. Warum nicht auch Alaa?

Die Frage richtet sich an den ägyptischen Staat, nicht an mich. Ich habe das Am­nestiekomitee aufgefordert, Alaa für eine Begnadigung ­vorzuschlagen. Das wünsche ich mir für alle, die wegen ­ihrer ­Ausübung der Meinungsfreiheit ­inhaftiert sind. Im Falle Alaas haben auch seine Tante Ahdaf Soueif sowie seine Schwester Mona Seif Anträge auf ­Begnadigung gestellt, aber es kam keine Antwort. Auch das Parteienbündnis „Zivildemokratische Bewegung“ und verschiedene Frauengruppen haben ­Namenslisten eingereicht, die auch Alaas ­Namen ­enthielten. Nichts wurde ­beantwortet.

Viele Leute argumentieren, dass Alaa strafrechtlich verurteilt wurde und nicht begnadigt werden kann.

In Ägypten gilt jede Anklage als strafrechtlich. Aber es ist wichtig, auf die Art der Tat zu achten, derer eine Person beschuldigt wird. Geht es um eine kriminelle Tat wie Diebstahl oder Mord oder um etwas Politisches? Alaa wurde verurteilt wegen der Verbreitung von Falschnachrichten. Er ist ein politischer Häftling, er hat keine schändliche Tat begangen und hat das Recht auf Amnestie.

Seine Schwester Mona erwähnte, dass Alaa wie auch andere Gefangene zu lange in Untersuchungshaft gehalten worden war.

Es gibt Inhaftierte, die länger als zwei Jahre in Untersuchungshaft gehalten werden. Wenn die gesetzliche Frist endet, wird sie einfach verlängert. Wir brauchen eine schnelle Lösung für dieses Problem.

Alaa hat am Wochenende seinen Hunger- und Durststreik beendet. Wie geht es ihm jetzt?

Wir machen uns wegen des langen Streiks Sorgen um seine Gesundheit. Er war mehr als 200 Tage in einem teilweisen Hungerstreik. Er hatte seine Kalorien auf 100 Kalorien pro Tag reduziert. Seit dem 1. November aß er gar nicht mehr und seit dem 6. November verzichtete er auch auf Trinken. Er befindet sich derzeit unter ärztlicher Aufsicht.

Bekommt er Besuch im Gefängnis?

Für einige Zeit hinderte niemand Alaas Familie daran, ihn zu festgelegten Zeiten zu besuchen. Der letzte Familienbesuch war am 24. September. Ich aber wurde seit Alaas Verlegung in das Gefängnis Wadi al-Natrun im Gouvernement Alexandria im vergangenen Jahr dreimal daran gehindert, ihn zu besuchen. Ich weiß nicht, wer für dieses Verbot verantwortlich ist. Es gibt keinerlei Grund, mich daran zu hindern. Ich habe alle nötigen offiziellen Genehmigungen. Das macht mich miss­trauisch, denn ich habe das Recht, meinen Mandanten zu treffen.

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