Katholische Uni Eichstätt-Ingolstadt: Chaos in Pseudo-Kaderschmiede

Weiter Verwirrung an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt: Ohne Begründung schießt der Bischof den neuen Uni-Präsidenten ab.

Derzeit ohne Uni-Präsidenten: Studenten der Katholischen Uni Eichstätt. Bild: dpa

Eigentlich sollte die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) katholische Kaderschmiede werden. Das erklärte der Bildungsminister des Vatikans erst im November 2007. Aber dem frommen Wunsch zum Trotz steckt der Campus zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres in einem bizarr-peinlichen Chaos. Gesucht wurde - und wird jetzt wieder - ein Uni-Präsident.

Denn der prominente und progressive Kandidat Ulrich Hemel wurde von der Kirche in letzter Minute abgeschossen, obwohl sich der Hochschulrat auf ihn geeinigt und dies im Januar verkündet hatte. Die 4.900 Studierenden hoffen noch auf Klärung der verfahrenen Situation, die Hemel und der bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) gestern unter vier Augen durchsprechen wollten. Doch die CSU kann der kopflosen Uni kaum zu einer Führung verhelfen, die 2007 schon in den Schlagzeilen war: Größtenteils ungeprüft hatte die Bibliothek 3.000 Kartons alter Bücher ins Altpapier gegeben.

Das Problem bei der Präsidentenbesetzung: Die Katholische Uni unterliegt dem Konkordat, das Papst Pius XI. und der "Staat Bayern" am 29. März 1924 vereinbart haben. Darin wird katholischen (und auch evangelischen) theologischen Fakultäten eine Autonomie gegenüber dem Staat eingeräumt und den Kirchen das Recht auf einen "angemessenen" christlichen Einfluss bei der Kindeserziehung. Aufbauend auf diesem Vertrag mit Gesetzeskraft wurden 1980 zwei Hochschulen in Eichstätt zur "Katholischen Universität" zusammengefasst. Zwar werden 85 Prozent des Uni-Budgets vom Staat bezahlt, doch Träger ist eine Stiftung der bayerischen Bistümer. Oberster Dienstherr - "Magnus Cancellarius" - ist damit nicht der Wissenschaftsminister, sondern der Bischof von Eichstätt, Gregor Maria Hanke.

Der Vatikan habe der Besetzung zwar zugestimmt, aber es habe sich nicht das "erforderliche wechselseitige Vertrauen" entwickelt, das die gewünschte Ausrichtung der Hochschule gewährleiste, teilte der Bischof kurz vor Pfingsten mit. Wilde Spekulationen folgten: Liegt die Ablehnung an den drei Ehen Hemels? In aller Breite wurde durchkonjugiert, dass diese Verbindungen formal-kirchenrechtlich nicht zu beanstanden seien: Die erste wurde annulliert, die zweite gar nicht kirchlich bestätigt, und die dritte, derzeitige, damit rechtmäßig. Woran liegt dann die Ablehnung des Mannes, der sich in Regensburg habilitiert hat und Religionspädagogik und katholische Katechetik lehren darf? "Es gibt weiterhin keine Begründung", beklagt Hemel im Gespräch mit der taz.

Vielleicht liegt es an der Zusatzqualifikation, die seinem akademischen Lebenslauf einige Brüche beschert. Bei der Unternehmensberatung Boston Consulting hat Hemel nach seiner Habilitation gearbeitet und bei einem Verbandsmittelhersteller erst als Abteilungsleiter, dann auch als Vorstandsvorsitzender. In dieser Zeit hat er ein Buch geschrieben, "Ethik für Manager", das von der Financial Times Deutschland zum "Wirtschaftsbuch des Jahres" gekürt wurde. So jemand eckt an. Einen "Kai-Diekmann-Typ" nennt ihn mit Bezug auf den Chef der Bild-Zeitung ein Theologe, der ihn einmal getroffen hat und nicht versteht, wie man so jemanden überhaupt als Präsidenten in Erwägung ziehen konnte.

Hemel betont, das Chaos sei für ihn kein Grund zu einer Distanzierung von seiner Kirche - und er hoffe noch auf Klärung. "Ich möchte die weiteren Schritte abwarten, werde mir aber auch kirchenrechtliche Schritte vorbehalten." Die Pressestelle des Bistums dagegen bekräftigte gestern auf Nachfrage nochmals, dass die Personale Hemel inzwischen ad acta gelegt sei.

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