Tschad: Frankreich bittet Exkolonie um Milde

Tschad, sagt Sarkozy, soll die wegen Kindesentführung verhafteten Mitglieder des Hilfswerks "Arche de Zoé" in ihre Heimat ausliefern. Die Affäre belastet auch Frankreichs Außenminister Kouchner.

Flüchtlingskind aus Darfur im Tschad: Doch nicht im Warenkorb von Arche de Zoé Bild: dpa

"Niemand soll das Gesicht verlieren", hatte Nicolas Sarkozy als Parole für das Vorgehen in der Affäre um "Arche de Zoé" ausgegeben: Frankreichs Staatspräsident verurteilte "ohne Wenn und Aber" den Versuch des französischen Hilfswerks, mit 103 angeblichen Waisenkindern aus Darfur nach Frankreich auszureisen, und bat zugleich den Staatschef des Tschad, Idriss Déby, um den "Respekt der Unschuldsvermutung" und um eine Auslieferung der wegen versuchter Kindesentführung im Tschad inhaftierten französischen Staatsangehörigen. Im Tschad riskieren die insgesamt 19 Inhaftierten - darunter zwei Tschader - Verurteilungen von bis zu 20 Jahren Zwangsarbeit. Seit Mittwochabend engagiert sich der Elysée-Palast erstmals auch für die sofortige Freilassung der drei französischen JournalistInnen unter den Inhaftierten, die mit "Arche de Zoé" unterwegs waren.

Unterdessen steht fest, dass 91 der 103 Kinder, mit denen "Arche de Zoé" am 25. Oktober aus Abéché im Osten Tschads nach Frankreich fliegen wollte, zumindest ein Elternteil haben. Dies erklärten gestern das Internationale Rote Kreuz, das UN-Flüchtlingshilfswerk und das UN-Kinderhilfswerk gemeinsam. Die Befragung der Kinder, von denen die jüngsten ein Jahr und die ältesten zehn Jahre alt sind, ist nicht ganz einfach. Bei mindestens 85 Kindern steht fest, dass sie aus Tschad und nicht aus Sudans Kriegsregion Darfur kommen. Die drei Hilfsorganisationen teilten in einem gemeinsamen Kommuniqué mit, der Gesundheitszustand der Kinder - über den "Arche de Zoé" Alarmierendes verbreitet hatte - sei "nicht besorgniserregend".

Sowohl in afrikanischen Ländern als auch in Frankreich hat die Affäre heftige Polemiken ausgelöst. In Sudans Hauptstadt Khartum protestieren Demonstranten vor der französischen Botschaft gegen "Kinderhandel", auch in Abéché gab es antifranzösische Proteste. Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi, alter Rivale Frankreichs im Kampf um Einfluss im Tschad, bietet Vermittlung an. Und Tschads Regierung lässt verlauten, die ab Mitte dieses Monats geplante EU-Friedensmission im tschadischen Grenzgebiet zum Sudan sei nicht gefährdet. Bei der Operation mit 3.000 Soldaten stellt Frankreich die Hälfte der Truppen. Tschads Staatschef Idriss Déby erwartet von der Operation auch Rückendeckung gegen Rebellen im eigenen Land.

In Paris konzentriert sich die Polemik zunehmend auf Außenminister Bernard Kouchner. Er propagiert das "Recht auf humanitäre Einmischung" und hat den Darfur-Konflikt zu einer Priorität erklärt. Seit Bekanntwerden der "Arche de Zoé"-Affäre schweigt der eloquente Kouchner. Dafür kümmert sich seine Menschenrechtsstaatssekretärin Rama Yade um die Affäre. Einer von Kouchners Nachfolgern an der Spitze der Organisation Ärzte ohne Grenzen, Rony Brauman, wirft dem Außenminister "moralische Verantwortung" für die Affäre vor: Kouchner habe die US-Terminologie von einem "Genozid" in Darfur übernommen und die Opferzahlen dramatisch überhöht.

Manche verhinderte Gastfamilien in Frankreich lassen sich nicht beeindrucken. Sie planen am Wochenende Schweigemärsche an verschiedenen Orten, um ihre Sympathie mit den im Tschad inhaftierten Mitgliedern der "Arche de Zoé" zu zeigen.

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