Wahlrecht für Anfänger: Prödl muss verlieren

Kriegen die Bremer SchülerInnen eine höhere Wahlbeteiligung hin als die Profi-Fußballer? Das ist die Wette, die heute bei der Nacht der Jugend abgeschlossen werden soll.

Prödl nach dem Pokal-Aus. Eine süße Niederlage im Mai wäre besser als viele bittere im Herbst. Bild: dpa

"Schwarz trifft Weiß" ist das Motto der diesjährigen Nacht der Jugend. Tanz, Musik, Theater und jede Menge Diskussionen stehen auf dem Programm. Im Musikprogramm ist zum Beispiel Esther Bejarano angekündigt. Sie ist heute 85 Jahre alt, sie überlebte das KZ Auschwitz-Birkenau, weil sie im Lagerorchester als Akkordeonspielerin eingesetzt war.

Mit ihren Kindern Edna und Joram und der Band "Coincidence" spielt Bejarano heute Lieder aus den Ghettos und dem antifaschistischen und jüdischen Widerstand.

Im Zentrum der politischen Diskussion steht das Projekt "Wählen mit 16 - Wir sind keine Idiotes!". Die Initiative geht von einem Politik-Grundkurs an der Gesamtschule Ost aus, und da in Zeiten der Fernsehgesellschaft die Form einer Wette und bei Jugendlichen der Fußball die größte Aufmerksamkeit erregt, wollen die Schüler mit Werder-Spieler Sebastian Prödl eine Wette abschließen: Die SchülerInnen wetten, dass die Wahlbeteiligung der Erstwähler (16-20 Jahre) höher ist, als die der Altersgruppe der Fußball-Profis (21-35). So soll den Schülern ihr neues politisches Recht nahe gebracht werden. "Als wir das Projekt im Kurs vorgestellt haben, gab es zunächst wenig Resonanz", so Maria Keil, die Kurslehrerin an der GSO. "Nun haben sie aber Feuer gefangen. Tatsächlich haben sich bremenweit 15 Politik-Kurse von Gymnasien und Oberschulen dem Projekt angeschlossen und einen offenen Brief entworfen. "Eines sollte man nicht vergessen", heißt es da, "Die Jugend ist die Zukunft unserer Gesellschaft. In den Wahlen wird über diese Zukunft entschieden."

"Idiotes" waren in der griechischen Antike Menschen, die sich am politischen Leben nicht beteiligen durften: Arme, Sklaven, Frauen. Die engagierten SchülerInnen erklären in ihrer Kampagne ihren MitschülerInnen das neue, kompliziertere Wahlrecht. Politik-Kurse gerade der Gesamtschule haben sich seit Jahren für das Wahlrecht mit 16 engagiert. Wolfram Stein war durch die Bremer Schulen getingelt und hatte für das Projekt geworben. Und erklärt, dass das neue Wahlrecht nicht "von denen da oben" kommt, sondern von der Bürgerinitiative für "Mehr Demokratie" und mit 70.000 Unterschriften durchgesetzt wurde - "das erste erfolgreiche Volksbegehren in der bremischen Geschichte". Die Schüler haben sich auch mit dem Zusammenhang von "Armut und Wahlbeteiligung" befasst: Je höher die Armutsquote, desto geringer die Wahlbeteiligung. Bei den letzten Bürgerschaftswahlen 2007 lagen die Grünen bei der Altersgruppe der 18 bis 25-Jährigen um zehn Prozentpunkte über ihrem Gesamtergebnis - die CDU kam nur auf 15,5 Prozent und lag damit 10 Prozentpunkte unter ihrem Wahlergebnis. Insofern scheint es nicht ganz uneigennützig, wenn die Grünen sich für das Wahlrecht mit 16 engagierten und die CDU dagegen war. Aber auch SPD und Linke waren dafür, die bei den jungen Wählern etwas unterdurchschnittlich abschnitten.

Heute Abend um 19.25 Uhr wird im Bremer Rathaus im Rahmen der "Nacht der Jugend" die Wette mit Prödl abgeschlossen, um 19.45 Uhr soll im Kaminsaal eine große Diskussion des Projektes stattfinden.

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