Achtelfinale der Champions League: Schuldenmacher gegen Geldmaschine

Das Spiel FC Kopenhagen gegen Chelsea ist auch das Duell zweier Geschäftsphilosophien. Der englische Club von Mäzen Abramowitsch trifft auf einen wirtschaftlichen Musterverein.

Die Spieler des FC Kopenhagen bejubeln den Sieg über Panathinaikos Athens in der Champions League-Gruppe D im Dezember. Bild: dpa

KOPENHAGEN taz | Die Vitrine im Foyer der Geschäftsstelle zeigt, wo die Ansprüche liegen. Nicht die zahlreichen nationalen Triumphe werden exponiert, sondern die noch spärlichen Achtungserfolge im europäischen Geschäft. Ein Wimpel vom FC Barcelona liegt neben verzierten Clogs von einem Spiel gegen Ajax Amsterdam. In Kürze kommt ein weiteres Andenken dazu, denn heute empfängt der FC Kopenhagen den FC Chelsea aus London. Diese Begegnung im Champions-League-Achtelfinale ist keine beliebige. Chelsea, der ausgabefreudige Verein mit dem Mäzen Roman Abramowitsch, gegen Kopenhagen, einen Klub, der wesentlich kleiner als Chelsea ist, aber wirtschaftlich gesünder operiert als viele Vereine im europäischen Geschäft.

Ab Sommer dieses Jahres müssen Vereine die von der Uefa neu eingeführte Break-even-Regel erfüllen, dürfen also nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen. Auch die zulässige Höhe von Schulden wird dann auf 45 Millionen begrenzt und in späteren Jahren weiter gesenkt. Ab der Saison 2013/14 dürfen Vereine, die in den zwei vorangegangenen Jahren nicht solide gewirtschaftet haben, von den europäischen Wettbewerben ausgeschlossen werden. Derzeit würden zahlreiche Klubs diesen Test nicht bestehen. So auch der FC Chelsea, der kürzlich einen Verlust von rund 80 Millionen Euro für das laufende Geschäftsjahr verkündete und nur einige Tage später für weitere rund 80 Millionen neue Spieler einkaufte.

Chelseas heutiger Gegner funktioniert anders. Der FC Kopenhagen ist als Aktiengesellschaft an der Kopenhagener Börse gelistet und läuft, wie ein Unternehmen laufen sollte: mit schwarzen Zahlen. "Wir kaufen keine großen Namen", sagt Anders Hørsholt, so etwas wie der Geschäftsführer des FC Kopenhagen, der hier aber CEO genannt wird. Stattdessen werden Charaktere gesucht, die in ein ausgeklügeltes System passen. Nie dürfe mehr ausgegeben werden, als auch sicher eingenommen wird. "Würden wir nicht gut wirtschaften", weiß Hørsholt, "würde unser Kurs sinken." Um die Volatilität der Vereinsaktie zu minimieren, wurden über die Jahre zusätzliche Unternehmen gekauft, deren Geschäftsentwicklungen mögliche Krisen des Fußballgeschäfts aufwiegen könnten. Aber im Moment ist der Erfolg der Fußballer Motor der Entwicklung des Aktienkurses.

1992 wurde der FC Kopenhagen durch eine Fusion zweier Vereine gegründet, seitdem konnten schon acht nationale Meisterschaften gewonnen werden. Vor allem durch das gute Abschneiden der Kopenhagener in Europa in den vergangenen Jahre hat Dänemarks Meister ab der nächsten Saison einen sicheren Startplatz für die Champions League. Den dürfte der FC Kopenhagen besetzen. Mit viel Geld wurde die Konkurrenz abgehängt, in dieser Saison führt der Verein die Liga einsam an. Hørsholt macht kein Geheimnis aus dem primären Ziel des Klubs: "Wir wollen vor allem Geld machen. Dafür müssen wir uns Jahr für Jahr für die Champions League qualifizieren, also müssen wir auch mehr Geld investieren als die anderen dänischen Mannschaften."

Trotz der kühl anmutenden Strategie konnte der noch junge Verein sogar zum beliebtesten Verein Dänemarks aufsteigen. Über 11.000 Dauerkarten sind verkauft, zu den Spielen kommen häufig über 20.000 Zuschauer. Hørsholt begründet das Fanaufkommen mit der günstigen Stadionlage im Zentrum der Stadt und den sportlichen Erfolgen. Eine "Marktnische" sei strategisch besetzt worden, erläutert er in betriebswirtschaftlichem Vokabular.

Dass viel Geld im Spiel ist, heißt aber nicht, dass Defizite riskiert werden. "Wir wollen nicht die Champions League gewinnen. Die Gruppenphase zu erreichen und Favoriten zu ärgern, reicht uns, auch langfristig." Genügend Geld sei auch dadurch schon zu holen. Wozu nach allem greifen, wenn man damit auch alles verlieren könnte? Das klingt nach einer weisen, im Fußball anscheinend seltenen Einsicht.

Troels Troelsen, Associate Professor für Sportökonomie an der Copenhagen Business School, sieht dennoch keinen grundlegenden Unterschied zwischen Chelsea und Kopenhagen. "Das eigentlich Verschiedene ist die Konkurrenzsituation. In England findet ein Wettrüsten statt, das Vereine an den Rand des Ruins treibt für die Chance, in der Champions League sehr hohe Einnahmen zu erspielen." Der FC Kopenhagen sei insofern vor allem durch seine Luxussituation besonders: Kaum Konkurrenz und Sorgen, da der Meistertitel fast sicher ist. Umso wichtiger sei es, meint Troelsen, dass die Financial-Fair-Play-Regeln der Uefa greifen. Denn nur dann könnten Vereine wie Chelsea, Barcelona und andere Topklubs so operieren wie derzeit der FC Kopenhagen. Nicht notgedrungen an der Börse, aber doch mit schwarzen Zahlen.

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