Gemeinschaftsschule: Gemeinschaftsschule doch nicht so out

Die Mehrheit der Eltern findet die Gemeinschaftsschule prinzipiell gut oder wartet ab, was draus wird. Das zeigt eine Studie der Senatsverwaltung. Die Linke fordert den Bildungssenator daher auf, das Projekt bekannter zu machen.

Mehr Reklame, bitte: Die Linke-Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Carola Bluhm, fordert SPD-Bildungssenator Jürgen Zöllner auf, sich stärker für die Gemeinschaftsschule ins Zeug zu legen. "Ich wünsche mir, dass er mehr wirbt für das Projekt."

Anlass ist eine aktuelle Studie zur Gemeinschaftsschule. Sie zeigt, dass nur eine Minderheit der Berliner Eltern das Projekt dezidiert ablehnt. 40 Prozent würden die Gemeinschaftsschule durchaus als Option für ihre Kinder sehen. Ein Drittel ist noch unentschieden. "Wir fühlen uns durch die Ergebnisse bestärkt und bestätigt", sagte Bluhm. "Das muss der Startschuss für mehr Geschwindigkeit sein."

Zöllner, in dessen Haus das 64-seitige Papier seit Anfang April vorliegt, ließ Staatssekretär Eckart Schlemm kommentieren: "Die Expertise zeigt, dass die Grundkonzeption der Gemeinschaftsschule in hervorragender Weise geeignet ist mehr Leistungsgerechtigkeit und höhere Chancengleichheit zu schaffen."

Bluhms Partei diktierte der SPD das Pilotprojekt Gemeinschaftsschule in den Koalitionsvertrag. Nach Ansicht der Linken setzt die SPD es aber zu zögernd um. Zum Schulanfang im September werden elf Projekte an den Start gehen. Dort lernen Kinder bis zur zehnten Klasse in allen Fächern gemeinsam. Sie bleiben weder sitzen, noch werden sie nach Haupt-, Realschülern und Gymnasiasten sortiert.

Im Auftrag der Bildungsverwaltung sollte das Dortmunder Institut für Schulentwicklungsforschung Erfolgskriterien für das Gelingen der Gemeinschaftsschule finden. Bildungsforscher Heinz Günter Holtappels und sein Team befragten dazu 1.159 Eltern von Fünft- und Sechstklässlern, welche Schulform sie wählen würden und warum.

Danach wünschen sich zwei Drittel der Eltern, dass ihr Kind irgendwie das Abitur schafft. Sie tendieren also zu Schulformen, die möglichst viele Schulabschlüsse im Angebot haben. Befragt nach ihrer voraussichtlichen Schulwahlentscheidung, nannte ein Drittel der Eltern das Gymnasium, welches damit einsamer Favorit in der Elternschaft bleibt. Auf dem letzten Platz landet die Hauptschule: Nur drei von 100 Eltern wollen ihre Kinder dorthin schicken.

Jede fünfte Familie wollte immerhin die Gemeinschaftsschule allein oder in Kombination mit anderen Schultypen für den Nachwuchs in Augenschein nehmen. Die grundsätzliche Akzeptanz der Gemeinschaftsschule liegt sogar noch höher: Rund 40 Prozent der Eltern würden ihr Kind auf eine solche Schule schicken - vorausgesetzt sie läge in der Nähe. Dabei überwiegt in fast allen Bezirken die Zustimmung, nur in Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf steht eine Mehrheit der Eltern dem gemeinsamen Lernen ablehnend gegenüber.

Das korrespondiert mit einem weiteren Ergebnis: Eltern, die im gegliederten Schulsystem auf den unteren Rängen landen, finden Gemeinschaftsschulen mehrheitlich gut. Eltern mit höherer Bildung und gehobenem Einkommen sind skeptischer - nur ein Viertel der Gutverdienenden und jedes dritte Akademikerpaar befürwortet die Gemeinschaftsschule für ihre Sprösslinge.

Die Autoren raten daher, die Pilotschulen pädagogisch und personell zu fördern und zu Ganztagsschulen mit innovativen Lernmethoden zu machen. Wichtig für das Gelingen sei auch, die neuen Schulen nicht ausschließlich in sozialen Brennpunkten zu eröffnen und eine gymnasiale Oberstufe anzustreben. Außerdem: Die Information über Gemeinschaftsschulen müssten verstärkt werden.

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