Abriss der Köhlbrandbrücke in Hamburg: Miese Tricks für den Straßenverkehr

Der Hamburger Senat will mit einem Neubau den Straßenverkehr im Hafen verbessern. Angeblich sei eine Sanierung unmöglich, doch das ist wohl gelogen.

Blick auf die Köhlbrandbrücke in der Dämmerung

Dem Untergang geweiht: Köhlbrandbrücke in Hamburg Foto: Christian Charisius/dpa

Wenn ein städtisches Wahrzeichen verschwinden soll, sorgt das verständlicherweise für Weh- und Unmut. Der seit Jahren angekündigte Abriss der Hamburger Köhlbrandbrücke ist ein gutes Beispiel dafür. Weithin sichtbar ragen die beiden blauen Pylonen samt der geschwungenen Fahrbahn im Hafen in den Himmel.

Vom Altonaer Balkon aus etwa, einem Park hoch über der Elbe, lässt sich beim Feierabendbier die Brücke und das Hafenpanorama erblicken und denken: Schade, dass dieses Denkmal marode ist und bald abgerissen werden muss.

Dass diese Annahme wohl gar nicht stimmt und die entsprechende Information jahrelang vom Senat und der Hafenbehörde zurückgehalten wurde, wie Die Zeit vergangene Woche berichtete, macht wütend. Gar nicht so sehr, weil der Anblick der Brücke so schön ist oder weil der Denkmalschutz ein hohes Gut ist, sondern:

Es legt einmal mehr nahe, dass bei Infrastrukturprojekten, die die Verkehrs- und damit die Klimapolitik betreffen, die Vertrauenswürdigkeit politischer Ent­schei­de­r:in­nen grundsätzlich anzuzweifeln ist. Es wurde schließlich wieder einmal mit Tricks und Lügen Politik gemacht.

Gutachten 15 Jahre lang verheimlicht

Denn schon seit 15 Jahren liegt ein Gutachten vor, das eine Sanierung der Brücke als Option aufzeigt – sie muss gar nicht abgerissen werden. Das Gutachten jedoch wurde bis jetzt nicht öffentlich gemacht, vielmehr haben die zuständigen Se­na­to­r:in­nen mantraartig wiederholt, dass ein Abriss zwingend sei. Und schon bevor das Gutachten seinerzeit in Auftrag gegeben wurde, sprach der damalige Stadtentwicklungssenator Axel Gedaschko (CDU) davon, dass ein Abriss unumgänglich sei.

Nach Ansicht der Gutachter hingegen sei eine Sanierung grundsätzlich möglich und vergleichsweise günstig. Vor allem die Hafenwirtschaft und die Hafenbehörde wünschen sich aber inständig einen Tunnelneubau. Dass das der Öffentlichkeit ein Vielfaches kostet und obendrein eine katastrophale Klimabilanz hätte, interessiert sie offensichtlich nicht. Anscheinend geht es der Politik einzig darum, die Hafenwirtschaft glücklich zu machen. Wer in den zuständigen Behörden und den Senaten von der Studie wusste, ist noch unklar.

Die Masche hat in Hamburg schon fast eine Tradition: Auch bei der denkmalgeschützten Sternbrücke in Altona, deren Abriss ansteht, hat die Stadt kein Interesse an einer Sanierung und widersprach der Deutschen Bahn nicht, die einen Abriss als alternativlos darstellte. Dabei hatte die Stadt auch hier ein gegenteiliges Gutachten jahrelang vorenthalten.

Ein Neubau schließlich versetzt den darunter führenden Autoverkehr praktischerweise in einen besseren Zustand. Auch wenn Gegenteiliges behauptet wird, nämlich dass vor allem der Bus- und Radverkehr vom Neubau profitieren solle – man kann den Worten angesichts solcher Tricks nicht glauben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.