Innenminister Rech über Nato-Proteste: "Der Gipfel muss friedlich verlaufen"

Baden-Württembergs Innenminister Rech ist für die Sicherheit beim Nato-Gipfel verantwortlich. Welche Lehren zieht er aus dem Polizeieinsatz beim G-8-Gipfel in Heiligendamm?

Ein Einsatz, den Rech nicht bewerten will: Polizei und Demonstranten 2008 in Heiligendamm. Bild: dpa

taz: Herr Rech, wie hoch ist der Druck auf Sie, dass während des Nato-Gipfels alles perfekt laufen muss?

Heribert Rech: Der Nato-Gipfel muss gut und friedlich verlaufen. Natürlich fragt man sich, ob alles getan ist. Aber es gibt niemanden, der mir sagen könnte, wie man die Vorbereitungen noch optimaler hätte gestalten können. Der Gipfel setzt Maßstäbe, was Polizeitaktik und Einsatzbereitschaft angeht, gerade in technischer und logistischer Hinsicht.

Was tun Sie als Innenminister, um auf die Gipfelgegner zuzugehen und im Vorfeld zu deeskalieren?

Der Innenminister kann nicht mit 3.000 gewaltbereiten Demonstranten reden, das ist immer noch Aufgabe der Polizei. In Baden-Württemberg ist das Thema Gefährderansprache, auch im Bereich von Hooligans, sehr weit forciert. Wir haben 100 Kolleginnen und Kollegen, die als Anti-Konflikt-Teams während der Proteste und auch schon im Vorfeld mit Leuten, die aus dem Ruder laufen könnten, reden. Sie treten nicht martialisch auf, sondern ohne Körperschutz, als Bürger in Uniform, teilweise auch in Zivil.

Der letzte vergleichbare Großeinsatz einer deutschen Polizei war der G-8-Gipfel in Heiligendamm im Jahr 2007. Damals häuften sich Falschmeldungen aus der Einsatzzentrale der Polizei. Kann man sich auf die Meldungen der Polizei in Baden-Württemberg verlassen?

Ich möchte Heiligendamm nicht bewerten. Da bin ich nicht der Experte, andere haben Schlussfolgerungen aus dem Einsatz gezogen.

Auch Schlussfolgerungen zur Einsatzplanung in Baden-Württemberg?

Eine Folgerung war, dass wir keine Massencamps mit 10.000 bis 15.000 Teilnehmern zulassen. Das können rechtsfreie Räume werden. Was mögliche Fehlinformationen anbelangt - ich habe gestaunt, als ich gesehen habe, dass die Polizei in der Einsatzzentrale auf Knopfdruck sehen kann, wo welcher Polizist oder welcher Krankenwagen im Einsatz ist. Das Risiko von Fehlinformationen ist minimal.

Haben Sie Verständnis für die Camp-Organisatoren, die argumentieren, friedlich Demonstrierende empfinden massive Polizeipräsenz als Stress und brauchen deshalb Raum, wo sie sich erholen können?

Friedliche Demonstranten haben beim Anblick der Polizei keinen Stress. Mit Leuten, die behaupten, von der Polizei gehe Gewalt aus oder allein das Vorhandensein von Polizei sei Gewalt, würde ich gerne mal über ihr Verständnis von Rechtsstaat diskutieren. Die Polizei gewährleistet überhaupt erst, dass demonstriert werden kann.

Wäre es für Sie eine schlechte Bilanz, wenn rund um den Gipfel viele Menschen grundlos in Gewahrsam genommen werden? In Heilgendamm gab es über 1.000 Fälle. Über 90 Prozent der Verfahren sind später eingestellt worden.

Wenn Verfahren eingestellt werden, heißt das nicht, dass die Ingewahrsamnahme nicht gerechtfertigt war. Ich kann zudem keine Bilanz auf hypothetischen Annahmen ziehen. Es ist davon auszugehen, dass Ingewahrsamnahmen stattfinden und dass sie juristisch hieb- und stichfest sind. Für uns sind sie ohnehin die Ultima Ratio.

Werden in den Gefangenensammelstellen bessere Bedingungen herrschen als in denen in Heiligendamm? Dort beschwerten sich Insassen über überfüllte Zellen, in denen 24 Stunden am Tag das Licht brannte.

Ich kritisiere die Gefangenensammelstellen in Heiligendamm nicht. Jeden, der unsere kritisiert, den lade ich im Vorfeld ein, sie sich anzuschauen.

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