Kommentar Europäische Volkspartei: Steigbügelhalter im Sattel

Als größte Fraktion im Europaparlament hat die Europäische Volkspartei Einfluss auf wichtige Entscheidung. Aber muss die CDU dafür mit Italiens Alleanza Nazionale kooperieren?

Wird ein Berlusconi-Getreuer demnächst Chef des Europaparlaments? Wenn die neu gegründete "Il Popolo della Liberta" bei der Europawahl Anfang Juni gut einschlägt, könnte sie die deutschen Christdemokraten vom Spitzenplatz in der Europäischen Volkspartei (EVP) verdrängen. Die euroskeptischen britischen Tories, die derzeit immerhin 27 der 287 EVP-Abgeordneten stellen, werden die Fraktion verlassen. Und Berlusconi wird durch die Fusion seiner Forza Italia mit der Alleanza Nazionale die Postfaschisten in die EVP einschleppen, die bislang in der Splitterfraktion "Union für das Europa der Nationen" untergekommen waren.

Die größte Fraktion im Europaparlament zu sein, garantiert Einfluss auf die Wahl des Kommissionspräsidenten und Zugriff auf die begehrtesten Ausschüsse und den Posten des Parlamentspräsidenten. Dass bis 1994 stets die Sozialdemokraten und Sozialisten (SPE) diese Privilegien genossen, wurmte unter anderem den großen Christdemokraten und Europäer Helmut Kohl. Deshalb legte er seinen Parteifreunden von der EVP nahe, ihren Widerwillen gegen schräge Vögel am rechten Rand zu überwinden und auch bei den Euroskeptikern ein Auge zuzudrücken. Gleich nach der Europawahl 1994 wurde Berlusconis Forza Italia in die Fraktion geholt, die schon damals in Italien eine Koalition mit der postfaschistischen Alleanza Nazionale unter Gianfranco Fini bildete.

Der Pakt zahlte sich machtpolitisch aus. 1999 und 2004 wurden die Christdemokraten stärkste Kraft bei den Europawahlen, beförderten die Wahl Romano Prodis und auch die seines konservativen Nachfolgers Manuel Barroso ins Amt des Kommissionspräsidenten. Den Job des Parlamentspräsidenten ergatterten sie immerhin für jeweils die halbe Legislaturperiode - derzeit ist der deutsche Christdemokrat Hans-Gert Pöttering Chef des Hohen Hauses. Doch nach der nächsten Europawahl sitzt die Alleanza Nazionale mit in der Fraktion. Die Christdemokraten werden sich dann fragen lassen müssen, ob der Preis für die guten Posten der vergangenen zehn Jahre nicht doch zu hoch war.

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