SPD diskutiert über Andrea Nahles: Herr Gabriel und seine Sekretärin

Der Streit um die angebliche Entmachtung von Andrea Nahles ist der SPD unangenehm. Denn er berührt das heikle Verhältnis zwischen dem Parteichef und ihr.

Sind wohl doch nicht so dicke wie es manchmal aussieht. Bild: ap

BERLIN taz | Quatsch. Nur: Quatsch. Mehr sagt SPD-Sprecher Tobias Dünow auch am Montag, an Tag zwei der Diskussionen um eine eventuelle Entmachtung der Generalsekretärin Andrea Nahles, offiziell nicht. Dabei soll es bleiben, das muss reichen. Kein Wort zu den Details um das rätselhafte Treffen der Parteispitze mit Wahlkampfagenturen vor Anfang Dezember, bei dem Parteichef Sigmar Gabriel Nahles die Leitung des Wahlkampfes aus der Hand genommen haben soll.

Nun liegt die Wahrheit oft nicht ganz so, wie sie in der Öffentlichkeit verkauft wird. Und oft steht in der Politik hinter vielen Worten wenig - und umgekehrt. Hier steht hinter den wenigen Worten des Sprechers zumindest eines: Der Fall ist unangenehm. Für Nahles und für Gabriel. Denn er berührt mal wieder das Verhältnis des ungleichen Paares an der Spitze der SPD, über das in den vergangenen zwei Jahren viel diskutiert wurde.

Vordergründig geht es um ebenjenes Treffen im Vorfeld des Parteitags im Dezember. Dabei unterhielten sich SPD-Politiker und die neue Werbeagentur des Willy-Brandt-Hauses über Wahlkampfstrategien - auch mit Blick auf die Bundestagswahl. Dabei wäre Andrea Nahles als Chefin der Parteizentrale formal zuständig. Doch nun scheint es - so schreibt es unter anderem die Berliner Zeitung -, dass Nahles bei dem Treffen gar nicht anwesend war, möglicherweise gar nicht eingeladen. Das wäre ein Affront von Gabriel.

Nahles' Unterstützer werden weniger

"Da wird vieles überinterpretiert", wiegelt dagegen der Parteilinke Ralf Stegner ab, "da gibt es keine Aufgeregtheiten." Aus dem Willy-Brandt-Haus ist auch auf diese Frage lediglich "kein Kommentar" zu hören. Klar scheint zu sein, dass Gabriel Zweifel an Nahles Eignung für Wahlkämpfe hat. Tatsächlich ist Nahles unerfahren, konnte auch in den Bundestag über eine gute Listenplatzierung einziehen und war nicht auf den Sieg im eigenen Wahlkreis angewiesen.

War Nahles noch im Herbst 2009 in Dresden als Teil einer Doppelspitze mit Gabriel gestartet, ist sie in der Parteihierarchie mittlerweile geradezu abgerutscht, während Gabriel besonders nach dem Bundesparteitag im Dezember als unangefochten gilt. In der öffentlichen Wahrnehmung der SPD tritt hinter ihm, als Mann fürs Grobe, eher Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann in Erscheinung. Nahles hat sich indessen mit der Parteireform verkämpft. Ihr größtes Problem: Konnte sich die Parteilinke früher noch auf ihren Flügel verlassen, werden ihre Unterstützer hier immer weniger. Viele sind von der Generalsekretärin enttäuscht. "Die Zuneigung hat nicht zugenommen", heißt es da diplomatisch.

Auch ein Lob kann grausam sein

Dennoch gibt es keine Bestrebungen, Nahles abzulösen. Aus der konservativen Ecke der SPD hört man schon lange keine Kritik mehr an Nahles, da mit Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier zwei Vertreter von diesem Flügel als Kanzlerkandidaten im Spiel sind. In der Linken gibt es keinen ernsthaften Ersatz. Und Gabriel selbst könnte Nahles keinen Ersatzposten anbieten, solange die SPD nicht regiert.

Also bleibt wohl alles beim Alten. Man stichelt bloß gegeneinander - so wie auf dem Bundesparteitag, als Gabriel in seiner Rede erst Manuela Schwesig und Hannelore Kraft heraushob, um später noch einmal drei anderen Frauen gesondert zu danken, für die unermüdliche Arbeit in der Parteizentrale. An der ersten Stelle nannte Gabriel Barbara Hendricks, die Schatzmeisterin. An der zweiten Stelle Astrid Klug, die Bundesgeschäftsführerin. Beide sind in der politischen Debatte abgemeldet. An dritter Stelle folgte schließlich Andrea Nahles. Wie die Letzte, die beim Schulsport ins Team gerufen wird. Auch ein Lob kann manchmal grausam sein.

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