Urteil gegen den Ex-Audi-Chef Stadler: Wenig Einsicht, wenig Strafe

Erstmals wurde der Dieselbetrug juristisch geahndet. Immerhin. Aber die 1,1 Millionen Euro Strafe ist trotzdem lächerlich gering für den Ex-Audi-Chef.

Ein Mann in schwarzem Anzug geht eine Strasse entlang

Rupert Stadler auf dem Weg zur Urteilsverkündung am Landgericht Foto: Peter Kneffel/dpa

Der Deal im Strafrecht muss nichts Verwerfliches sein. Die Absprache zwischen Richtern und Angeklagten, für ein volles Geständnis eine mildere Strafe zu erhalten, kann Prozesse massiv verkürzen. Sie kann Opfern oder Geschädigten rasch Gewissheit verschaffen und sie vor belastenden Aussagen bewahren. Und sie ermöglicht bei Raubdelikten, erhebliche Teile der Beute zurückzubringen.

Nichts von alldem trifft auf den Deal zu, den das Münchner Landgericht mit dem Ex-Audi-Boss Rupert Stadler und zwei weiteren ihm untergebenen Managern im Diesel-Betrugsverfahren ausgehandelt hat. Sein Last-Minute-Geständnis im Mai bewahrt Stadler vor dem Gefängnis. Stattdessen: ein Jahr und neun Monate Bewährung.

Den Prozess hat das nicht verkürzt. Der lief auch so zweieinhalb Jahre lang. Besonders glaubwürdig war das von der Verteidigerin abgelesene Papier auch nicht; nur das Nötigste wurde zugegeben. Schaden konnte keiner wiedergutgemacht werden. 1,1 Millionen Euro, die Stadler zahlen muss, sind bei einem Mann dieser früheren Gehaltsklasse lächerlich bis beschämend wenig. Dem Gericht ist vorzuwerfen, dass es sich, auch im Sinne der geschädigten Umwelt – es ging ja um Betrug mit viel zu hohen Diesel-Abgasausstößen –, nicht zu einem schärferen Urteil durchringen konnte. Immerhin: Erstmals ist dieses kriminelle Handeln überhaupt juristisch geahndet worden.

Der Prozess hat über die Jahre einen speziellen Blick auf den Managertyp Stadler ermöglicht. Einer der führenden Wirtschaftsbosse war plötzlich ganz klein, sagte fast nichts. Keine Spur von Kampfeswillen erkennbar, die von ihm bis fast zum Schluss behauptete Unschuld zu verteidigen. Auch die rückständigen Strukturen des VW-Konzerns mit seiner Audi-Tochter wurden offenbar: Der eine manipulierte und fälschte, damit die Karriere aufwärts geht. Sein Vorgesetzter deckte es, damit die Verkaufszahlen stimmen. Und der ganz oben konnte es zumindest ahnen, schloss aber die Augen. So sieht moderne Unternehmensführung mit offener Fehlerkultur und Teamgeist statt Ego-Shootern ganz sicher nicht aus.

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Lebt in München, schreibt über mögliche und unmögliche bayerische Begebenheiten. Jahrgang 1967, aufgewachsen im Stuttgarter Raum. Studierte in München und wurde dort zum Journalisten ausgebildet. Es folgten viele Jahre als Redakteur in Ulm, zuständig für Politik und Reportagen. Nun frei atmend und frei arbeitend in der Bayern-Metropole.

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