Der Erfolg der Jugendkulturkarte: Runter vom Sofa, rin in die Kultur

Die Jugendkulturkarte, eine Art Gutschein für Ber­li­ne­r*in­nen zwischen 18 und 23, ist gut angekommen. Eine gute Nachricht im richtigen Moment.

Schmeckt im Kino ebenfalls besser: Popcorn Foto: dpa

Sollte man das politische Programm von Ex-Kultursenator Klaus Lederer (Linke) auf ein einziges Wort herunterbrechen, dann müsste dieses Wort wohl Niedrigschwelligkeit lauten. Lederer hat nicht nur für die Sub- und Clubkultur viel getan, sondern auch für Bibliotheken, Musikschulen sowie Kinder- und Jugendtheater.

Außerdem hat er den eintrittsfreien Museumssonntag durchgesetzt, der tatsächlich neue Milieus in die eher bei Bil­dungs­bür­ge­r*in­nen beliebten Häuser locken konnte.

Insofern kommt die Erfolgsmeldung, dass 75.000 junge Ber­li­ne­r*in­nen zwischen 18 und 23 Jahren, also ein gutes Drittel aller, die dazu berechtigt waren, bis Ende April 160.000 Mal die Jugendkulturkarte genutzt haben, genau im richtigen Moment.

Denn nun sitzt in dieser Stadt die CDU am Hebel, die traditionell eher für die Subventionierung von Hochkultur für Menschen über 60 steht.

Es steht mehr auf dem Spiel

Ob Berlins neuer Kultursenator Joe Chialo (CDU), Schwarzer Mensch und Quereinsteiger aus der Unterhaltungsmusikindustrie, das nicht nur anders sieht, sondern in diesem Fall auch gegen den gewohnt herablassenden Habitus der eigenen Partei wird durchdrücken können: Das ist zu hoffen, weiß derzeit aber noch kein Mensch.

Und dabei steht durchaus mehr auf dem Spiel als nur die Fortsetzung der Berliner Jugendkulturkarte, wie es sie übrigens in etwas anderer Form demnächst auch auf Bundesebene geben wird. Berlin hat sich nicht zuletzt wegen seiner begehrten kulturellen Vielfalt von der ewig bankrotten Mauerstadt zum Hotspot gemausert, wo endlich auch mal ein paar Steuereinnahmen fließen, abgesehen davon aber eher wenig rund läuft.

Diese Stadt braucht nicht nur ihre drei Opernhäuser und ihr Staatsballett, sie braucht auch die kritischen Fragen von Off-Theatern, kleinen Galerien und Lesebühnen. Und nicht zuletzt braucht sie auch junge Leute, die die Stadt unsicher machen und nach drei Jahren Pandemie endlich entdecken dürfen, dass Kiezkino mehr Spaß macht als Netflix.

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Jahrgang 1971, schrieb 1995 ihren ersten Kulturtext für die taz und arbeitet seit 2001 immer wieder als Redakteurin für die taz. Sie machte einen Dokumentarfilm („Beijing Bubbles“) und schrieb zwei Bücher über China („Peking" und "Chinageschichten“).

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