Grüne im Saarland: Verlockende Offerten

Die Saar-Grünen haben die Wahl: für die SPD und Linken – oder für Schwarz-Gelb. Dieses Wochenende beim Landesparteitag wollen sie sich entscheiden.

Lafontaine, Ulrich und Maas. Maas schenkt Ulrich gerade einen Bagger für dessen neugeborenes Kind. Bild: dpa

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Denn sowohl SPD und Linke als auch CDU und FDP überschütteten die saarländischen Grünen nach der Landtagswahl vom 30. August mit geradezu attraktiven Offerten inhaltlicher und personeller Art. Der 5,9-Prozent-Partei ist die Rolle der Königsmacherin zugefallen.

Dass SPD und Linke die Vorstellungen der Grünen während der Sondierungsgespräche durchweg akzeptierten, war allgemein erwartet worden. Überraschend war jedoch das Angebot, ihnen auch noch die Besetzung von gleich zwei Schlüsselministerien Umwelt, Energie und Verkehr sowie das Ressort Bildung zu überlassen.

Da konnten sich CDU und FDP nicht lumpen lassen. Sie locken die Grünen mit genau der gleichen Zusage auf die Regierungsbank. Zudem kommen Christ- und Freidemokraten den Grünen auch inhaltlich entgegen. Das kommt zumindest für die Union des amtierenden Ministerpräsidenten Peter Müller einer programmatischen Revolution gleich.

Denn was für die CDU bislang noch "grünes Teufelswerk" war, soll jetzt plötzlich Regierungsprogramm einer Jamaika-Koalition an der Saar werden: Abschaffung der Studiengebühren, Korrekturen beim achtjährigen Gymnasium (G 8), "echte" Ganztagsschulen, Energiewende und striktes Rauchverbot. Und Müller geriert sich plötzlich sogar als Atomkraftgegner. Spiel, Satz und Sieg also auch hier für die Grünen. Heiko Maas (SPD) warf derweil Müller und der Union verärgert den "totalen inhaltlichen Räumungsverkauf aus grenzenloser Machtversessenheit" vor.

Die Grünen haben also das große Los gezogen und die freie Auswahl. Doch so richtig Freude darüber wollte bei den Grünen-Delegierten auf den bisher zwei nichtöffentlichen Regionalkonferenzen nicht aufkommen. Vielmehr machte sich dort Ratlosigkeit breit. Der Organisationsreferent der Landtagsfraktion der Grünen Thorsten Reif konstatierte auf der Regionalkonferenz für den Wahlkreis Saarbrücken am Mittwochabend in Dudweiler: "Wenn die Inhalte und die Personalfragen bei der Koalitionsfindung keine große Rolle mehr spielen, sind jetzt wohl andere Kriterien gefragt." Aber welche?

Dass der Parteichef der Saar-Grünen, Hubert Ulrich, mit Lafontaine nicht kann, ist bekannt. Gleiches gilt für ihn und andere Grüne mit gleich drei Landtagsabgeordneten der Linken - alles ehemalige Grüne. Rot-Rot-Grün aber würde im Landtag über eine Mehrheit von genau drei Stimmen verfügen. Eine Aktivistin der Grünen Jugend aus dem Wahlkreis Saarbrücken, die "eigentlich für Rot-Rot-Grün" ist, glaubt jedenfalls zu wissen, dass Lafontaine auch von Berlin aus seine Linken an der Saar weiter dirigieren und "immer im Griff" haben werde.

Schon am Montag auf der Regionalkonferenz im Wahlkreis Neunkirchen sei Lafontaine "zwar unsichtbar und auch lautlos, aber doch abschreckend genug, irgendwie immer anwesend gewesen", erzählt auf Nachfrage Martin Dauber aus Blieskastel, der in seiner Heimatstadt ein schwarz-grünes Bündnis mitinitiiert hat. Für das Land aber befürwortet auch er "eigentlich Rot-Rot-Grün".

Reicht es denn auf dem Parteitag am Sonntag tatsächlich für Rot-Rot-Grün? Die Naturwissenschaftlerin Simone Peters von den Grünen in Saarbrücken hofft es. Auch Hubert Ulrich habe im Wahlkampf schließlich immer wieder erklärt, "Müller abwählen" und Heiko Maas, den Landeschef der Sozialdemokraten, zum Ministerpräsidenten küren zu wollen; da könne man doch jetzt keinen "Rückzieher" machen. Im Bürgerhaus in Dudweiler kursierte da schon längst das Gerücht, dass Ulrich bereits versucht habe, einige unentschiedene Delegierte für den Parteitag am Sonntag auf "Jamaika" einzuschwören.

Ulrich dementierte das umgehend. Allerdings: Bei "Jamaika" an der Saar und Schwarz-Gelb im Bund könne man für das bettelarme Saarland vielleicht doch mehr Hilfe erhalten als mit einer rot-rot-grünen Koalition in Frontstellung zu Berlin, hieß es. Ulrich, der keine Prognose wagte, glaubt jedenfalls ganz fest daran, dass die Partei "nicht auseinanderbrechen" werde, "egal wie am Sonntag entschieden wird".

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