Kommentar Europäisches Asyslrecht: Guter Plan - aber ohne Zukunft

Die EU-Kommission will Asylbewerbern schon nach sechs Monaten eine Arbeitserlaubnis geben. Doch zu befürchten ist, dass die Mitgliedstaaten diesen Vorschlag zurechtstutzen werden.

Würde der gestern von der Kommission vorgelegte Entwurf zum Europäischen Asylrecht tatsächlich Gesetz, wären politisch Verfolgte in Deutschland künftig besser dran. Nach maximal sechs Monaten Aufenthalt dürften sie Geld verdienen. Die derzeitig geltende Richtlinie beschränkt die Wartezeit auf dem Papier auf maximal zwölf Monate. Sie enthält aber so viele Schlupfwinkel und Ausnahmeklauseln, dass dieser Anspruch mit bürokratischem Erfindungsreichtum leicht auszuhebeln ist.

In der Theorie sind sich alle EU-Staaten einig: In einem Europa offener Grenzen machen stark divergierende Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge und Asylbewerber keinen Sinn. Denn die Hilfesuchenden werden sich möglichst dorthin durchschlagen, wo ihre Zukunftschancen am besten sind. Die stark abweichenden Bewerbungs- und Anerkennungsquoten in den Mitgliedstaaten zeigen das deutlich. Um das "Asyl-Shopping" zu beenden, haben die Mitgliedsländer 2004 einstimmig beschlossen, dass die EU-Kommission höhere einheitliche Mindeststandards vorgeben soll.

In der Praxis will sich aber kein Land in die Einwanderungs- und Arbeitsmarktpolitik hineinreden lassen. Auch dann nicht, wenn es um die kleine Gruppen politisch Verfolgter geht, die in Europa Zuflucht suchen. Jedes Land versucht, die bedrängten Menschen möglichst anderswohin weiterzureichen. Das ließ sich zuletzt wieder bei den verfolgten Christen aus dem Irak beobachten, um deren Aufteilung die europäischen Innenminister mehr als ein Jahr lang feilschten.

Den nun von der Kommission vorgelegten Verbesserungsvorschlägen für das Europäische Asylrecht wird es nicht anders ergehen als allen vorangegangenen Brüsseler Initiativen. In zähen Verhandlungen werden die Mitgliedsländer die Mindeststandards nach unten schrauben. Auch zukünftig werden Flüchtlinge nur in einigen Ländern rasch Zugang zum Arbeitsmarkt haben, in anderen nicht. Die gleichen Regierungen, die auf einheitliche Asylstandards in der EU gedrungen haben, werden den positiven Ansatz der EU-Kommission wieder zurechtstutzen.

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