Fernsehprogramm wird interaktiver: So und jetzt alle schön mitmachen

Wir haben selbst vor dem Fernseher keine Ruhe mehr. Sagen Programmchefs, die sich auf der weltgrößten brancheninternen Messe in Cannes trafen.

Noch nicht sehr interaktiv: Messestand des Schweizer Fernsehens auf der MIPTV. Bild: dpa

War Fernsehen nicht mal ein Medium, bei dem man einfach abschalten konnte? Vorbei. Der Zuschauer soll mehr einbezogen werden, mehr mitmachen – schuld ist das Internet. Beispiele dafür gab es einige zu sehen auf der weltgrößten Fernsehprogramm-Messe MIPTV letzte Woche in Cannes mit über 11.000 Besuchern, die TV-Inhalte kaufen und verkaufen.

„Das Publikum verlangt mittlerweile in bestimmten Genres, als Akteur in die Handlung mit einbezogen zu werden, weil es durch Internetzugang über mobile Geräte einfach die Möglichkeit dazu hat“, sagt der in der Branche sehr erfolgreiche Medienberater Brian Seth Hurst. „Das betrifft vor allem die heranwachsende Generation. In ihrer Sozialisation ist Interaktivität über Technologie zur Selbstverständlichkeit geworden.“

Diese Einschätzung wird von vielen Programmmachern geteilt, auch in Deutschland. Ein Beispiel dafür sind die „Test the Nation“-Formate der Produktionsfirma Eyeworks Germany. So wird „Der große IQ-Test“ Mitte Mai auf Sat.1 ausgestrahlt werden. „Das Format eignet sich hervorragend, um das Fernsehpublikum in die Sendung mit einzubeziehen“, sagte Eyeworks-Geschäftsführer Martin von Winterfeld. „Während Prominente in der Show getestet werden, können die Zuschauer online direkt mitspielen und ihren eigenen Intelligenzquotienten herausfinden.“

Die Dokumentarfilmer Christian und Reinhardt Beetz, die sich früher stets als klassische Produzenten verstanden, die immer linear erzählten und von der Story ausgingen, sehen sich mehr und mehr als „Inhalteproduzenten“. „Wir müssen das Publikum erreichen“, sagte Christian Beetz, „je nach Medium habe ich unterschiedliche Publica. Ob ich das TV benutze oder das Internet oder ein Computerspiel, oder ob ich ein Buch schreibe – entsprechend muss ich den Inhalt anders erzählen.“

Arte als „multimediale Marke“

Am Freitag erhielt die gebrueder beetz filmproduktion einen Grimme-Preis für „Lebt wohl Genossen“. Und das auch für das interaktive Webformat, das zur TV-Serie über den Untergang des Kommunismus entwickelt wurde.

Aber nicht nur die Formate werden „transmedial“, sondern auch die Sender. Arte etwa ist dabei, sich komplett als „multimediale Marke“ aufzustellen. Der stellvertretende Programmdirektor Florian Hager sagte dazu: „Dem Konsumenten ist es zunehmend egal, wie das Signal zu ihm kommt. Aber er geht immer mehr selbstverständlich davon aus, das ,Vor‘, ,Während‘ und ,Danach‘ eines Programmevents auf dem von ihm in der jeweiligen Situation zur Verfügung stehenden Endgerät nutzen zu können.“

Auch die australische Kindersendung „Dirtgirlworld – Dig it all“ erhielt einen Preis: Hier werden Apps vor- und zur Verfügung gestellt, die junge Mediennutzer dabei unterstützen, beispielsweise selbst Gemüse zu pflanzen. Das Ganze wird dann mit der Fernsehkamera begleitet.

Ausgezeichnet wurde auf der MIPTV übrigens auch eine Kooperation von Medien und Wirtschaft: Für „Cybergeddon“ erhielt der Erfinder der Krimi-Serie „CSI“, Anthony Zuiker, in Südfrankreich den „Pioneer Prize“ des International Digital Emmy. Die Serie über Kriminalität im Internet wurde zuerst auf dem Netzportal Yahoo gezeigt und vom Antivirensoftware-Hersteller Symantec finanziell bezuschusst sowie inhaltlich beraten. „Das ist ein gutes Beispiel, wie bekannte Marken in Geschichten eingebunden werden können“, sagte Zuiker.

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