Belohnung zu NSU-2.0-Serie ausgesetzt: „Ich will nichts unversucht lassen“

Seit zwei Jahren wird die Anwältin Seda Başay-Yıldız von einem „NSU 2.0“-Drohschreiber bedroht. Nun setzt sie privat eine Belohnung auf Hinweise aus.

Die Anwältin Seda Başay-Yıldız in ihrem Büro in Frankfurt/Main.

Will nicht mit den Bedrohungen gegen sich leben: Seda Başay-Yıldız Foto: Boris Roessler/dpa

BERLIN/FRANKFURT/MAIN taz | Die Serie ist seit mehr als zwei Jahren unaufgeklärt. Im August 2018 hatte die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız das erste Fax erhalten, unterzeichnet mit „NSU 2.0“, samt Todesdrohung gegen sich und ihre zweijährige Tochter. Es folgten viele weitere Drohungen – ohne dass bisher der oder die Täter ermittelt werden konnten. Nun reagiert Başay-Yıldız selbst: Sie setzt eine Belohnung aus.

Die Anwältin, die im NSU-Prozess Opferfamilien vertrat, will privat 5.000 Euro zahlen für Hinweise, die zur Aufklärung der Drohserie oder zur Ergreifung der Täter beitragen. Die Informationen können an „Hinweise_NSU2.0@protonmail.com“ geschickt werden. „Die bisherigen Ermittlungen haben bisher nichts erbracht“, erklärt Başay-Yıldız. „Und ich erwarte mir davon auch nicht mehr viel. Aber ich will trotzdem nichts unversucht lassen, diese Serie doch noch zu stoppen.“

Staatsanwaltschaft erklärt Belohnung zur Privatsache

Die in der NSU-2.0-Drohserie ermittelnde Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main wollte sich zu der Belohnung nicht äußern. Dies sei Privatsache von Başay-Yıldız, hieß es dort. Eine eigene Belohnung hatte die Staatsanwaltschaft bisher nicht ausgelobt. Neue Fahndungserfolge kann die Behörden aber tatsächlich nicht vermelden. Die Ermittlungen liefen weiter, sagte eine Sprecherin.

In der NSU-2.0-Drohserie sind bis heute gut 80 Schreiben verschickt worden, darunter an die Kabarettistin Idil Baydar oder die Linken-Politikerinnen Janine Wissler und Martina Renner. In einigen Fällen enthielten die Schreiben persönliche Daten, die zuvor an Polizeicomputern abgerufen wurden. Auch bei Başay-Yıldız war dies der Fall, die Abfragen erfolgten hier im 1. Revier in Frankfurt am Main. Betroffen waren ihre Adresse und die Namen ihrer Familienmitglieder.

Başay-Yıldız hatte bereits vor einigen Tagen bei einer Veranstaltung der Linksfraktion im Bundestag die Ermittlungen kritisiert. Gerade zu Beginn, als noch die Frankfurter Polizei selbst ermittelte, sei „zu zaghaft“ mit den sechs PolizistInnen umgegangen worden, die im Verdacht standen, ihre Daten abgerufen zu haben. Die Ermittler hätten ihr auch nie Fotos der verdächtigten Beamten vorgelegt.

„Nicht alles getan“

„Mein Eindruck ist, da wurde nicht alles getan. Die Polizisten werden nicht wie sonstige Beschuldigte behandelt“, sagt Başay-Yıldız. Sie kritisiert auch, dass die Beamten, obwohl sie auch in rechtsextremen Chatgruppen aktiv waren, bis heute nur suspendiert und nicht aus dem Dienst entfernt seien.

Der „NSU 2.0“-Drohschreiber hatte es zuletzt auch geschafft, Başay-Yıldız' neue Adresse zu erfahren, nachdem sie umgezogen war. Sie habe diese geheimgehalten, nur ein kleiner Kreis wusste davon, berichtet die Anwältin. „Da fragt man sich schon, wie das passieren kann.“ Erst kürzlich sei ein Unbekannter vor ihrem Haus erschienen und habe Fotos gemacht, so Başay-Yıldız. Die Situation bleibe damit bedrohlich, auch durch weitere aufgestachelte Personen.

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