Schlussrunde der Weltklimakonferenz: Take action!

Das Ziel, die Emissionen um 25 bis 40 Prozent zu senken, wird auf Bali wohl nicht in das neue Klima-Protokoll aufgenommen. Nicht nur die USA blockieren.

Verkleidete Umweltaktivisten sind enttäuscht. Statt dem großen Wurf wird um jedes Komma gerungen. Bild: dpa

NUSA DUA Umwelt- und Klimaschützer tanzten am Freitag Polonaise durch die Konferenzräume in Nusa Dua. Dabei war die Klimakonferenz noch nicht zu Ende gegangen, und zum Positiven hatte sich auch nichts geändert. Im Gegenteil: Am Abend waren die abschließenden Gespräche erneut ins Stocken geraten. Deshalb fasten sich die Aktivisten an den Schultern und tobten singend durch die Gänge: "Take action, take action, you will get satisfaction!"

In der Nacht zum Freitag waren die Verhandlungen zum so genannten "Zukunftsprozess" zusammengebrochen. Dabei ging es um die Frage, wie die Verhandlungen für ein Folgeabkommen für das Kioto-Protokoll gestaltet werden sollen, das im Jahr 2012 ausläuft. Deshalb wurde auf Bali über eine road map, also einen Fahrplan verhandelt; es galt, sich sowohl auf das Verfahren wie auf das Ziel zu einigen.

Nach dem Abbruch in der Nacht wurde die indonesische Konferenz-Präsidentschaft beauftragt, in der kurzen Nachtpause den Text zu überarbeiten. Das war offensichtlich ein Fehler. Am Freitagmorgen traf sich die aus 40 Ministern bestehende Unterverhandlungsgruppe wieder und war enttäuscht. Der Versuch der Indonesier, es allen recht zu machen, hatte zu einem windelweichen Kompromisstext geführt. Aus Verhandlungskreisen hieß es, das der indonesische Entwurf nicht diskutabel sei. Von der Allianz kleiner Inselstaaten war sogar zu hören: "Was wir heute erleben, ist chemische und biologische Kriegführung."

Den Kernpunkt der Differenzen liefert der Weltklimarat IPCC. Das Wissenschaftsgremium hatte den Politikern zuletzt im November empfohlen, den Treibhausgas-Ausstoß bis zum Jahr 2020 um 25 bis 40 Prozent zu senken, um noch irepparable Schäden zu vermeiden. Zwar bezogen sich fast alle Minister in ihren Plenarreden, doch waren weder die USA noch einige Opec-Staaten dazu bereit, dieses Ziel auch in die road map aufzunehmen. Japan, Kanada und Russland schlossen sich dem an. Ihre Befürchtungen: Die Verhandlungen würden tatsächlich so geführt, dass sie ihren Ausstoß um 25 bis 40 Prozent senken müssen.

"Aber genau darum geht es doch", schimpfte ein Mitglied der deutschen Verhandlungsdelegation. Doch das ist nicht der einzige strittige Punkt: Die USA bestehen nämlich darauf, dass die Schwellen- und Entwicklungsländer ebenfalls dazu verpflichtet werden, ihre Emissionen zu reduzieren. Schließlich könnte China, so argumentieren die USA, sie schon im nächsten als weltgrößten Emittenten ablösen.

Die amerikanische Position kommt wiederum einigen Staaten aus der G 77, der Gruppe der Entwicklungsländer, gelegen. Wenn Amerikaner, Japaner und Kanadier keine festen Emissionsgrenzen bis 2020 in diesem Papier akzeptieren, brauchen wir uns nicht aus der Deckung zu wagen.

Um wieder auf Kompromisskurs zu kommen, wurde am Vormittag der indonesische Text in einer Untergruppe unter Vorsitz von Australien und Argentinien weiter bearbeitet. Die EU hatte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel als ihren Interessenvertreter in das 12-köpfige Gremium entsand. Am Nachmittag trat ein sichtlich angespannter Minister vor die Presse: "Das Klima auf der Klimakonferenz hat sich ins Positive gewandelt", sagte er. Positiv sei vor allem, dass die USA sich jetzt in der Endphase "flexibler" zeigten als in früheren Konferenzphasen. "Wir warten alle darauf, dass es im Kernbereich eine Entscheidung gibt, aber das kann noch ein paar Stunden dauern."

Am Abend meldete sich die G77. "Die Verhandlungen zeigen uns, wie die Industrieländer mit dem Problem, dass sie verursacht haben, umzugehen gedenken", sagte der Verhandlungsführer der G77, Munir Akram. Er verstehe das Sträuben mancher Industrieländer nicht: "2012 läuft Kioto aus, nicht aber die Klimarahmenkonvention." Das bedeute, dass sich auch jene Länder, die zwar das Kioto-Protokoll nicht ratifiziert, aber die Konvention unterschrieben hätten, sich einem neuen Klimaschutzregime unterziehen müssten. Gemeint war natürlich die USA.

Tatsächlich nämlich wurden auf Bali auf zwei verschiedenen Ebenen verhandelt: zum einen zwischen jenen, die das Kioto-Protokoll ratifiziert haben, zum anderen zwischen jenen, die nur die Klimarahmenkonvention unterzeichnet haben. Im Jahr 2009 sollen beide Prozesse vereinigt werden. Doch während die Kioto-Staaten sich längst auf ihren Prozess geeinigt haben, bleiben die anderen zerstritten.

Im kommenden Jahr trifft sich die Weltklimadiplomatie im polnischen Poznan, im Jahr darauf in Kopenhagen. Spätestens dort sollen die Verhandlungsergebnisse so zusammengefasst werden, dass daraus ein Nachfolgeabkommen für das Kioto-Protokoll herauskommt. Dieses völkerrechtlich bindende Dokument muss noch von den Unterzeichnern in nationales Recht überführt werden. Damit dieser enge Zeitplan erfüllt werden kann, muss die Konferenz auf Bali ein Mandat für die küntigen Verhandlungen erteilen.

Entsprechend hart wurde in den ersten Nachtstunden um jedes Komma gerungen. Yvo de Boer, der Leiter des Klimasekretariats, sagte am späten Abend, dass die Verhandlungen in Gruppen weitergeführt würden. Kämen diese Gruppen zu einem Ergebnis, müsste dieses dann in einem gemeinsamen Text einfließen. "Vielleicht haben wir den nach Mitternacht", sagte de Boer. Was noch nichts heißt: Dann nämlich wird der Text ins Plenum eingebracht. Und dort solange verhandelt, bis er unterschriftsreif ist.

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