Bioessen: Briten gegen Siegel für Luftfracht

Eingeflogenes Obst und Gemüse schadet dem Klima, meint der Ökozertifizierungsverband in England. Man sollte dafür kein Siegel vergeben.

Bei Luftfracht kommt das Klima unter die Räder. Bild: dpa

DUBLIN taz Produkten, die per Luftfracht geliefert werden, soll in Großbritannien das Ökosiegel entzogen werden. Die Soil Association, jene Non-Profit-Organisation, die für Kontrolle und Zertifikate der meisten dieser Produkte zuständig ist, argumentiert, dass Lebensmittel, die eingeflogen werden, erheblich zur Erhöhung des Kohlendioxidausstoßes beitragen.

Die Zahl der "food miles" - der Strecke, die Lebensmittel zurückgelegt haben, bis sie im Supermarktregal liegen - hat sich in dem Jahrzehnt bis 2002 um 15 Prozent erhöht. Seitdem stieg die Zahl um 2 Prozent im Jahr. Das sind 18 Millionen Tonnen Kohlendioxid per annum - 1,8 Prozent des gesamten britischen Kohlendioxidausstoßes. Eine 225-Gramm-Schale Erdbeeren aus Neuseeland verursache genauso viel CO2 wie elf durchschnittliche Autofahrten, um ein Kind zur Schule zu bringen, meint die Soil Association.

Allerdings ist die Nachfrage nach Ökoprodukten in Großbritannien derzeit viel größer als das Angebot. Trotz erheblichen Zuwachses des britischen Ökosektors in den vergangenen fünf Jahren muss mehr als die Hälfte importiert werden - wie Milch aus den Niederlanden, Rindfleisch aus Deutschland und Schweinefleisch aus Dänemark. Per Flugzeug kommen vor allem Beeren und andere Früchte.

Die Soil Association räumt allerdings ein, dass das Thema vielschichtig sei. Direktor Robin Maynard sagte, man habe deshalb einen Konsultationsprozess mit Supermärkten, einheimischen und ausländischen Biobauern sowie Dritte-Welt-Organisationen begonnen.

Kritik an der Idee kommt von Oxfam: Der Entzug des Siegels würde vielen Bauern in Afrika und Mittelamerika die Lebensgrundlage entziehen, da sie für Ökoprodukte einen höheren Preis erzielen. Es sei unfair, wenn diese Bauern, die so gut wie gar kein Kohlendioxid produzieren, nun dafür büßen sollen, dass Großbritannien den CO2-Ausstoß reduzieren muss.

Der Entzug des Siegels sei ja nur eine Option, die man derzeit erwäge, beschwichtigt Maynard. Denn dem Direktor ist sehr wohl klar: Die geplante Maßnahme könnte dazu führen, dass viele Produzenten aus seinem Verband austreten. Deshalb wird auch darüber nachgedacht, Produkten erst ab einer bestimmten Zahl von Luftmeilen das Gütesiegel wegzunehmen - oder die Lebensmittel mit Aufklebern zu versehen, aus denen dann hervorginge, wie viele Luftmeilen sie hinter sich haben.

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