Ausweisung von Clan-Mitgliedern: Geschenktes Haudrauf-Image

SPD-Innenministerin Nancy Faeser will angeblich alle Angehörigen krimineller Clans abschieben. Aber so ist es nicht.

Nancy Faeser

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat Foto: Christoph Soeder/dpa

SPD-Innenministerin Nancy Fae­ser glaubt immer noch, dass sie hessische Ministerpräsidentin werden könnte. Jedenfalls gehört es zu ihrer Rolle als Wahlkämpferin, so zu tun. Deshalb setzt Faeser „Diskussionsentwürfe“ in die Welt, die in der Bundesregierung nicht abgestimmt sind, aber so aussehen wie echte Gesetzentwürfe.

Vorige Woche präsentierte Faeser einen Diskussionsentwurf zur verbesserten „Rückführung“ von ausreisepflichtigen Ausländern, wohl in der Erwartung, damit ihr bisher eher schwammiges Image zu schärfen.

Zu Faesers wohl ungeplantem und unvorhergesehenem Glück wurde nun ein Passus dieses Diskussionsentwurfs von ansonsten seriösen Medien falsch verstanden. Es hieß dort, Faeser wolle alle Angehörigen krimineller Clans abschieben, auch wenn diese keine Straftaten begangen hätten.

Das steht allerdings gar nicht in Faesers Diskussionsentwurf, und sie würde Derartiges wohl auch nicht in einen Diskussionsentwurf schreiben, da es offensichtlich verfassungswidrig wäre. Eine derartige Sippenhaftung würde gegen Menschenwürde und Rechtsstaat verstoßen.

Richtig ist vielmehr, dass Faeser vorschlägt, die Ausweisung (nicht Abschiebung) von Mitgliedern krimineller Vereinigungen schon vor einer strafrechtlichen Verurteilung zu ermöglichen. Es geht also um Beschleunigung durch den Abbau rechtsstaatlicher Sicherungen. Auch das ist bedenklich, aber es ist nicht offensichtlich verfassungswidrig, da ja noch gegen die Ausweisung geklagt werden kann.

Dennoch hat Faeser auffallend zurückhaltend auf die Fehldarstellung ihres Vorschlags reagiert. Es wirkt, als ob sie die mit der Fehldarstellung verbundene Kritik oder Zustimmung gerne noch eine Weile im Raum stehen lässt. Als ob sie gerne noch eine Weile die emotionalisierte Publicity genießen möchte. Ihr kann ja nichts passieren.

Sie hat sich das alles ja nicht ausgedacht, und wie jeder nachlesen kann, steht es auch nicht in ihrem Diskussionsentwurf. So risikolos hat selten eine Po­li­ti­ke­r:in ein skupelloses Haudrauf-Image geschenkt bekommen.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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