Neues Lifestylemagazin: Invivo setzt auf die Älteren

Das neue Lifestylemagazin "Invivo" schwört dem Mythos der Zielgruppe 14 bis 49 ab und soll die über 50-Jährigen mit allerlei Kaufempfehlungen versorgen.

Das Lifestyleblatt Invivio soll eine Lücke bei den Magazinen ausfüllen. Bild: dpa

Sie sind die Auserwählten. Sie sind 50 Jahre und älter, sie haben pro Person ein Haushaltseinkommen von mindestens 2.500 Euro netto, und sie haben in einem Fragebogen angekreuzt, dass sie regelmäßig Zeitschriften lesen. Sie sind es, die Invivo als Leserschaft auserkoren hat.

Das am Freitag zum ersten Mal erscheinende Lifestylemagazin öffnet ein neues Kapitel der Markteinführung: Nicht der Kunde wählt das Blatt, sondern das Blatt den Kunden. Wenn man ganz ehrlich ist, ist es der Anzeigenkunde, der wählt. Denn Invivo ist zu 100 Prozent werbefinanziert. Da heißt Recherche vor allem eins: Konsumentenbefragung.

Es sind die Silversurfer und Goldenager, auf die man es abgesehen hat - auch wenn man die offiziell nicht so nennt, weil das der aktiven Zielgruppe viel zu saturiert klingt. Die über 50-Jährigen bieten zwei Vorteile: Zum einen sind sie als Nische weitgehend unerschlossen. Nach wie vor sitzt der Großteil der Branche dem Mythos der 14- bis 49-Jährigen als einzig werberelevanter Gruppe auf.

Bloß keine Rententipps

Für die Älteren wird neben reinen Frauentiteln wie Brigitte Woman oder aber dem Magazin Lenz, das mit Titeln wie "Stocken Sie Ihre Rente auf" oder "Die Kunst, glücklich älter zu werden" die gefühlt Jungen verschreckt, kaum etwas geboten. "Nicht jeder, der über 50 ist, ist alt", sagt Invivo-Chefredakteurin Bianka Oehler. "Die sind beleidigt, wenn man ihnen ein Seniorenmagazin hinlegt." Zum anderen sind die Alten kaufstark. Ihr Einkommen hat seinen Höchststand erreicht, die Kinder sind aus dem Haus, das ebenfalls abbezahlt ist. Sie genießen die Freizeit. Sie gehen gut essen. Sie reisen. Sie kaufen. Und Invivo weiß, wann, wo und was.

Lifestyle-Segmentation nennt sich die Methode, mit der das Magazin, wie es dort heißt, den "gläsernen Konsumenten" ermittelt hat. Zusammen mit den Marktforschern der Schober Information Group sammelte man Daten zu spezifischen Vorlieben, Kaufgewohnheiten, Markenbewusstsein. Dadurch kann Invivo den Inhalt auf die Leser abstimmen. Und umgekehrt. Vor allem umgekehrt. So wird das Magazin anfangs kostenlos an 80.000 ausgewählte Haushalte geschickt, die Leser werden jedoch je nach Schwerpunkt ausgetauscht. Wenn das Magazin etwa ein Spezial zum Thema Reise macht, erhalten die Stubenhocker kein Exemplar. Auf diese Weise erreichen die Werbetreibenden eine perfekt auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Zielgruppe. Ohne Streuverlust.

So weit die Theorie: Tatsächlich sind zusätzlich 20.000 Exemplare für zielgruppenkompatible 6 Euro in "ausgewählten" Pressevertriebsstellen, Bahnhofs- und Flughafenbuchhandlungen erhältlich - wo auch die Auserwählten das Heft nach zwei Probenummern kaufen müssen, wenn es ihnen gefallen hat. Oder sie abonnieren die sechs jährlichen Ausgaben von Invivo für 30 Euro. Auf lange Sicht soll der Leser so die Kosten der Produktion mittragen.

Vorerst lebt das Heft aber allein von der Werbung. Da ist es nur konsequent, dass der Herausgeber Chef einer Werbeagentur ist. Heiko Heine führt seit 1992 die Agentur ProSell!, die sich nach eigenen Angaben auf "Dialog- und Response-Marketing für Kunden aus dem Krankenhaus- und Pflegebereich" spezialisiert hat. Deren Unit PostScript! - "für ein zielgruppengerechtes Corporate Publishing" - stellt Redaktion und Verlag. Überraschend nur, dass solche Marketingprofis übersehen haben, dass den Namen "Invivo" schon ein anderes Magazin benutzt: das der Deutschen Krebshilfe. Wegen Rechtsstreitigkeiten musste der eigentlich schon für Oktober geplante Erscheinungstermin immer wieder verschoben werden.

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