Politische Gefangene in Nicaragua: Daniel Ortega kennt keine Gnade

Ein Versuch der Regierung Kolumbiens, wenigstens einige der über 200 politischen Gefangenen in Nicaragua freizubekommen, ist gescheitert.

Daniel Ortega mit Polizistinnen.

Räumt in Nicaragua auf: Daniel Ortega mit zwei Polizistinnen (Archivbild) Foto: Cristobal Venegas/ap

WIEN taz | „Und sollten Sie den Heiligen Petrus als Boten schicken“, Nicaragua würde seine politischen Gefangenen nicht freilassen. Was William Grigsby Vado da am Montag auf seinem viel gehörten Sender La Primerísima höhnisch kundtat, kann als Position der Regierung von Daniel Ortega und seiner Frau Rosario Murillo verstanden werden. Der altgediente Radiojournalist ist eines der offiziösen Sprachrohre des Regimes.

Grigsby bezieht sich auf eine geheime Initiative des neuen kolumbianischen Außenministers Álvaro Leyva, die durch die kolumbianischen Medien publik geworden ist. Daniel Coronell, Chefredakteur der online-Zeitung Cambio, hatte herausgefunden, dass die kolumbianische Regierung vorgeschlagen hatte, in einem Jahrzehnte alten Grenzkonflikt in der Karibik einzulenken, wenn Nicaragua im Gegenzug mindestens 14 politische Gefangene freilassen würde.

In diesem Lichte ist auch die Abwesenheit des kolumbianischen Vertreters bei einer Abstimmung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zu sehen, bei der Nicaraguas systematische Menschenrechtsverletzungen fast einstimmig verurteilt wurden.

Es geht allen voran um die Führungsriege der Oppositionspartei Unamos (früher MRS): Dora María Téllez, Suyen Barahona, Tamara Dávila und Ana Margarita Vijil. Dazu kommen Politiker, Journalisten, Studentenführer und Unternehmervertreter, von denen einige vergangenes Jahr gegen Daniel Ortega bei den Präsidentschaftswahlen vom 7. November antreten wollten.

Grausame Haftbedingungen für die Gefangenen

Sie wurden alle drei bis vier Monate vor den Wahlen verhaftet und nach eigens geschaffenen Gesetzen wegen Hochverrats, „Untergrabens der nationalen Souveränität“ oder anderen offensichtlich erfundenen Delikten zu hohen Haftstrafen verurteilt.

Die Haftbedingungen sind extrem grausam. Einige der Häftlinge darben bei völliger Finsternis in Einzelhaft. Alle werden laut glaubhafter Berichte von Angehörigen nur mangelhaft medizinisch versorgt und unzureichend ernährt. Der Ex-General und ehemalige Weggefährte von Daniel Ortega, Hugo Torres, ist im Februar mangels adäquater Behandlung seiner Leiden gestorben.

Als Angehörige vor Kurzem Alarm schlugen, weil die Essensrationen gekürzt wurden, sah sich die Regierung bemüßigt, 23 der prominentesten Gefangenen zu einem außerordentlichen Termin einem Richter vorzuführen. Für die „informative Anhörung“ gibt es im nicaraguanischen Strafprozessrecht keine Grundlage.

Lokale Juristen meinen, die Scharade hätte dazu gedient, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass die Gefangenen noch am Leben sind. Bleich und abgemagert konnten sie von den regimetreuen Medien gefilmt und fotografiert werden. Einige sollen bis zu 30 Kilo verloren haben.

Insgesamt werden nach Angaben von unabhängigen Menschenrechtsorganisationen derzeit 205 Gewissensgefangene in Ortegas Kerkern weggesperrt. Im August wurden dann auch der prominente Bischof von Matagalpa, Rolando Álvarez, und ein halbes Dutzend weiterer Geistlicher unter Hausarrest gesetzt. Kirchliche Radiostationen in der Diözese Matagalpa sind von der Polizei gestürmt und geschlossen worden.

Dass Papst Franziskus lange geschwiegen und sich schließlich nur sehr diplomatisch für „Dialog und Versöhnung“ in Nicaragua ausgesprochen hat, wird ihm von vielen als Schwäche gegenüber einem despotischen Regime ausgelegt. Wie jetzt anlässlich der kolumbianischen Initiative bekannt wurde, dürfte das Kirchenoberhaupt hinter den Kulissen an einer Lösungssuche für die politischen Gefangenen beteiligt gewesen sein.

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