DFB-Team vor Spiel gegen Südkorea: Dunkle Wolken vertreiben

Unerwartet früh ist das deutsche Team schon in Bedrängnis – es sind bekannte Schwächen. Mit dem Druck gehen die Spielerinnen pragmatisch um.

Voss-Tecklenburg stemmt die Hände in die Hüften

Will keine Faxen machen: Voss-Tecklenburg findet, dass die Stimmung im Team gut genug ist Foto: Sebastian Gollnow/dpa

In der lässigen Millionenstadt Brisbane an der australischen Ostküste prahlt man gern mit den 300 Sonnentagen im Jahr. Doch bei Ankunft des deutschen Teams hingen die Regenwolken dicht über den Hochhäusern im Stadtzentrum, zu dem auch jenes Stadion gehört, in dem die DFB-Frauen das dritte WM-Gruppenspiel gegen Südkorea (Donnerstag 12 Uhr MESZ/ZDF) bestreiten.

Sie bestimmen selbst die Aussichten für dieses Turnier, das in die entscheidende Phase geht. Siegen oder fliegen? Mit einem Erfolg wäre der Achtelfinaleinzug klar, für den Gruppensieg bräuchte es allerdings Hilfe von Marokko im Parallelspiel gegen Kolumbien. Im schlimmsten Falle könnte eine Niederlage das Aus bedeuten. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat bereits entspannter gewirkt als bei der Pressekonferenz vor dem dritten Match. Man habe die Dinge kritisch angesprochen, aber auch Vertrauen vermittelt: „Deshalb ist es nicht nötig, künstlich den Pausenclown zu spielen. Wir haben überwiegend gute Stimmung.“

Sie hat viele Gespräche geführt, gerade auch mit ihrer Assistentin Britta Carlson, deren Einfluss nicht zu unterschätzen ist. Es braucht Veränderungen, um im letzten Drittel mehr Abschlüsse zu kreieren. „Es ist klar, dass es Gedankenspiele gibt“, gab die Chefin zu. Gut möglich, dass mit Lea Schüller eine zweite Zielspielerin in die Startelf rückt, um die Größenvorteile gegen die Asiatinnen auszuspielen. Alexandra Popp würde sich dann tiefer fallen lassen, was die Kapitänin beim VfL Wolfsburg zur Genüge kennt. Lina Magull, die zuletzt überspielt wirkte, bekäme eine Verschnaufpause. Dazu feiert Abwehrchefin Marina Hegering endlich ihr Debüt bei dieser Endrunde.

Voss-Tecklenburg hielt allgemein fest: „Wir bleiben bei uns. Wir gewinnen zusammen, wir verlieren zusammen, und wir gehen die nächsten Schritte zusammen.“ Die 55-Jährige hatte zwar immer vor den Gegnern gewarnt, aber im Gegensatz zu Gruppen mit Spanien und Japan, den USA und den Niederlanden oder England und Dänemark hatte Deutschland keinen Hochkaräter zugelost bekommen. Dennoch haben sich die DFB-Frauen nun bereits früh in Bedrängnis gebracht, wie Torhüterin Merle Frohms einräumte: Man merke, „dass viel Druck auf uns lastet“.

Stagnation oder Fortschritt?

Immerhin hat sie einige Vorderleute, die das in positive Energie ummünzen wollen. „Ich glaube, dass der Druck auch immer ein bisschen dazugehört, um seine Leistung abzurufen“, erklärte Abräumerin Lena Oberdorf und ergänzte: „Wenn man zu locker in ein Spiel geht, wird es auch nichts. K.-o.-Spiele sind für uns nichts Neues. Nur fängt es jetzt ein Spiel früher damit an.“

Unter dieser pragmatischen Prämisse hatte schon der Sportliche Leiter, Joti Chatzialexiou, den Ausrutscher gegen Kolumbien verstanden. Doch war diese Last-Minute-Niederlage wirklich nur das? Oder Vorbote einer seit der EM in England zu beobachtenden Stagnation? Frische Gesichter bei der WM in Australien? Eigentlich ja Fehlanzeige. Chantal Hagel links hinten ist ein Notnagel. Sie ist auf dieser Position nicht ausgebildet; Sjoe­ke Nüsken muss auch im Hinblick auf die Anforderungen beim FC Chelsea in zentraler Position dringend lernen, den Körper besser einzusetzen.

Noch müssen Diskussionen über Defizite in den Grundlagen nicht geführt werden, wenn Deutschland seiner Favoritenrolle gegen die bislang punkt- und torlosen Südkoreanerinnen erfüllt. Deren Trainer Colin Bell – mit Voss-Tecklenburg hin und wieder im WhatsApp-Austausch – hat zwar am Tag vor dem Duell beinahe schon neckisch angemerkt: „Lass dich überraschen, Martina!“ Aber nur weil der Deutschlandkenner vielleicht eine in den USA ausgebildete 16-Jährige (Casey Phair) aufbietet, muss ein zweifacher Weltmeister ja nicht in Ehrfurcht erstarren.

Auch die taktische Flexibilität des Gegners darf gar keine Rolle spielen. Vielleicht nehmen sich die deutschen Spielerinnen einfach an den Bewohnern der Ausrichterstadt der Olympischen Sommerspiele 2032 ein Beispiel. In Brisbane gibt es nach erstem Augenschein eine Menge junger, cooler Menschen, die sich von einem schlechten Tag nicht aus der Ruhe bringen lassen. Sie wissen, dass am nächsten Tag vermutlich wieder die Sonne scheinen wird.

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