Energiepreis: EWE will brave Kunden

Der Energiekonzern versucht mit einer Sonderzahlung, die Wogen im Gaspreisstreit zu glätten. Eine volle Rückzahlung gibt es nicht. Wer klagte, soll gar kein Geld bekommen.

Objekt schwarzer Pädagogik: unbotmäßiger EWE-Kunde. Bild: dpa

Der norddeutsche Gasversorger EWE tut sich weiterhin schwer mit seinen Kunden. Zwar entschuldigt sich der Konzern in einem Schreiben für sein Verhalten im Streit um Gaspreiserhöhungen und kündigt als Wiedergutmachung eine Sonderzahlung an. Gleichzeitig aber erhöht EWE "aufgrund gestiegener Bezugskosten" die Preise zum 1. Dezember.

Anlass für den Streit war die Klage von 46 Sondervertragskunden, weil EWE die Preise erhöht hatte. Der Bundesgerichtshof hatte eine Preisanpassungsklausel vom April 2007 in den Sonderverträgen für unwirksam erklärt, das Unternehmen aber nicht zu einer Rückzahlung verpflichtet. Daraufhin hatte sich der Konzern zunächst strikt geweigert, den 620.000 Betroffenen das Geld zu erstatten. Als die Beschwerden und Klagen anhielten, setzte EWE den früheren Bremer Bürgermeister Henning Scherf (SPD) als Schlichter ein. Der von Scherf erarbeitete Kompromiss sieht eine Rückzahlung von insgesamt 100 Millionen Euro vor, durchschnittlich 100 bis 125 Euro pro Haushalt.

In dem Brief vom 6. Oktober weist EWE seine Kunden ausdrücklich auf Sinn und Zweck dieser Sonderzahlung hin: "Der Kunde erhält zwar keine Vollrückzahlung, erspart sich aber den Aufwand und das Risiko eines gerichtlichen Verfahrens." Pikantes Detail: Die Kunden, die sich zurzeit im Rechtsstreit mit der EWE befinden, sind von der Sonderzahlung ausgenommen.

Von Verbraucherschützern und aus der Politik hagelt es Kritik an diesem rigorosen Vorgehen. Ihrer Ansicht nach beträgt die volle Rückzahlungssumme mindestens 200 Millionen Euro. "Es bleibt bei der hundertprozentigen Rückzahlungsforderung", sagt die SPD-Bezirksvorsitzende Weser-Ems, Susanne Modder. Die EWE verspiele das Vertrauen ihrer Kunden. Die Grünen wiederum bezweifeln die Glaubwürdigkeit dieser Aussage, schließlich hätten auch die SPD-VertreterInnen in den EWE-Gremien dem Scherf-Kompromiss zugestimmt.

Tatsache ist, dass der Einfluss der kommunalen Anteilseigner in der als Aktiengesellschaft verfassten EWE begrenzt ist. Obwohl das Unternehmen zu 74 Prozent den Kommunen gehört, verfügt der zweite Eigentümer, der baden-württembergische Energieriese EnBW, mit 26 Prozent der Aktien über ein Vetorecht. Der Schluss liegt nahe, dass sich auch die SPDler dem Aktienrecht beugen mussten.

An einen zukünftigen Klageverzicht der Gaskunden ist die Zahlung indes nicht gebunden. "Wenn ein Kunde meint, er muss zuerst die Sonderzahlung in Anspruch nehmen und danach den gerichtlichen Weg einschreiten, dann kann er das tun", sagt EWE-Sprecher Christian Blömer. Die eigenen Mitarbeiter ermunterte EWE in einem internen Schreiben dazu, aus Loyalität zum Unternehmen auf die Sonderzahlung zu verzichten.

Bereits seit sechs Jahren schwelt der Konflikt zwischen EWE und seinen Gaskunden. Mehrmals hatten Kunden gegen Erhöhungen geklagt, teilweise erfolgreich. Mehr als 1.000 Betroffene befinden sich zurzeit wegen der unwirksamen Preisanpassungsklausel im Rechtsstreit mit der EWE.

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