Leipziger Pop Up: Glücklich mit Konzerten

Zur zehnten Pop Up, dem Treffen der unabhängigen Musikszene in Leipzig, musste erstmals die Messe abgesagt werden. Aus mangelndem Interesse.

LEIPZIG taz | "Was schaut ihr alle so desillusioniert? Das hier ist 2011." Der Sänger der Punkband 206 brüllt ins Publikum des Leipziger Clubs Ilses Erika, das mit verschränkten Armen seinen intelligenten Wutausbrüchen folgt. Desillusioniert dürften hier tatsächlich einige sein. Zur zehnten Pop Up, dem Treffen der unabhängigen Musikszene, musste erstmals die Messe abgesagt werden. Aus mangelndem Interesse. Zu wenige Aussteller hatten sich angemeldet, das ehrenamtliche Team sah sich gezwungen, nur noch Diskussionen und das Musikfestival anzubieten plus ein kleines ausgewähltes Filmprogramm.

Die frühere Reichweite über Leipzigs Stadtgrenzen hinaus und in die gesamte Independent-Szene der Republik hinein, die die Pop Up als wichtigster Branchentreff jenseits des Mainstreams in den letzten zehn Jahren hatte, wurde so nicht erreicht. Auch wenn die Panels einige aktuelle Fragen aufwarfen. Über das Erwachsenwerden in der Popkultur, über den Laptop als Musikinstrumentenersatz oder über alternative Vertriebswege.

"Könnt ihr davon leben?", lautet auch gleich die erste und immer wiederkehrende Frage nach dem finanziellen Wert der Arbeit. Die beiden Labelbetreiber auf der Podiumsdiskussionsbühne verneinen. Vielleicht irgendwann mal, sagt Andreas Bischof vom Leipziger Label Analogsoul. Gregor Samsa von Sounds of Subterranea hat dem Geld seine lebenswichtige Bedeutung längst schon abgesprochen. "Wenn ich ein Konzert sehe, bin ich glücklich. Hätte ich mehr Geld, würde ich es doch auch nur für Scheiße ausgeben."

Glücklich machende Konzerte, darauf setzten nun auch die Pop-Up-Veranstalter. "Wir konzentrieren uns jetzt wieder auf das, um was es ja ursprünglich geht und immer ging: die Musik", hatten sie notgedrungen erklärt und sich als Ziel gesetzt, einfach ein schönes Festival zu machen. Mit noch recht unbekannten Bands wie den Isländern Retro Stefson, den langhaarigen Crystal Fighters oder dem Berliner Electropop-Trio Me Succeeds. Überraschend konnten zehn Tage vor der Veranstaltung noch die amerikanischen Psychedelica-Avantgarde-Indie-Helden Animal Collective gebucht wurden, die das bestbesuchte Konzert spielten, das aber nicht mehr im Festivalticket enthalten war und so viele Gäste statt zu den restlichen Veranstaltungen nur hierher gehen ließ.

Wie es mit der Leipziger Pop Up im nächsten Jahr weitergeht, weiß noch niemand. Das Pop-Up-Team will sich im Sommer was überlegen. Eine neue Illusion muss her. Eine für 2012.

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