Frankfurt gegen 1. FC Köln: Abgesang für die Eintracht

Frankfurt scheitert schon wieder und nähert sich unaufhörlich Liga zwei. Die Spieler zeigen nur im Dialog mit den wutschnaubenden Fans Courage.

Und jetzt? Ein Frankfurter Fan liegt nach dem Abpfiff auf dem Rasen. Bild: dpa

FRANKFURT taz | Patrick Ochs lief tränenüberströmt in die Kabine, das Spiel - oder treffender: die Kapitulation - gegen den 1. FC Köln war da schon fast eine Stunde vorbei. Aber der Kapitän der Frankfurter Eintracht und seine Mannschaftskameraden zeigten zumindest nach den lähmend mutlosen 90 Minuten Courage und suchten den Dialog mit den aufgebrachten Fans.

Die ertrugen die matte Vorstellung der Mannschaft während des sportlichen Offenbarungseids noch mit stiller Fassungslosigkeit. Nach dem Abpfiff aber stürmten rund 200 Ultras das Spielfeld, warfen Fahnenstangen auf den Platz, zeigten Drohgebärden und zertrümmerten eine 600.000 Euro teure TV-Kamera. Es gab sechs Festnahmen, zehn Fans wurden verletzt.

Die Polizei wirkte ebenso deeskalierend wie Eintracht-Präsident Peter Fischer, der sich dem Mob entgegenstellte. Bald kamen die Spieler und der Trainer wieder auf den Platz, sie wurden übel beschimpft. Später entwickelten sich Gespräche, die Situation beruhigte sich. Ochs, dessen Wechsel vergangenen Donnerstag während des Trainingslagers in Bitburg zur Unzeit bekannt geworden war, bekam am Ende sogar Trost zugesprochen von manchen Anhängern.

Der nutzt in Frankfurt aber niemand mehr. Weil Mönchengladbach sein Heimspiel gegen Freiburg gewann, ist die Eintracht auf Platz 17 gestürzt. Von Gladbach auf Relegationsplatz 16 trennt die Hessen zwar ebenso nur ein Zähler wie vom VfL Wolfsburg auf dem ersten Nichtabstiegsplatz. Doch Hoffnung auf eine Rettung hat in Frankfurt niemand mehr, gegen die Kölner schaffte es die Mannschaft nicht, auch nur eine einzige Torchance herauszuspielen. Dass diese Eintracht dem Deutschen Meister Borussia Dortmund das Schaulaufen im eigenen Stadion zum Saisonende vermiest, scheint undenkbar.

"Das ist der Tiefpunkt"

Trainer Christoph Daum, erst vor sechs Wochen verpflichtet, ist gescheitert. Der Mann, der immer groß denkt, ist kleinlaut. Er hat keine Argumente mehr: Nur drei Punkte in sechs sieglosen Spielen sind zu wenig, um den Abwärtstrend aufzuhalten, der in der Rückrunde die Eintracht nach unten zieht, als sei er ein unaufhaltsames Naturereignis. Daum sagte am Samstag ratlos: "Ich kann mich jetzt auch nur mit Durchhalteparolen und Phrasen über Wasser halten."

Daum sah mit seinem Engagement in Frankfurt die Chance, sich noch einmal in der Bundesliga zu etablieren. Jetzt ist er endgültig ein Trainer von gestern. Seine kryptische Küchenpsychologie ("Wenn der Kopf funktioniert, ist er das dritte Bein") hat nichts gebracht, Daum erreichte die Köpfe der Spieler nicht. Hilflos sagt er, es müsse jetzt in Dortmund einfach einmal "klick" machen, um die Blockade zu lösen.

Daum lieferte in Frankfurt mehr Steilvorlagen für Kabarettisten als Hilfestellungen für seine Spieler. Auch sein Coaching am Samstag war ein Debakel, viel zu spät wechselte er aus - und dann auch noch den falschen Mann. Als der rackernde Fenin für Amanatidis Platz machen musste, pfiff ein ganzes Stadion (75.). Die Folge: Köln gelang mit seinem erst zweiten Auswärtssieg durch Tore von Chihi (26.) und Podolski (90.) der endgültige Klassenerhalt.

"Das ist der Tiefpunkt, seit ich bei der Eintracht bin", hauchte Heribert Bruchhagen "tief deprimiert". Der politisch Verantwortliche für den rasanten sportlichen Niedergang sagt, er wolle mit der Eintracht den sofortigen Wiederaufstieg in Angriff nehmen. Einen Vertrag für die zweite Liga besitzt er nicht. Ob Bruchhagen, der sich zuvorderst als Sportmanager sieht, weitermachen darf, ist eine spannende Frage. Nächsten Montag wird eine Entscheidung fallen.

Ein neuer Trainer muss ohnehin kommen, Daum hatte jüngst schon erklärt, nicht in der zweiten Liga arbeiten zu wollen - ein fatales Signal mitten im Abstiegskampf. In Liga zwei wird der Lizenzspieleretat auf 17 Millionen Euro reduziert. Angesichts des Desasters erklären nun Spieler wie Amanatidis, Köhler und Schwegler, auch in Liga zwei bleiben zu wollen. "Ich bin verantwortlich", sagte Schwegler unter Tränen, "ich würde gerne dafür geradestehen."

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