Kommentar Ratzingers Sozialenzyklika: Echte Autorität

Die Gedanken Ratzingers gleichen sanft und versteckt dahingleitenden Wasserbomben, die den Tankern des weltweiten Marktradikalismus noch einmal gefährlich werden könnten.

Die Sozialenzyklika des Papstes, treffsicher veröffentlicht kurz vor dem vielleicht letzten G-8-Gipfel im italienischen LAquila, ist keine sehr leichte Kost. Sie erfordert konzentriertes Lesen, einiges Vorwissen über die Tradition der Sozialenzykliken der Päpste seit Leo XIII. vor fast 120 Jahren - und einige Nachsicht bei der Lektüre. Denn in dem Schreiben werden am Rande erneut Themen wie etwa die Empfängnisverhütung oder Geburtenkontrolle angesprochen, die leider weder Neues noch Nachdenkliches aus Rom mitteilen. Kann der Papst dazu nicht mal schweigen?!

Dennoch lohnt sich das Studium dieser Schrift. Denn abgesehen von erneut eher poetischen Passagen über die Liebe, den Glauben und die Vernunft, die so etwas wie das Steckenpferd des deutschen Professors im Vatikan darstellen, finden sich in dem Schreiben des Papstes streckenweise aufregende, zumindest durchaus anregende Passagen. Es fehlt der Furor seines Vorgängers Johannes Paul II. Dieser konnte über den Kapitalismus so schimpfen wie kaum ein Papst vor ihm. Dafür gleichen die Gedanken Joseph Ratzingers zum Kapitalismus sanft und versteckt dahingleitenden Wasserbomben, die den Tankern der weltweiten radikalen Marktwirtschaft noch einmal gefährlich werden könnten. Außerdem tut es mal wieder gut, dass jemand die Gewerkschaften lobt und internationale Arbeitnehmerrechte einfordert - selbstverständlich ist beides nicht mehr.

Schwammig und leicht zu missbrauchen ist dagegen Joseph Ratzingers Gedanke, es müsste eine "echte politische Weltautorität" geben, die "über wirksame Macht" verfügen sollte, "um für jeden Sicherheit, Wahrung der Gerechtigkeit und Achtung der Rechte zu gewährleisten". Das Ganze bleibt so im Ungefähren, dass man darin entweder nur eine gefährliche Träumerei oder eine große Vision für den Sankt-Nimmerleins-Tag sehen kann. Aber vielleicht sind wir da ja auch nur zu kleingläubig.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.