Kommentar Präsident der EU-Kommission: Fragile Stärke

Noch sind die Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament völlig unklar. Es wäre besser, die Wahl des Kommissionspräsidenten erst im Herbst durchzuführen.

Die Freunde von Manuel José Barroso, allen voran die neue schwedische Ratspräsidentschaft, haben ein starkes Argument auf ihrer Seite: Bleibt der Portugiese bis zum Herbst nur kommissarisch im Amt, ist er als Kommissionspräsident angezählt. Angesichts der Wirtschaftskrise, der Schwierigkeiten mit dem Lissabon-Vertrag und der Weltklimakonferenz braucht die EU eine handlungsfähige Führung.

Die aber lässt sich auch durch ein einstimmiges Solidaritätsvotum, wie es der Rat der Regierungschefs am Donnerstag für Barroso abgab, nicht herbeizaubern. Erstens bedeutet ein im Amt bestätigter Kommissionspräsident noch lange keine handlungsfähige Kommission. Denn die übrigen 26 Kommissare sollen erst im Herbst benannt werden. Dann ist die Bundestagswahl über die Bühne und es besteht Klarheit darüber, ob die Posten nach den Regeln des alten oder des neuen Vertrags vergeben werden.

Zweitens hängt nun alles davon ab, dass das neu gewählte EU-Parlament Barroso in seiner ersten Sitzung Mitte Juli wirklich für weitere fünf Jahre bestätigt. Die Mehrheitsverhältnisse nach der Europawahl sind aber völlig unklar. Die Zusammensetzung mehrerer Fraktionen steht noch gar nicht fest. Wie sich Euroskeptiker und Nationalisten in einer solchen Wahl verhalten würden, kann niemand prognostizieren. Sozialisten und Grüne erklärten bereits, dass sie Barroso ihre Stimme nicht geben werden.

Sollte der Kandidat durchfallen, bliebe er dennoch bis zum Herbst kommissarisch im Amt. Doch sein Ruf wäre ramponiert und seine Stellung deutlich schwächer, als wenn man gleich die ganze Prozedur auf die Zeit nach dem irischen Referendum zum Lissabon-Vertrag verschoben hätte. Wenn das EU-Parlament Europa einen Dienst erweisen will, dann setzt es Barrosos Wiederwahl im Juli ganz einfach nicht auf die Tagesordnung.

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