Kommentar Türkei: Konzentrierter Befreiungsschlag

Erdogan holt sich bei Bush den Segen für seinen Angriff im Nordirak. Damit ist er gegen Kritik aus Europa gut gewappnet.

Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan kann zufrieden sein, seine Strategie der kontrollierten Eskalation und der Drohgebärden ist aufgegangen. Bei seinem Treffen mit US-Präsident George Bush sagte dieser ihm nun genau die erwünschte Unterstützung zu, die die USA der Türkei seit ihrem Einmarsch im Irak verweigert hatten.

"Die PKK ist eine Terror-Organisation und der gemeinsame Feind der Türkei wie der USA und des Irak" - damit hat Bush rhetorisch legitimiert, was die Militärs der drei Länder nun in praktische Aktionen umsetzen werden. Erdogan hat grünes Licht für ein militärisches Vorgehen gegen die PKK im Nordirak bekommen. Dafür hat er sich bereit erklärt, die Details mit den USA abzustimmen und darauf zu achten, dass das türkische Militär nicht mit den Truppen der kurdischen Autonomieregierung von Massoud Barsani zusammenstößt.

Innenpolitisch unter Druck, ist Erdogan damit ein Befreiungsschlag gelungen. Die Betonung auf eine enge geheimdienstliche Abstimmung zwischen der Türkei und den USA lässt darauf schließen, dass es sich bei der nun bevorstehenden Militäroperation um gezielte Kommandoaktionen handeln wird. Das Ziel dürfte sein, führende PKK-Kader auszuschalten oder gefangenzunehmen.

Zwei Ereignisse in der langen Geschichte des Konflikts mit der PKK haben das Verhältnis der Türkei zu den USA stark beeinflusst. Das erste war die Festnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan in Kenia, die mit Hilfe der CIA 1999 gelang. Das zweiten war die Festnahme türkischer Eliteoffiziere im Nordirak durch amerikanische Truppen im Jahr 2004, die die türkisch-amerikanischen Beziehungen auf einen Tiefpunkt sinken ließ. Das Treffen von Erdogan und Bush, bei dem sich Letzterer zur Zusammenarbeit bereit erklärte, markiert nun wieder einen Wendepunkt zum Positiven. Damit dürfte sich Erdogan auch gegen potenzielle Kritiker aus Brüssel hinlänglich gewappnet haben. Zwar wird im am Dienstag vorgelegten jährlichen Fortschrittsbericht jede Menge Kritik an der Reformmüdigkeit in Ankara geübt. Eine begrenzte Militäraktion im Nordirak, auch noch mit den USA abgestimmt, wird aber sicher nicht dazu führen, die Beitrittsverhandlungen zu belasten - auch wenn die CSU dies noch so sehr hofft.

Falls Barsanis Autonomieregierung die PKK nun tatsächlich fallen lässt, besteht auch die Chance, dass sich die Beziehungen zwischen der Türkei und dem kurdischen Autonomiegebiet im Nordirak normalisieren. Schon jetzt leben die meisten Kurden im Südosten der Türkei vom Handel mit dem Nordirak. Auf der Basis einer politischen Annäherung könnte auch eine neue Kurdenpolitik in der Türkei gedeihen.

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